Die verborgene Seite des Mondes
küsste sie. Julia schlang die Arme um seinen Hals und er widerte seinen Kuss, doch die Unsicherheit hatte sich schnell wie ein Steppenfeuer in ihm ausgebreitet. Simon hörte das Pochen sei nes Herzens in seinen Schläfen.
»Hey«, flüsterte Julia. »Was ist denn los?«
Simon senkte den Kopf, sodass die Haare seine Stirn und die Au gen verdeckten. Seine Wünsche polterten ungeschickt gegen die Worte, die er mühsam herausbrachte: »Ich würde g-g-gerne da wei termachen, wo wir vorhin unterbrochen worden sind. Aber das ist gar n-icht so einfach.« Er hörte Julia atmen, doch sie sagte nichts. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. »Ich will nichts falsch machen«, flüsterte er. »Ich . . .«
»Psst.« Ihre Hände suchten nach seinen. »Es ist warm hier drin«, bemerkte sie schließlich. Sie ließ ihn los und zog sich das T-Shirt über den Kopf.
Stille. Nur das Donnergrollen kam rasch näher und der kleine Raum war von einer unerträglichen Spannung aufgeladen. Simon konnte seinem Glück kaum trauen. Unter allen Möglichkeiten war ihm diese überhaupt nicht in den Sinn gekommen: dass Julia den Anfang machen könnte.
»Ich werd n-ichts tun, das. . . .«
»Schschsch, ich weiß. Ich weiß.«
Ein halber Mond leuchtete zum Fenster herein und Simons Augen hatten sich inzwischen an Licht und Schatten gewöhnt. Die Luft war stickig im Wohnwagen, obwohl er die Fensterklappen geöffnet hat te. Simon griff sich mit beiden Händen in den Nacken und zog sein T-Shirt ebenfalls aus. Es fiel Pepper, der auf seiner Decke lag, auf den Kopf und der Hund sprang erschrocken auf.
Julias Blick wanderte von Pepper zu Simon und wieder zurück. Ein Lachen gluckste in ihrem Inneren. Simon befreite Pepper von sei nem T-Shirt.
»Komm, mein Freund«, sagte er, »du gehst für eine Weile nach draußen.« Er öffnete die Tür und Pepper humpelte gehorsam die Stufen nach unten.
Simon schloss die Tür und drehte sich zu Julia um. »Alles okay?«
»Ja. Schon besser.«
Er löste das Band aus ihrem Zopf, zog die Flechten auseinander und fuhr mit seinen Fingern durch ihr langes Haar. Dann küsste er sie, zuerst mit dieser seltsamen Scheu, die seine Art war, und dann auf neue, verwirrende Art.
Julia hatte sich nach Simons Küssen gesehnt, seit Stunden schon, aber plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie mehr wollte als das. Sich eine Sache in Gedanken auszumalen und sie dann auch zu tun, waren zwei sehr verschiedene Dinge.
Doch als Simon erst sich auszog und dann sie, schien es die natürlichste Sache auf der Welt zu sein. Er zog sie aufs Bett und sie streckten sich nebeneinander aus. Simon murmelte etwas, dann gingen seine sehnsüchtigen Hände auf Entdeckungsreise. Er be rührte sie vorsichtig, doch die Sprache seiner Hände war sehr lebendig. Wenn einer von ihnen aufhören würde, dann nicht er, so viel war Julia klar.
Anfangs bewegte sie sich kaum, aber bald berührte sie Simons warme Haut, strich tastend über die harten, elastischen Narben-stränge auf seiner Schulter und lernte, Vertrauen in seinen Körper zu haben. Der letzte Abstand zwischen ihnen verschwand. Plötzlich hielt Simon inne und löste sich schwer atmend von ihr.
»Was ist denn?«, fragte sie. »Stimmt etwas nicht?«
»Nein, nur . . .«
» Was , Simon?«
»Ich hab nichts da«, kam es nach einigem Zögern. »Ich war nicht vorbereitet auf . . . du weißt schon . . .«
»Keine Angst«, beeilte sie sich zu sagen. »Ich nehme die Pille.«
Eine Weile war es still, Julia hörte Simon leise atmen. Sie hörte ihn nachdenken.
»Ist da irgendetwas, das ich wissen sollte?«, fragte er in die Dun kelheit. »Hast du in Deutschland einen Freund?«
»Nein, Simon. Ohne Pille kriege ich ganz fürchterliche Pickel, nur deshalb nehme ich sie. Aber . . .«
»Aber was?«
»Hast du das schon mal gemacht?«, fragte sie im Flüsterton.
»Klar. Schon oft.«
»Lügner.«
Ein greller Blitz erhellte den kleinen Raum, kurz darauf donnerte es.
»Ertappt«, murmelte Simon und dann war er wieder da, mit seinen Händen und seinem warmen Körper.
Plötzliches Motorengeheul, grelles Scheinwerferlicht und Peppers panisches Bellen setzten ihrer zärtlichen Entdeckungsreise ein abruptes Ende. Wie der Blitz war Simon in seinen Hosen und den Halbstiefeln. Steine flogen gegen das Blech des Wohnwagens. Von draußen ertönten Rufe und höhnisches Gelächter.
»He Stotterheini, habe ich d-d-dich geweckt? Das t-t-tut mir ja so l-l-leid.«
Jason , dachte Simon. Er hörte
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