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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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jetzt gar nicht aufgefallen waren. Die Blende schlösse zu langsam, erklärte sie mir. Außerdem sei die Filmgeschwindigkeit nicht für die schlechten Lichtverhältnisse am späten Nachmittag geeignet. Ich notierte mir alles, was sie sagte, auf der Rückseite der Abzüge und steckte den Stapel in die Hosentasche.
    Am kommenden Samstag konnte ich es kaum erwarten, den Blumenladen zu verlassen. Es war nichts los; keine Hochzeit stand an. Renata saß über Büroarbeit und blickte den ganzen Vormittag nicht von ihrem Schreibtisch auf. Als ich keine Lust mehr hatte abzuwarten, dass sie mich endlich nach Hause schickte, stellte ich mich dicht vor ihren Schreibtisch und klopfte mit dem Fuß auf den Betonboden.
    »Schon gut, geh nur«, meinte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. Ich drehte mich um und war schon fast zur Tür hinaus, als sie hinzufügte: »Und komm morgen und nächste und übernächste Woche nicht wieder.«
    Ich erstarrte. »Was?«
    »Du hast schon doppelt so viele Stunden gearbeitet, wie ich dir bezahlt habe. Das ist dir doch sicher aufgefallen.« Ich hatte nicht mitgezählt. Schließlich lagen für jemanden wie mich die Jobs nicht auf der Straße, selbst wenn ich eine andere Stelle gewollt hätte. Ich konnte weder einen Highschool-Abschluss noch ein College-Diplom oder eine Ausbildung vorweisen. Deshalb hatte ich vermutet, dass Renata das wusste und ausnutzte. Aber es störte mich nicht.
    »Na und?«
    »Nimm dir ein paar Wochen frei. Komm übernächsten Sonntag wieder, und ich bezahle dich, als ob du gearbeitet hättest. Ich schulde dir das Geld. Gegen Weihnachten brauche ich dich wieder, und am Neujahrstag habe ich zwei Hochzeiten.« Sie reichte mir den Umschlag mit Geld, den sie mir eigentlich erst am nächsten Tag hätte geben sollen. Ich steckte ihn ein.
    »Gut«, sagte ich. »Danke. Dann sehen wir uns in zwei Wochen.«
     
    Als ich eintraf, lud Grant gerade einen Eimer mit unverkauften Blumen ins Auto. Beim Näherkommen hielt ich die verschwommenen Fotos hoch wie einen Fächer. »Na, möchtest du jetzt, dass ich dir Unterricht gebe?«, fragte er grinsend.
    »Nein.« Ich stieg ein.
    Grant schüttelte den Kopf. »Chinesisch oder Thailändisch?«, erkundigte er sich. Da ich gerade meine hingekritzelten Notizen auf der Rückseite der peinlichen Fotos las, antwortete ich nicht. Grant stoppte vor einem thailändischen Lokal. Ich wartete im Auto.
    »Etwas Scharfes!«, rief ich durchs offene Fenster. »Mit Shrimps.«
    Ich hatte zehn Filmrollen mit unterschiedlichen Belichtungszeiten gekauft. Im hellen Nachmittagslicht würde ich mit einem 100er anfangen und mich bis Sonnenuntergang zu einem 800er vorarbeiten. Grant setzte sich mit einem Buch an den Picknicktisch und schaute alle paar Seiten in meine Richtung. Ich kauerte zwischen zwei weißen Rosenbüschen, fast ohne mich zu rühren. Wie in der Woche zuvor numerierte ich alle Fotos und schrieb Aufnahmewinkel und Bedingungen auf. Ich war fest entschlossen, es richtig zu machen.
    Als es fast vollständig dunkel war, legte ich die Kamera weg. Grant saß nicht mehr am Tisch. Aus den Fenstern des Wasserturms strömte Licht, gedämpft von einer dichten Dampfwolke. Grant kochte, und ich war am Verhungern. Also steckte ich die Filmrollen in meinen Rucksack und trat in die Küche.
    »Hunger?«, meinte Grant. Er beobachtete, wie ich meinen Rucksack schloss und kräftig schnupperte.
    »Fragst du das im Ernst?«
    Grant lächelte. Ich ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. Bis auf ein Joghurt und einen Vierliterkarton Orangensaft war er leer. Ich nahm den Orangensaft und trank aus dem Karton.
    »Fühl dich nur wie zu Hause.«
    »Danke.« Ich trank noch einen Schluck und ließ mich am Tisch nieder. »Was gibt es?«
    Grant wies auf sechs leere Dosen Ravioli mit Rindfleischfüllung. Ich verzog das Gesicht.
    »Möchtest du das Kochen übernehmen?«, sagte er.
    »Ich kann nicht kochen. In Heimen erledigen das die Köchinnen, und seitdem esse ich auswärts.«
    »Hast du immer in Heimen gelebt?«
    »Nach Elizabeth schon. Davor habe ich bei vielen verschiedenen Leuten gewohnt«, erklärte ich. »Manche haben gut gekocht, andere nicht.«
    Er musterte mich, als wolle er mehr erfahren, doch ich führte es nicht weiter aus. Wir setzten uns an unsere Schalen mit Ravioli. Draußen hatte es wieder zu regnen angefangen. Ein heftiger Wolkenbruch, der die Staubstraßen in Flüsse zu verwandeln drohte.
    Nach dem Essen spülte Grant das Geschirr und ging nach oben.
    Ich ließ mich am

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