Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
Vom Netzwerk:
dem sich Dylan im Kampf gerne den Rücken decken lassen würde, aber Wingham schien ihm voll und ganz zu vertrauen. Während sie Seumas zusahen, der Winghams Männern beim Verladen der Fässer zur Hand ging, fragte Dylan beiläufig: »Seid Ihr auch Waliser?«
    Ein leises Lächeln spielte um die Lippen des Mannes. »Zum Teil.«
    Dylan musste lachen. »Kann man denn zum Teil Waliser sein?«
    Der kleine Mann hob die Schultern. »Wenn jemand Gilman heißt, deutet das doch wohl darauf hin, dass seine Vorfahren vom Festland stammen.«
    Dylans Interesse erwachte. »Habt Ihr vielleicht auch noch Familie in Holland?«
    Gilman nickte. Sein Gesicht war im Dunkeln nicht zu erkennen, aber in seiner Stimme schwang ein belustigter Unterton mit. »Wahrscheinlich. Oder in Deutschland, genau weiß ich das nicht. Aber wenn ich in Amsterdam bin, lasse ich die Leute in dem Glauben, dass ich holländische Ahnen habe. Das ist gut fürs Geschäft.«
    »Kennt Ihr Euch dort an der Börse aus?«
    Wieder nickte Gilman, ohne den Blick von den schattenhaften Gestalten zu wenden, die die letzten Fässer auf den Wagen luden. Anscheinend zählte er genau mit, während er mit Dylan sprach. »Ein Mann, der über genug Geld und die Bereitschaft zum Risiko verfügt, kann in Amsterdam ein Vermögen machen.«
    »Das werde ich mir merken.« Und rein zufällig kannte Dylan einen Mann mit Geld, der geradezu darauf brannte, es in Amsterdam anzulegen.
    »Gut«, meinte Wingham, als das letzte Fass auf dem Wagen verstaut und die Ladung mit einer Segeltuchplane bedeckt worden war. »Wir sind fertig. Dylan Dubh, richtet Eurem Arbeitgeber aus, dass es mir ein Vergnügen war, mit ihm Geschäfte zu machen. Ich hoffe, es ergibt sich irgendwann einmal die Möglichkeit einer erneuten Zusammenarbeit. Cheerio.« Er hielt inne, dann lächelte er. »Oder sollte ich besser mar sin leat sagen?«
    »Tha. Mar sin leat.« Dylan kletterte hinten auf den Wagen und überließ Seumas den Platz auf dem Kutschbock. Zwar bildete ein hölzernes Sherryfass nicht unbedingt einen bequemen Sitz, aber jemand musste schließlich den Weg hinter ihnen im Auge behalten, und außerdem hatte er keine Ahnung, wie man ein Pferdegespann lenkte. Während die Kirche im Dunkeln verschwand, fragte er sich, wie er Ramsay erklären sollte, warum sich der Unbekannte, dem die dreißig Guineen zugedacht waren, nicht gezeigt hatte. Das erhebende Gefühl, als Geheimagent im Dienste Ihrer Majestät tätig zu sein, war längst verflogen. Der Wagen rumpelte über den unebenen Boden dahin, und während Dylan auf seinem Sheiryfass auf und ab hüpfte, überlegte er, wie sich sein Hinterteil wohl anfühlen mochte, wenn sie Edinburgh erreicht hatten.
    Doch als sie die Stadt Perth hinter sich gelassen hatten, tauchte plötzlich wie aus dem Nichts ein Reiter neben dem Wagen auf. Dylan stellte sich neben das Fass und zog augenblicklich sein Schwert, doch da deklamierte der Unbekannte auch schon leise: »Glamis mordet den Schlaf, und drum wird Cawdor nicht mehr schlafen.«
    Dylan traf es wie ein Blitzschlag, als er die Stimme als die Major Bedfords erkannte. Beinahe wäre er vom Wagen gesprungen, um seinem alten Feind das Schwert in den Leib zu rammen. Es kostete ihn eine nahezu übermenschliche Beherrschung, sich zurückzuhalten. Seine Gedanken überschlugen sich. Ihm blieben jetzt genau drei Möglichkeiten: Er konnte den Rotrock töten, die Flucht ergreifen oder versuchen, Bedford zu täuschen. Den Major umzubringen hielt er in Anbetracht seines Planes, Cait aus Ramsays Haus zu befreien, nicht für die beste Lösung, weil er fürchtete, Ramsay könne ihn früher oder später des Mordes an seinem Kumpan verdächtigen. Flucht war sogar eine noch schlechtere Idee, denn dann war seine Tarnung aufgeflogen, Bedford noch am Leben und er, Dylan, hatte überhaupt keine Chance mehr, Cait zu retten. Also blieb nur der Versuch, Bedford in die Irre zu führen. Zum Glück konnte der Major im Dunkeln sein Gesicht nicht erkennen. Er ahmte Ramsays Lowlandakzent nach, verlieh seiner Stimme aber einen etwas gewöhnlicheren Klang, als er antwortete: »Wohlan, Macduff. Höchste Zeit, dass Ihr Euch endlich sehen lasst.« Er schob sein Schwert in die Scheide zurück und nahm wieder auf seinem Fass Platz. Bedford zügelte sein Pferd, bis er auf einer Höhe mit Dylan ritt, der erstaunt registrierte, dass der Major Zivilkleidung trug.
    »Ich konnte mich vor dieser Schmugglerbande ja schlecht sehen lassen, nicht wahr, auch wenn ich an diesen

Weitere Kostenlose Bücher