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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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warten. Wenn die Trommel geschlagen wird, kannst du ihn leeren. Sonst steht vielleicht irgendein nichts ahnender armer Teufel unter dem Fenster. Möchtest du gerne den Inhalt eines Nachttopfes auf den Kopf bekommen?«
    Dylan musterte den Topf voller Ekel, dann blickte er sich in dem kleinen Raum um. In dem Kamin neben dem Kopfende des Bettes lagen einige fast zu Asche zerfallene Torfstücke, daneben waren fünf weitere getrocknete Torfballen zum Verheizen aufgestapelt. Er fand nichts, womit er den Topf hätte bedecken können. Hilfe suchend sah er Sinann an. »Wink doch einmal mit der Hand oder tu sonst etwas!«
    Die Fee schnippte mit den Fingern, woraufhin sich der Inhalt des Topfes in einen trockenen schwarzen Klumpen und einige gelbliche Kristalle verwandelte. Nach einem weiteren Fingerschnippen waren die Reste ganz verschwunden, und der Topf erzitterte in Dylans Hand. »Och!«, rief Sinann erstaunt, als sie sah, dass der Emailleboden einen Sprung bekommen hatte.
    Dylan spähte in den Topf hinein und hielt ihn dann in das schwache Licht, das durch das Fenster noch in den Raum fiel. »Zauber ja kein Loch hinein, Tink. Ich muss ihn morgen früh benutzen können.« Er schob den Topf unter das Bett zurück, dann öffnete er das Fenster, um den Raum zu lüften. Eiskalte, frische Luft wehte herein. Danach legte er einen Torfballen auf das ersterbende Feuer und blies in die Glut, um die Flammen anzufachen. Als das Feuer wieder hell brannte, entzündete er die Kerze daran.
    Müde schlenderte er zum Tisch hinüber, löste den sporran aus schwarzem Seehundsfell von seinem Gürtel, legte ihn zur Seite, rollte die Ärmel hoch und tauchte die Hände in die Wasserschüssel, um sich zu waschen. Das Wasser war wärmer als das des Baches, mit dem er sich am Morgen rasiert hatte, also konnte er sich gründlich säubern. Er grub die Finger in sein Haar und massierte die klebrige, juckende Kopfhaut.
    Das Wasser in der Schüssel verfärbte sich rötlich von dem Blut, das noch von der Schlacht bei Sheriffmuir an ihm klebte. Dylan fuhr sich mit den feuchten Fingern ein paarmal durch das Haar, um es notdürftig zu glätten. Mit gerümpfter Nase betrachtete er die Waschschüssel. Ihm lief immer ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er das Blut anderer Menschen von sich abwaschen musste. Trotzdem war er froh, sich wieder halbwegs sauber zu fühlen. Er wollte sich nicht daran gewöhnen, vor Schmutz starrend durch die Gegend zu laufen, auch wenn viele andere Männer da offensichtlich weniger Skrupel hatten.
    Sorgsam trocknete er sich das Gesicht mit dem Leinentuch ab und setzte sich dann auf die klumpige Strohmatratze, um seine Mahlzeit am Fensterbrett zu verzehren. Während er aß, betrachtete er müßig die gegenüberliegenden Gebäude. Das starke Ale zeigte bald Wirkung, tiefe Erschöpfung überkam ihn, und er zwinkerte mehrmals benommen. Beim Essen lehnte er sich schwer auf das Fensterbrett. Sinann hockte auf dem Kopfteil der schmalen Pritsche. Das Hammelfleisch schmeckte ziemlich streng. Dylan untersuchte es misstrauisch, und als er keine verdächtigen Verfärbungen entdecken konnte, stopfte er es in das Brot und aß beides zusammen, um den Geschmack zu überdecken. Er spülte den letzten Bissen mit Ale hinunter, erschauerte kurz und gab ein angewidertes Grunzen von sich.
    »Du hast schon schlechter gegessen, ohne dass es dich gestört hätte«, bemerkte Sinann.
    »Es stört mich immer. Jedes Mal, wenn ich einen nicht ganz einwandfreien Bissen schlucke, spiele ich sozusagen russisches Roulette.« Dylan stocherte mit dem Daumennagel zwischen seinen Zähnen herum, wo sich eine Fleischfaser festgesetzt hatte, und wünschte, er hätte einen Weidenzweig in seinem sporran.
    »Ich weiß nicht, was russisches Roulette ist, und ich glaube auch nicht, dass es mich interessiert.«
    Dylan zuckte die Schultern. »Es bedeutet, dass ich mit meinem Leben spiele. Ich riskiere jedes Mal eine Lebensmittelvergiftung, wenn ich verdorbenes Fleisch oder schimmeliges Brot esse, weil sonst nichts da ist. Oder ich fange mir eine Krankheit von jemandem ein, der die Sachen vorher in den Händen gehabt hat. Man kann nie wissen.«
    Sinann schnaubte. »Du wirst doch nicht krank, wenn du etwas isst, dass ein anderer angefasst hat.«
    »0 doch, glaub es mir. Du kannst Magenprobleme bekommen, wenn jemand einen Nachttopf leert und dann Esswaren berührt, ohne sich die Hände zu waschen. Du kannst dir Malaria zuziehen, wenn du von einer Mücke gestochen wirst, oder

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