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Die verborgenen Fruechte

Die verborgenen Fruechte

Titel: Die verborgenen Fruechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaïs Nin
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auf Reisen. Dein Gesicht ist so anders, dein Gang, deine Art… Du erinnerst mich an das Mädchen, das ich in Fez malen wollte. Ich habe sie nur einmal gesehen – schlafend. Aber ich habe immer davon geträumt, sie zu wecken, wie ich dich geweckt habe.«
    »Und ich habe immer davon geträumt, mit einer solchen Liebkosung geweckt zu werden«, entgegnete ich.
    »Wärest du wach gewesen, ich hätte es nicht gewagt.«
    »Du, der Abenteurer, der mit einer Wilden zusammengelebt hat?«
    »Ich habe gar nicht richtig mit ihr zusammengelebt. Das war mein Freund. Aber er redete immer davon, deswegen erzähle ich es stets so, als wäre es mir passiert. In Wirklichkeit bin ich Frauen gegenüber schüchtern. Ich kann Männer niederschlagen, mich prügeln, mich betrinken, aber Frauen schüchtern mich ein, sogar Huren. Sie lachen mich aus. Aber dies ist genauso geschehen, wie ich es immer geplant hatte.«
    »Nur werde ich in zehn Tagen wieder in New York sein«, sagte ich lachend.
    »In zehn Tagen werde ich dich nach Hause fahren, wenn's unbedingt sein muß. Bis dahin bleibst du meine Gefangene.«
    Zehn Tage lang arbeiteten wir draußen im Freien, lagen wir in der Sonne. Die Sonne wärmte meinen Körper, während Reynolds wartete, bis ich die Augen schloß. Manchmal tat ich, als wünschte ich mir, er täte mehr. Ich dachte, wenn ich die Augen zumachte, würde er mich nehmen. Es gefiel mir, wie er auf mich zukam, lautlos wie ein Jäger, und sich an meine Seite legte. Dann berührte er mich ganz leicht, als wolle er mich nicht wecken – bis ich feucht wurde. Seine Finger wurden drängender. Wir preßten die Lippen aufeinander, liebkosten uns mit den Zungen. Ich lernte, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Das erregte ihn ungeheuer. Er vergaß all seine Sanftheit und stieß mir seinen Penis in den Mund, bis ich zu ersticken glaubte. Einmal biß ich ihn, tat ihm weh, aber es machte ihm nichts aus. Ich schluckte den weißen Schaum. Als er mich küßte, waren unsere Gesichter davon bedeckt. Der herrliche Geruch des Sex haftete an meinen Fingern. Ich mochte mir nicht die Hände waschen.
    Ich spürte, daß ein magnetischer Strom uns verband, zugleich aber, daß wir darüber hinaus nichts gemeinsam hatten. Reynolds hatte versprochen, mich nach New York zurückzubringen. Er konnte nicht länger auf dem Land bleiben. Und ich mußte mir Arbeit suchen.
    Auf der Heimfahrt hielt Reynolds den Wagen an, und wir legten uns im Wald auf eine Decke, um auszuruhen. Wir liebkosten uns. »Bist du glücklich?« fragte er.
    »Ja.«
    »Könntest du glücklich bleiben, so, wie alles jetzt ist? Wie es mit uns steht?«
    »Warum, Reynolds? Was ist los?«
    »Hör zu, ich liebe dich. Das weißt du. Aber ich kann dich nicht nehmen. Das habe ich einmal bei einem jungen Mädchen getan; sie wurde schwanger und ließ eine Abtreibung machen. Sie ist verblutet. Seitdem habe ich keine Frau mehr nehmen können. Ich habe Angst. Wenn dir das gleiche passieren sollte, würde ich mich umbringen.«
    An derlei Dinge hatte ich nie gedacht. Ich schwieg. Wir küßten uns lange. Zum erstenmal küßte er mich zwischen den Beinen, statt mich zu liebkosen, küßte mich, bis ich den Orgasmus verspürte. Wir waren glücklich. »Diese kleine Wunde, die die Frauen haben… Sie flößt mir Angst ein«, sagte er.
    In New York war es heiß, und die Künstler waren noch alle fort. Ich stand ohne Arbeit da. Deswegen begann ich, in Modegeschäften Kleider vorzuführen. Diese Art Arbeit war leicht zu bekommen, doch wenn man von mir verlangte, ich solle abends mit den Einkäufern ausgehen, weigerte ich mich und verlor die Stelle. Schließlich landete ich bei einer großen Firma in der Nähe der Thirty-fourth Street, die sechs Mannequins beschäftigte. Das Gebäude war furchteinflößend und grau. Es gab lange Reihen von Kleidern und ein paar Bänke, auf denen wir sitzen konnten. Wir warteten im Unterrock, immer bereit, uns möglichst schnell umzuziehen. Wenn unsere Nummer aufgerufen wurde, halfen wir uns gegenseitig beim Ankleiden.
    Die drei Männer, die die Kleiderentwürfe verkauften, versuchten oft, uns anzufassen, zu kneifen. Abwechselnd blieben wir während der Mittagspause dort. Meine größte Angst war, mit dem Mann allein gelassen zu werden, der sich am hartnäckigsten erwies.
    Einmal, als Stephen anrief und fragte, ob wir uns am Abend treffen könnten, trat der Mann hinter mich, schob die Hand in meinen Unterrock und betastete meine Brüste. Da ich nicht wußte, was ich sonst tun sollte,

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