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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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mir anstelle der Gürtelschnalle schenkst?«, fragte Bing Tong beiläufig.
    Er wollte gerade den Brief auf den Bambusstäbchen lesen, als Zheng ihm das Kästchen aus der Hand nahm und verschloss.
    »Gefällt dir die Schnalle nicht?«, fragte er. Warum wollte sein Freund ausgerechnet den Fund haben, den er selbst am schönsten fand?
    »Doch, doch, sie gefällt mir. Und ich freue mich sehr, dass du mich an deinem Glück teilhaben lässt, mein Freund. Aber nun will ich den Brief schreiben, und danach gehen wir zu den Kaufleuten und suchen für deinen zukünftigen Schwiegervater Geschenke aus, denen er nicht widerstehen kann.«
    Bing Tong tauchte seinen Pinsel in die Tusche und ließ ihn leicht über die glatte Holztafel gleiten. Zheng beobachtete ihn neidisch. Lesen und Schreiben wollte er unbedingt lernen, sobald er die Zeit dafür fand.

    Als der Brief fertig war, wanderten sie gemeinsam zum Südtor, wo die Kaufleute ihre Lager hatten. Zheng hatte sich bei seinem Freund untergehakt und strich heimlich über den feinen Wollstoff von Bing Tongs Gewand. Der knielange rote Mantel war über und über mit filigranen Wolkenmustern in Blau- und Grüntönen bestickt und wurde von einem kostspieligen Gürtel mit vielfarbig gewebten Drachen zusammengehalten. Zheng bewunderte seinen älteren Freund, der es zu bescheidenem Reichtum gebracht hatte, seit er vor sechs Jahren die Armee verlassen hatte.
    Auf der Hauptstraße kam ihnen eine aufgeputzte Dame mit ihrem kleinen Gefolge entgegen. Sie war die Favoritin des Gouverneurs und wurde von ihm mit Geschenken überschüttet. In der strahlenden Sonne schimmerten ihre Seidenkleider wie die Federn von Singvögeln, und an ihren Handgelenken, an ihren Ohren und um den Hals trug sie dunkelgrünen Jadeschmuck, der sich von ihrer milchweißen Haut abhob.
    Bing Tong grüßte die Dame unterwürfig, und sie erwiderte seinen Gruß, aber als sie Zhengs geflickte, grobe Kleider bemerkte, runzelte sie abfällig die Stirn und schritt in Richtung der Gouverneursresidenz davon.
    »Mach dir nichts daraus«, tröstete Bing Tong seinen Freund. »Sie ist schön, aber dumm und hochmütig wie eine Ziege.«
    »Sie ist mir völlig egal«, sagte Zheng verdrießlich. Sein Stolz war verletzt, aber dann dachte er an Sun Meng. Neben ihr würde die Konkubine des Gouverneurs wie ein Sperling neben einem Kranich wirken.

    Am Südtor herrschte große Aufregung. Zur Mittagszeit war eine Karawane aus Kushan in der Stadt angekommen. Bevor sie sich selbst eine Rast gönnten, luden die Männer unter der Aufsicht des Karawanenführers die Waren von den Eseln und Kamelen, beobachtet von unzähligen Kindern, die sich an den exotischen Fremden mit den blauen Augen und hellbraunen Haaren nicht sattsehen konnten. Einer der Ballen platzte auf, als der Kamelführer ihn mit Schwung von seinem Tier zog und auf den Boden warf, und blitzschnell schoss der mutigste der Jungen hinzu und griff hinein, um zu sehen, welche Wunderdinge sich darin verbargen. Doch sofort war der riesige fremde Mann über ihm und verabreichte ihm unter dem Johlen der anderen eine Tracht Prügel. Heulend schlich der Junge davon.
    Bing Tong führte Zheng herum und erklärte ihm die Qualität, die Herkunft und den Preis der sich zwischen den Kamelen auftürmenden edlen Steine, der Woll- und Leinenstoffe, der Silbergefäße und der Pelze. Auch die anderen in Yar-Khoto ansässigen Händler hatten sich eingefunden und feilschten um die Waren. Zheng hing an den Lippen seines Freundes und ließ sich kein Wort entgehen. Jede noch so kleine Information würde ihm bald nützlich sein. Als der Mond aufging, stellten die Karawanenleute eine Wache bei ihren Tieren und Waren auf und zogen sich in eine Herberge zurück.
    Auf dem Rückweg grübelte Bing Tong schweigsam vor sich hin. Vor der Gasse, die zu Zhengs neuem Haus führte, blieben sie stehen.
    »Ich gebe dir fünftausend Käschmünzen für das kleine Pferd«, sagte Bing Tong unvermutet.
    Zheng wich einen Schritt zurück. In der Stimme seines Freundes lag eine ungewohnte Kälte.
    »Ich verkaufe es nicht«, erwiderte er gereizt.
    Bing Tong drehte sich grußlos um. Zheng sah ihm verwundert nach, bis seine Gestalt mit den Schatten der Häuser verschmolz. Hatte er seinem Freund einen Grund für diese plötzliche Feindseligkeit gegeben?
    * * *
    Der Alte klopfte wieder und wieder an die Tür seines neuen Nachbarn, aber dahinter rührte sich nichts. Seine Beunruhigung wuchs. Was hatte sich in dem Haus zugetragen?
    Die ganze

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