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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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Päckchen aufmachte, fielen ihr vor Überraschung fast die Augen aus dem Kopf.«
    Innen in der Schatulle liegen, auf roten Samt gebettet, mehrere Ringe. Ein kleiner Smaragd, eingefasst von einem Kreis aus kleinen Steinen, die wie Brillanten aussehen.
    »Zirkonia«, sagt Harry. »Wir hatten nie das Geld für richtige Brillanten.« Ein altmodisch gefasster Ring mit einem Opal und Granaten, der Patsys Mutter gehört hat. Und eine ziemlich armselig wirkende, abgesplitterte billige Zuchtperle in einer Goldfassung.
    »Stecken Sie sich ruhig einen an den Finger, wenn Sie möchten«, sagt Harry.
    »Oh nein, ich …«
    »Na los, nur zu«, sagt er und nimmt den Smaragdring heraus. »Patsy hätte bestimmt nichts dagegen. Das hier war ihr Lieblingsring.«
    Der Smaragd blitzt und funkelt in dem Licht, das vom Fenster hereinströmt. Ich fühle mich unwohl, den Ring einer Toten an meinem Finger zu sehen.
    »Er ist wunderschön, Harry«, sage ich und streife ihn ab, so schnell es die Höflichkeit erlaubt. »Haben Sie ihn ihr geschenkt?«
    »Kurz vor ihrem Tod«, sagt er, und seine Stimme, rau und heiser, beginnt zu brechen. Seine Gefasstheit bekommt einen winzigen Riss. »Kurz zuvor. Eine Art Memory-Ring …« Er muss schlucken.
    »Und hier«, sagt Harry eifrig und bewegt sich jetzt rasch über den apricotfarbenen Teppich, zieht sein lebloses Bein nach, so schnell er kann, »hier hat sie ihre Kleider aufbewahrt.« Harry reißt eine der beiden Schranktüren auf. »Sehen Sie?«, sagt er. »Sehen Sie?« Er fährt mit der Hand über ein Abendkleid aus mitternachtsblauem Samt. »Das war ihr Lieblingskleid. Fühlen Sie mal. Fühlen Sie, wie weich es ist.«
    Ich stehe jetzt direkt hinter ihm, meine Haltung ist verkrampft, meine eigene Verzweiflung wächst der seinen entgegen, wie zwei Magneten, die voneinander angezogen werden. Ich hebe halbherzig die Hand, um den Samt zu befühlen, aber er wartet meinen Kommentar nicht ab.
    »Und das hier«, sagt er und holt eine Seidenbluse in sattem Pink heraus, »das hier hat sie sich angeschafft für die Taufe meiner Enkeltochter Sarah. Sie hat Perlen dazu getragen. Wo sind eigentlich diese Perlen hingekommen? Das Etui war zu groß für die Schmuckkommode, deshalb hat sie sie immer in dem Originaletui aufbewahrt. Patsy mochte es, wenn alles an seinem Platz war.«
    Harry wühlt nun in dem obersten Regal des Schranks herum und befördert eine rote Schatulle mit Mallorca-Perlen ans Tageslicht. Er nimmt den Deckel mit der Goldprägung ab und holt eine einreihige Perlenkette heraus. Er geht zu dem Bett zurück, legt die Bluse auf die Tagesdecke und drapiert um den Halsausschnitt die Perlenkette.
    »Genau so«, sagt er und geht zurück zum Schrank. »Sie mochte Samt und Seide und Spitzen.«
    Die Kleiderbügel schrammen über die metallene Kleiderstange, als er weitere Kleider nach vorne holt.
    »Das Grüne da, das hat sie zu der Hochzeit angehabt.« Er nimmt das grüne Kleid von dem Foto vom Bügel und legt es aufs Bett. »Und das hier war ihr Werktagsrock. Ihr Arbeitsrock, sozusagen. Und diese Bluse hier sah ein bisschen zu groß an ihr aus, aber sie mochte die Farbe so gern.«
    Wieder ein Schrammen über Metall, die Kleiderbügel fliegen nun geradezu vorbei. Eine Jacke aus grobgestrickter Wolle für den Winter, anthrazitfarbene Hosen. »Und das hier … das hier«, er hält bei einem ärmellosen Kleid mit kräftigem Blumenmuster inne und nimmt es heraus, »dieses Sommerkleid hat sie für unseren Spanienurlaub gekauft. Patsy meinte, die Spanier wären so viel exotischer als wir, und deshalb müsse sie mal etwas Gewagteres tragen.«
    Er wirft das Kleid zu den anderen auf das Bett und geht dann sofort wieder dazu über, die Bügel über die Stange zu schieben, in rasender Eile, wie ein Verrückter. Ein Gefühl von Verzweiflung macht sich in dem Zimmer breit, so stark, dass man sie wie drückende Hitze empfindet. Ich beobachte ihn schweigend, möchte mich entfernen, schaffe es aber nicht, den Blick von ihm zu wenden. Er hat sich in sich selbst zurückgezogen und alles andere vergessen. Es ist fast, als wäre ich nicht mehr mit ihm im Zimmer. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
    »Hat sie Freude an schöner Kleidung gehabt, Harry?«, sage ich leise, eher, um ihn daran zu erinnern, dass ich noch da bin, als aus Neugier.
    Harry schaut mich nicht an, aber seine Hand hält in der Bewegung inne.
    »Nein.« Mit einem Mal wirkt er wie ernüchtert, er dreht sich um, geht zu dem Bett und lässt sich schwer

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