Die Verbannung
habe ich von ihr gehört. Aber sie ist tot. Ertrunken. Und sie stammt nicht aus Schottland, sondern aus Irland.«
»Ich bin nicht ertrunken, du Närrin. Ich bin immerhin die Enkelin des Meeresgottes. Erklär ihr das, mein Freund.«
Dylan schüttelte resigniert den Kopf und wandte sich an Cait. »Sie möchte, dass ich dich darauf hinweise, dass sie auf Grund ihrer Abstammung eine äußerst unwahrscheinliche Kandidatin für den Tod durch Ertrinken ist. Ich schwöre es dir, sie lebt, und sie hat mir das Leben zur Hölle gemacht, seit ich hier bin.« Er sandte einen grimmigen Blick zur Decke empor.
Sinann rief durch den Rauchabzug: »Du vergisst, dass ich dir ganz im Gegenteil das Leben gerettet habe. Und zwar nicht nur einmal!«
»Das wäre nicht nötig gewesen, wenn du mich da gelassen hättest, wo ich war!«
»Dankbarkeit kennst du wohl nicht, wie? Ich hätte dich in dem Sassunaich-Kerker verschimmeln lassen sollen!«
»Wenn du auf Cait aufgepasst hättest, wie ich es dir gesagt habe, dann wäre ich erst gar nicht in diesem Kerker gelandet!«
Cait schaute zum Rauchabzug hoch, dann erhob sie ihre Stimme ein wenig, obgleich sie klang, als sei sie noch nicht ganz davon überzeugt, dass dort wirklich jemand war. »Sinann, könnte ich kurz mit dir sprechen?«
Als Cait keine Antwort erhielt, warf sie Dylan einen fragenden Blick zu. Dieser zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf. »Sinann?«, wiederholte Cait. »Hast du den Mut, dich zu zeigen?«
Die Fee spähte durch das Loch. »Komm herunter, Tink«, forderte Dylan sie auf. »Die Katze ist aus dem Sack.« Sinann seufzte, dann schwebte sie ins Zimmer, ließ sich wieder auf dem Fass nieder und winkte mit der Hand. Als Caits Augen groß wurden und sie einen Schritt zurücktrat, wusste Dylan, dass sie die Fee jetzt sehen konnte.
»Och!«, staunte Cait. »Eine echte Fee! Ich habe noch nie eine Fee gesehen!«
»Da kannst du deinem Schöpfer für danken«, brummte Dylan, was ihm einen bitterbösen Blick von Sinann eintrug.
Doch Cait hatte sich anscheinend von ihrer Überraschung erholt. Sie streckte eine Hand aus und sagte: »Freut mich, dich kennen zu lernen, Sinann.« Dann nickte sie zu Dylan hinüber. »Achte nicht auf ihn.« Sie beugte sich vertraulich vor und dämpfte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Er kommt aus den Kolonien und weiß es nicht besser.«
Die beiden kicherten. Sinann ergriff Caits Hand, und Dylan stöhnte ergeben.
21. KAPITEL
Die Gerste, die Dylan angebaut hatte, ergab drei Fässer Whiskymaische, die er im Laufe des Winters destillierte. Die Fässer schaffte er in die Höhle, nachdem er auf jedes mit Asche die Jahreszahl >1717< gemalt hatte. Einen Krug behielt er für seinen persönlichen Gebrauch, er nahm an, dass dieser eine Weile reichen würde. Durchsuchte man den Hof, würde man den Whisky natürlich finden, aber das Schlimmste, was ihm passieren konnte, war eine Geldstrafe und die Beschlagnahmung des Kruges. Wahrscheinlich würde er sogar ohne Geldstrafe davonkommen, wenn der fragliche Beamte keine Lust hatte, den beschlagnahmten Whisky abzuliefern. Dylan wusste, dass es unzählige illegale Whiskybrennereien gab, außerdem wurde fässerweise französischer Brandy über den Seeweg ins Land geschmuggelt, also würde niemand wegen eines Kruges mit unversteuertem Whisky viel Aufwand betreiben.
Im Januar wurde Ciaran zwei Jahre alt. Der Winter verlief ereignislos, nur die Witwe Wilkie starb eines friedlichen Todes. Ihre Tochter, die nach Inverness verbannt worden war, erhob keinen Anspruch auf ihren Besitz, also erbte ihre Nichte Nana Pettigrew sämtliche Habe. Das Land ging auf Dùghlas Matheson über, der mit einer Küchenmagd aus der Burg verlobt war. Keith Rómach Campbell hatte sich mit der Tochter von Owen Brodie verlobt und wollte sie im Mai heiraten, obgleich kein Land mehr für das Paar vorhanden war. Sie würden wohl nach Inverness oder Glasgow ziehen müssen, wenn Keith in Ciorram keine Arbeit fand.
Zum Erstaunen des gesamten Clans überlebten Dylans Schafe die Kälte. Als der Frühling Einzug hielt, stellte sich heraus, dass ihre Vliese die dicksten waren, die man im Tal je gesehen hatte. Caits Bauch hatte sich nun schon stark gerundet, das Kind bewegte sich häufig. Sie bestand darauf, dass es wieder ein Junge werden würde, denn die Empfängnis hatte Anfang August stattgefunden, und sie war sicher, dass sich Dylan hinsichtlich der Ursache für das Geschlecht eines Kindes irrte. Dylan widersprach ihr nicht. Die Chance,
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