Die verborgenen Fruechte
wir beide den Mantel an.
Miriams Augen sind strahlend, tief. Paul läßt uns für eine Weile allein, und wir verschwinden in der Damentoilette. Diesmal küßt mich Miriam voll auf den Mund. Wir machen uns zurecht und kehren an den Tisch zurück.
Hilda und Rango
Hilda war ein schönes Pariser Malermodell, das sich unsterblich in einen amerikanischen Schriftsteller verliebte, dessen Werke so leidenschaftlich und sinnlich waren, daß sich die Frauen sofort zu ihm hingezogen fühlten. Sie schrieben ihm Briefe oder versuchten, über Freunde seine Bekanntschaft zu machen. Jene, denen es gelang, ihn kennenzulernen, waren erstaunt über seine Sanftmut.
Hilda war es genauso ergangen. Als sie merkte, daß er teilnahmslos blieb, begann sie ihn zu umwerben. Erst nachdem sie die Initiative ergriffen, ihn liebkost und seine Hose geöffnet hatte, erwachte er und begann sie zu lieben, wie sie es erwartet hatte. Doch jedesmal mußte sie wieder von vorn anfangen. Zuerst mußte sie ihn irgendwie reizen – ein loses Strumpfband befestigen, von einem Erlebnis in der Vergangenheit erzählen oder über seine Erlebnisse plaudern, sich auf die Couch legen, den Kopf zurückwerfen und, sich streckend wie eine große Katze, die Brüste emporrecken. Dann setzte sie sich auf seinen Schoß, bot ihm ihren Mund, öffnete seine Hose und brachte ihn in Erregung.
Sie lebten mehrere Jahre lang in tiefer Zuneigung zusammen. Sie gewöhnte sich an seinen Sexualrhythmus. Er lag jeweils wartend da und genoß. Sie lernte, aktiv, zupackend zu sein, litt aber darunter, weil sie im Grunde äußerst feminin war. Tief innen war sie überzeugt, daß eine Frau ihren Trieb mühelos unterdrücken könne, ein Mann aber nicht, ja, daß es ihm sogar schade, wenn er es versuche. Sie war der Ansicht, eine Frau sei dazu bestimmt, auf das Verlangen des Mannes zu reagieren. Sie hatte es gern, wenn sie umworben wurde, wenn der Mann die Initiative ergriff. Schon immer träumte sie von Gewaltsamkeit, von Aggressivität, von Vergewaltigung. Es war ihr Traum, einen Mann zu haben, der sie zwang, ihm zu Willen zu sein, der sie sexuell beherrschte und führte.
Sie war diesem Mann gefällig, weil sie ihn liebte. Sie lernte, seinen Penis zu nehmen und ihn zu berühren, bis er erregt war, seinen Mund zu suchen und seine Zunge zu küssen, sich mit dem ganzen Körper an ihn zu schmiegen, ihn zu stimulieren. Manchmal legten sie sich hin und plauderten. Sie legte ihre Hand auf seinen Penis und fand, daß er hart war.
Dennoch machte er keine Bewegung auf sie zu. Langsam gewöhnte sie sich daran, ihren eigenen Wünschen, ihren eigenen Stimmungen Ausdruck zu verleihen. Sie verlor ihre Zurückhaltung, ihre Scheu. Eines Abends bei einer Party auf dem Montparnasse lernte sie einen mexikanischen Maler kennen, einen gewaltigen, dunklen Mann mit schweren, kohlschwarzen Augen, Brauen und Haaren. Er war betrunken. Sie sollte noch feststellen, daß er fast immer betrunken war. Ihr Anblick jedoch versetzte ihm einen tiefen Schock. Er raffte sich aus seiner unsicheren, taumelnden Haltung auf und stand vor ihr wie ein riesiger Löwe, der einem Raubtierbändiger ins Auge sieht. Irgend etwas an ihr bewirkte, daß er ganz still stand und versuchte, nüchtern zu wirken, sich aus dem Nebel, dem Dunst, in dem er ständig lebte, zu befreien. Irgend etwas an ihrem Gesicht bewirkte, daß er sich seiner vernachlässigten Kleidung, der Farbreste unter seinen Fingernägeln, seiner ungekämmten schwarzen Haare schämte. Sie andererseits war betroffen von diesem Bild eines Dämonen, jenes Dämons, den sie hinter dem Werk des amerikanischen Schriftstellers vergebens zu finden geglaubt hatte.
Er war riesig, ruhelos, destruktiv, liebte niemanden, fühlte sich niemandem und nichts verbunden, ein Tramp, ein Abenteurer. Er malte in den Ateliers seiner Freunde, mit geborgter Leinwand und Farbe, ließ seine Arbeit bei ihnen zurück und ging wieder davon. Zumeist lebte er bei den Zigeunern am Stadtrand von Paris. Er teilte ihr Leben in den Zigeunerwagen und zog mit ihnen durch ganz Frankreich. Er respektierte ihre Gesetze, bändelte mit keiner Zigeunerin an, spielte, wenn sie Geld brauchten, zusammen mit ihnen in Nigthclubs Gitarre und aß mit von ihren Mahlzeiten – die nicht selten aus gestohlenen Hühnern bestanden.
Als er Hilda kennenlernte, hatte er unmittelbar vor einem der Pariser Stadttore, in der Nähe der alten Barrikaden, die langsam zerfielen, seinen eigenen Zigeunerwagen stehen. Der Wagen war Eigentum
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