Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
Vom Netzwerk:
Matheson in Verbindung gebracht werden konnte.
    Die Totenwache wurde für Dylan zum Albtraum. Er kehrte mit seinen Kindern, Sarah und ihren Söhnen sowie Cody nach Hause zurück und fand dort Una und Gracie vor. Sie hatten Caits Leichnam gewaschen, das Blut von Tisch und Fußboden geschrubbt und Cait auf ein sauberes Laken gebettet. Ihre blutigen Kleider waren zusammen mit Ramsays Sachen und den Resten von Codys Jeans, die noch auf dem Boden gelegen hatten, in den Korb mit Lumpen gewandert.
    Una saß schluchzend vor dem Feuer, umringt von einigen Frauen, die vergeblich versuchten, sie zu trösten. Sie sprachen leise auf sie ein, doch Una hielt das Gesicht in den Händen verborgen und hörte nicht auf zu weinen. Vater Turnbull stand, lateinische Gebete murmelnd, neben dem Leichnam. Dylan setzte Ciaran ab und näherte sich mit wild hämmerndem Herzen dem Tisch, um seine Frau ein letztes Mal zu betrachten. Der Priester trat zur Seite, als er sich über den Leichnam beugte.
    Cait sah nicht aus, als ob sie schliefe. Sie sah ... ermordet aus. Ihre blasse Haut wies dunkle Flecken auf, zwei tiefe rote Löcher klafften in ihrem Hals, und ihre Fußsohlen wirkten unnatürlich sauber. Tiefe Schnittwunden an ihren Handflächen zeugten davon, dass sie verzweifelt versucht hatte, die tödlichen Stiche abzuwehren. Der Ekel erregende Gestank war verflogen, stattdessen duftete es im Raum nach wohlriechenden Kräutern und Ölen. Dylan hoffte nur, dass die Frauen auch alle Spuren beseitigt hatten, die noch auf den Mörder hinwiesen.
    Vorsichtig hob er den Rand des Lakens an, auf dem sie lag, und zog es bis zum Hals über sie, sodass nur ihr Gesicht frei blieb. In den Armen hatte die Totenstarre bereits eingesetzt, ihre Beine waren jedoch noch davon verschont geblieben. Später würden die Frauen den Leichnam fest in das Leinen einnähen, aber Dylan wollte nicht, dass seine Kinder ihre Mutter nackt und misshandelt auf dem Tisch liegen sahen. Er schob eine Ecke des Lakens unter ihren Nacken, dann strich er ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Fast rechnete er damit, dass sie die Augen aufschlagen und ihn anlächeln würde, obgleich ihm sein Verstand etwas anderes sagte. Aber die Zeit, die ihnen gemeinsam vergönnt gewesen war, war viel zu kurz gewesen. Er hatte so lange auf sie gewartet und so hart um sie gekämpft, und er hatte wie selbstverständlich angenommen, dass sie ein ganzes Leben miteinander verbringen würden. Und nun waren nach nur zwei kurzen Jahren all seine Träume zunichte gemacht worden.
    Dylan beugte sich über sie, legte einen Arm über ihre Brust, den anderen um ihren Kopf, brachte seinen Mund ganz nah an ihr Ohr und sagte langsam und schmerzvoll: »A Chait, m'annsachd, es tut mir Leid. Es tut mir ja so Leid.« Er hatte versagt, hatte sie nicht beschützen können. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Er hatte eine Schuld auf sich geladen, von der er sich ein Leben lang nicht würde befreien können. Die Augen schließend, räusperte er sich und atmete mehrmals tief durch, bevor er fortfuhr: »Danke, dass du meine Frau gewesen bist.« Er hielt inne, weil ihm plötzlich der vertraute Duft ihres Haars in die Nase stieg und seinen ganzen Kopf auszufüllen schien. »Ich danke dir für meine Kinder«, flüsterte er dann. Ihm wurde klar, dass er jetzt endgültig von ihr Abschied nahm. Ein dicker Kloß bildete sich in seiner Kehle. »Und ich danke dir für die glücklichste Zeit meines ganzen Lebens.« Er küsste sie erst auf die Wange, dann auf die Lippen, dann richtete er sich auf, ging zu seinem Stuhl hinüber und ließ sich schwer darauf sinken.
    Da der Schmerz ihn zu überwältigen drohte, biss er die Zähne zusammen, konzentrierte sich darauf, ruhig und gleichmäßig weiterzuatmen, und rieb hart mit dem Daumen über die Lehne des Stuhls, wieder und immer wieder. Er würde nicht zusammenbrechen, er musste um der anderen willen, die Cait gleichfalls geliebt hatten, Stärke zeigen. Una und die Kinder konnten ihren Tränen freien Lauf lassen, aber er würde seinen Kummer ertragen wie ein Mann und so den anderen beweisen, dass das Leben trotz allem weiterging.
    Sarah kam zu ihm, drückte ihm etwas in die Hand und schloss seine Finger darum. Es war Caits Ehering. »Nein«, sagte er entschieden und hielt Sarah, die sich abwenden wollte, zurück. »Nein, ich möchte, dass der Ring mit ihr begraben wird.«
    Wieder nahm Sarah seine Hand und schloss sie fest um den Ring. »Das geht nicht, Dylan. Oder willst du

Weitere Kostenlose Bücher