Die Verbannung
ein obszönes Schimpfwort drängte sich ihm über die Lippen.
Doch Sinann packte ihn am Kragen und zog ihn mit einem Ruck zurück. Sein Hemd zerriss, und er schlug erbost nach ihr, doch sie zerrte unbeirrt weiter. Schließlich gelang es ihr unter wildem Flügelschlagen, ihn hinter die Ecke von Ramsays Haus zurückzuziehen. Dort stieß sie ihn gegen die Mauer, flatterte über seinen Kopf hinweg und legte ihm beide Hände auf den Mund. »Still, du Narr!« Dylan versuchte sie abzuschütteln, doch sie drückte nur noch fester zu. »Still, habe ich gesagt!«
Dylan ließ die Hände sinken und starrte sie finster an, bis sie ihn endlich freigab. Bedford war mittlerweile im Gewühl der High Street verschwunden. Dylan zischte der Fee zu: »Das war er! Das war der Hurensohn, der mir das hier eingebrockt hat!« Dabei deutete er mit dem Daumen auf die Peitschenstriemen auf seinem Rücken.
»Und was wolltest du gegen ihn unternehmen? Auf ihn losgehen? Ihn beleidigen und ihm so einen Vorwand liefern, dich festzunehmen? Oder ihn vielleicht zum Duell fordern? Als ob du nicht schon genug Schwierigkeiten hättest!«
Dylan hatte sich inzwischen so weit beruhigt, dass er wieder halbwegs klar denken konnte, und er begriff, was für eine Dummheit er beinahe begangen hätte. Tief Atem holend fragte er sich, was Bedford überhaupt in diesen Haus zu suchen gehabt hatte, dann sagte er: »Das war eine Falle. Ramsay hat ihn herbestellt, um mich festzunehmen.«
Sinann schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. In diesem Fall wäre der Sassunach nicht hierher gekommen. Er hätte dir anderswo aufgelauert und sich vermutlich selbst erst sehen lassen, wenn alles vorbei gewesen wäre. Und außerdem dürfte Bedford der Letzte sein, an den sich Ramsay wenden würde. Jeder weiß, dass gerade Bedford ganz Edinburgh eifrig nach jakobitischen Spionen absucht, und Ramsays Aktivitäten sind dir ja bestens bekannt. Wenn er dich aus dem Weg haben wollte, hätte er eine andere Möglichkeit gefunden. Er hätte sicher nicht riskiert, dass man dich verhaftet und eingehend verhört, denn dann müsste er ja befürchten, dass du ihn an die Rotröcke verrätst - was bedeuten würde, dass seine Tage hier gezählt sind. Nein, Bedfords Anwesenheit hier muss einen ganz anderen Grund haben.«
»Aber welchen?«
Die Fee zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht. Aber eines kann ich dir sagen: Achte darauf, dass dieser Bedford dich nie zu Gesicht bekommt, denn sonst erfährt Ramsay, wer du wirklich bist und wie du zu Cait stehst.«
5. KAPITEL
Dylan betrat das Gebäude, ging aber nicht direkt in Ramsays Büro, sondern verlangte im Vorzimmer von Felix erst einmal Papier, Tinte und eine Schreibfeder. Der mürrische Sekretär händigte ihm das Gewünschte wortlos aus, reichte ihm dazu noch eine Stange Siegelwachs und widmete sich dann wieder seiner Arbeit.
»Ist seine Hoheit schon da?«, fragte Dylan.
Felix blickte auf. Unverhohlener Abscheu zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Wenn Ihr Mr. Ramsay meint, lautet die Antwort Ja. Er ist gerade eben gekommen.« Mit diesen Worten beugte er sich wieder über seine Papiere.
Dylan warf das Siegelwachs in die Luft und fing es geschickt wieder auf. Dann blickte er sich suchend nach einem freien Platz zum Schreiben um, ehe er sich an Felix wandte und mit einem übertrieben bäuerlichen Akzent bemerkte: »Zu schade, dass der arme Seumas weder lesen noch schreiben kann. Zum Glück zeichne ich ganz gut.«
Felix machte sich noch nicht einmal die Mühe, den Kopf zu heben. Dylan trat zu einem Bücherregal in der Ecke des Raumes, schob eine Uhr und einen Kerzenleuchter zur Seite und breitete den Papierbogen aus. Es stimmte, dass Seumas nicht lesen konnte, aber das Bild einer Krone, eines Schlosses, sieben einzelner Pennystücke, einer Sonne und einer möglichst genauen Darstellung von Dylans altem Breitschwert mit dem herzförmigen Heft aus gehärtetem Stahl würde er schon richtig deuten. Wie alle anderen, mit denen Dylan nach seiner Flucht aus Ft. William zu tun gehabt hatte, kannte Seumas ihn nur unter dem Namen >Dilean Mac a'Chlaidheimhi, dem gälischen Ausdruck für >Dylan, Sohn des Schwertes<. Er würde wissen, wer ihm da sieben Pence für einen Job in Edinburgh anbot. Vorsichtig, um sein Werk nicht mit Tinte zu verschmieren, zeichnete er unten auf den Bogen noch einen Eberkopf. In Anbetracht der primitiven Schreibfeder und seines mehr als bescheidenen Zeichentalentes grenzte es an ein Wunder, dass er eine passable Kopie
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