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Die Verborgene Schrift

Titel: Die Verborgene Schrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselma Heine
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unausstehlich. Kein Wort konnte man mit ihm reden. Er sah sich die Augen aus nach seinen Gastfreunden. Sind Sie jetzt endlich zufrieden. Undankbarer?« Und sie sah ihn lachend an. Ohne irgend jemandes Antwort abzuwarten, stieg sie dann ein. Ob man etwas an die bonnes soeurs in Isenheim auszurichten habe, fragte sie, schon im Fahren, sie werde dort übernachten und erst frühmorgens in die Maison Centrale zurückkehren. Etwas übertrieben laut sagte sie das. Ob die Baldes so liebenswürdig sein wollten und das an Monsieur de la Quine ausrichten lassen? fragte sie. »Vers dix heures donc,« flüsterte sie im Vorbeifahren an Hummel hin. Dem schoß eine rote Welle in die Stirn. Françoise sah zur Seite. Er tat ihr so furchtbar leid. Victor Hugo wickelte sie in ihre Beduine, als ob es Winter wäre. Der »Kronen«-Kutscher erwies sich als dermaßen betrunken, daß man ihn dort lassen mußte, Blanc nahm seine Stelle ein. Er berichtete zornig, er habe die beiden langen Schlingel von vorhin dabei betroffen, wie sie sich an den Pferden hier zu schaffen machten, er hatte sie aber gehörig davongejagt.
    Die Pferde zogen an, man rasselte die steile Gasse hinab zur Chaussee. Aber das Handpferd, sonst willig und auch nicht mehr jung, zeigte plötzlich wilde Launen, schlug aus und machte böse weiße Augen. Als Blanc die Zügel stärker anzog, stieg es, schnaubte und riß am Geschirr. Hummel und Victor Hugosprangen ab, um zu helfen, da ergab es sich, daß die beiden Buben vorhin Kletten und Nesseln am Leitriem befestigt hatten, sodaß das Pferd bei jedem Schritt gereizt wurde.
    Blanc lachte: » Voilà, Monsieur Cerfs Reden haben bereits Frucht getragen, das Pferd des liberalen Maire und sein ketzerischer Lenker müssen es entgelten.« Der junge Schlotterbach ballte die Faust. »Ah, les assassins!« Ein guter alemannischer Zorn stand in seinem Gesicht zu den französischen Worten.
    Es war ein mühsames Fahren. Das Handpferd, nervös geworden, scheute beständig. Der Pfarrer hatte beide Arme voll zu tun.
    Drinnen im Wagen ging es schweigsam zu. Dugirard war ängstlich und ein wenig vorwurfsvoll und Hortense nachdenklich. Lucile saß müde in die Ecke gedrückt, sie fühlte sich langweilig unbeachtet. Françoise aber sah über alles hin mit starren Augen; sie litt. Um sich ebenso wie um Hummel. Wenn sie wenigstens ihm hätte helfen können, weghelfen von dieser Frau, die keine Liebe kannte. Sie richtete sich straff auf, ihr Gesicht wurde hart. Sie soll ihn nicht bekommen, dachte sie fast laut. Hummel sah bedrückt auf ihre Hände, die zitterten.
    In diesem Augenblick gab es einen Stoß, einen Krach. Das Pferd hatte sich vor einem alten Messingreifen entsetzt, der am Wege lag und sich unter seinen Hufen plötzlich aufrichtete. Wieder stieg es hoch. Die Geschirrkette riß, der Wagen prallte hart an einen Stein, das Rad löste sich und rollte in den Graben. Der Wagen hing schief. Dugirard breitete galant die Arme aus für Hortense und Lucile, die lachend gegen ihn fielen. Hummel sah gespannt auf Françoise. Das junge Mädchen bog sich gewaltsam hintenüber, um ihn nicht zu berühren. Sie faßte wie angstvoll die eiserne Seitenstange und hielt sich fest. Dann stand sie kräftig gerade vor ihm, ein herber Zug in dem blühenden Gesicht. So vertieft war er in ihren Anblick, daß Dugirard ihm erst auf die Schulter klopfen mußte: »Man steigt aus, mein Herr Gelehrter. Mir scheint, Monsieur beabsichtigt, hier Wurzel zu schlagen.« Aber Heinrich regte sich erst, als er Françoise unversehrt am Grabenrand stehen sah.Victor Hugo mit aufgestreiften Ärmeln versuchte dort wichtig und ungeschickt das Rad aufzurichten, Françoise beugte sich sachverständig hinzu. Aber erst Hummels Kräften gelang das Werk. Eifrig schoben sie das Rad die Böschung hinauf und rollten es nun siegreich und stolz über den Weg. Sichtlich war das für sie alle Drei eine willkommene Befreiung aus verlegenen Minuten. Die andern klatschten in die Hände. Dugirard hatte sich eine Zigarre angezündet, er war indigniert. Man habe ihm ein Idyll versprochen, »et voilà une catastrophe« . Hortense beruhigte ihn. Man würde nun einfach zu Fuß den kurzen, schönen Spaziergang machen nach dem Isenheimer Wäldle, wo man sich lagern wollte und soupieren. Unterdessen könnte man vom fermier Justin da drüben Hilfe holen.
    Blanc hatte inzwischen die Pferde abgeschirrt und an Bäume gebunden. Victor Hugo erbot sich, zu dem Bauer Justin hinüberzugehen. Und Monsieur Hümelle könne sich

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