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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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rief sie. »Ich habe gerade Marlena auf dem Blumenmarkt getroffen und weiß, dass du da bist. Wenn du nicht aufmachst, bleibe ich einfach hier sitzen, bis Marlena kommt und mich reinlässt.«
    Ich musste ihr gegenübertreten. Es gab keine Möglichkeit mehr, es länger vor mir herzuschieben. Deshalb trottete ich nach unten, schloss die Glastür auf und öffnete sie einen Spalt weit.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Ich habe sie heute Morgen gesehen«, erwiderte Renata. »Auf dem Blumenmarkt. Ich dachte schon, du wärst mit dem Baby verschwunden, ohne einer von uns Bescheid zu geben, und da war sie, in seinen Armen.«
    Mir stiegen die Tränen in die Augen, und ich zog als Frage, was sie von mir wollte, die Schultern hoch.
    »Hast du es ihm erzählt?«, hakte Renata nach. »Hast du das Baby zu ihm gebracht?«
    »Ich habe ihm gar nichts erzählt«, entgegnete ich. »Und ich will nicht, dass du mir etwas von
ihr
erzählst. Niemals.« Ich schluckte heftig.
    Renatas Miene wurde versöhnlicher. »Sie sah zufrieden aus«, meinte sie. »Und Grant wirkte müde. Aber …«
    »Bitte«, sagte ich zu Renata und schob dabei die Tür zu. »Ich will es nicht wissen. Ich ertrage das nicht.«
    Ich schloss die Tür ab. Dann standen Renata und ich einander schweigend gegenüber. Die Glastür war zwar nicht dick genug, um eine Unterhaltung zu verhindern, dennoch sprachen wir beide kein Wort. Als Renata mir in die Augen sah, ließ ich es zu. Ich hoffte, dass sie die Sehnsucht, die Einsamkeit und die Verzweiflung darin erkannte. Es war schwer genug gewesen, mein Baby herzugeben. Von Renata ständig auf dem Laufenden gehalten zu werden würde es nur noch schwerer machen. Sie musste verstehen, dass ich meine Entscheidung nur überleben konnte, indem ich versuchte zu vergessen.
    Marlena kam in meinem Kombi angefahren. Die Heckklappe stand offen, und Blumen quollen heraus. Mitten im Ausladen hielt sie
     inne und betrachtete Renata und mich.
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie. Renata blickte mich an. Ich wandte mich ab.
    Renata antwortete nicht. Stattdessen ging sie mit resigniert herabhängenden Armen den Hügel hinauf ins Flora.

1.
    I m folgenden Jahr liefen die Geschäfte von Botschaft immer besser. Ich forderte Barzahlung im Voraus, und meine unkonventionelle Arbeitsweise zog rasch eine sektenähnliche Fangemeinde an. Werbung erübrigte sich, denn nach den ersten Eimern voller mit Karten versehener Iris verbreitete sich meine Telefonnummer schneller, als wenn ich eine blinkende Reklametafel an der Zufahrt zur Bay Bridge gemietet hätte. Natalya kehrte nicht von ihrer Tournee zurück. Ich übernahm die Wohnung und schickte dem Vermieter an jedem Monatsersten einen Umschlag mit Hundertdollarscheinen. Marlena war weiter als meine Assistentin beschäftigt, organisierte die Termine, beantwortete Telefonate, kümmerte sich um die Bestellungen und lieferte Blumen aus. Ich beaufsichtigte das Arrangieren der Blumen, setzte mich mit meinen Kunden auf den Klappstühlen vom Flohmarkt in meinem leeren Büro zusammen und öffnete im grellen Schein der Neonröhren meine Schuhkartons.
    Meine Beratungsgespräche vor der Hochzeit waren ebenso gefragt wie meine Sträuße. Die Paare sahen ihre Termine wie Besuche bei einer Wahrsagerin oder Priesterin und erzählten mir – häufig stundenlang – von den vielen Hoffnungen, die sie an ihre Beziehung knüpften, und auch von den Herausforderungen, vor denen sie standen. Ich hielt nur die eigenen Worte des jeweiligen Paares auf einem Stück durchscheinendem Reispapier fest, und wenn die beiden fertig waren, überreichte ich ihnen die von einem Band zusammengehaltene Papierrolle. Dennoch glaubten die Paare, ich hätte ihnen ihr gemeinsames Leben vorhergesagt, wenn sie die Papierrolle zu Rate zogen, um ihre Blumen auszuwählen oder ihre Trauungszeremonie zu planen. Bethany und Ray waren glücklich verheiratet. Zahlreiche Paare schickten mir an ihrem ersten Hochzeitstag eine Karte und beschrieben ihre Beziehung mit Worten wie Friede, Leidenschaft, Erfüllung und vielen anderen von Blumen inspirierten Bezeichnungen.
    Im zweiten Frühling hatte Botschaft die Floristikbranche an der Bucht derart umgekrempelt, dass sich die Nachfrage und damit auch das Blumenangebot durchgreifend änderte. Floristen in der ganzen Stadt boten für die vielen Bräute, die Marlena und ich abweisen mussten, vorhochzeitliche Beratungen bezüglich der Sprache der Blumen an. Das Ergebnis war, dass der Bedarf an Pfingstrosen, Ringelblumen und

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