Die Verborgenen
abgetrennte Hand nahm Gestalt an, wie erstarrt in einer Wolke aus rotem Blut. Rex zeichnete mit seiner rechten Hand. Mit seiner Linken griff er nach unten, zog den Reißverschluss seiner Hose auf und schob die Hand unter den Stoff.
Das würde seine bislang beste Zeichnung werden. Seine beste Zeichnung überhaupt .
Die Augenblicke vergingen, und die Zeit verschwand. Rex sah nichts mehr außer den Linien, die noch zu zeichnen waren, und den Umrissen, die er gestalten musste.
Seine Zimmertür öffnete sich, und er wurde aus seiner Trance gerissen.
Rex riss den Kopf hoch.
Da stand Roberta. Sie hatte bereits den Gürtel in der Hand. Ihr Blick glitt nach unten, sie runzelte die Stirn. Auch Rex sah nach unten. Sein kleiner, harter Schwanz lag in seiner Hand.
O nein.
»Die Schule hat mich angerufen«, sagte Roberta. Sie kam in sein Zimmer und warf die Tür mit einem Knall hinter sich zu.
Rex saß in der Falle.
»Sie haben gesagt, dass du die Schule geschwänzt hast. Schon wieder. Also bin ich gekommen, um dich eines Besseren zu belehren, und was sehe ich? Ich sehe, dass du ein bö s er Junge bist. Ein schmutziger, böser Junge, der an sich herumspielt.«
»Aber Mom, ich …«
» Nenn mich nicht Mom! Du bist nicht mein Sohn, du böses, böses Ding!«
Rex sah wieder nach unten und begann, den Reißverschluss hochzuziehen, als er ein klatschendes Geräusch hörte und ein Brennen auf seiner linken Wange spürte. Überrascht schnappte er nach Luft. Er legte die Hand auf sein Gesicht. Die Haut tat weh.
»So muss es sein«, sagte Roberta. Der Gürtel baumelte von ihrer rechten Hand. »Ich werde dir beibringen, was es heißt, in meinem Haus ein schmutziger, sündiger Junge zu sein.«
Wieder schoss der Gürtel nach vorn. Rex duckte sich, stolperte jedoch über seinen Schreibtischhocker. Er und der Hocker stürzten zu Boden. Sein Hinterkopf schlug mit einem dumpfen Krachen auf den Boden.
»Versuch nicht, mir auszuweichen, du Sünder! Du wirst ertragen, was du dir selbst eingebrockt hast!«
Er versuchte aufzustehen, doch seine Arme und Beine bewegten sich wie in Zeitlupe.
Das klatschende Geräusch auf seiner Stirn. Dann auf seiner Nase. Er hob die Arme vor das Gesicht.
»Schmutzig!«
Das Klatschen auf seiner Schulter. Ein tiefes Brennen.
»Böse!«
Rex packte den umgekippten Hocker und versuchte, sich mit seiner Hilfe hochzurappeln.
Das Klatschen auf seinem Rücken. Der Schmerz wie ein einschlagender Blitz. So heftig, dass er aufschrie.
»Ich werde dir deine Lektion schon beibringen, du wertloses kleines …«
Rex stand auf und schwang etwas herum – beides gleichzeitig und so schnell, dass er selbst nicht begriff, was er tat. Ein Geräusch erklang, als würde ein Softball von einem Schläger abprallen, und dann hörte Rex, wie etwas zu Boden krachte.
Rex blinzelte die Tränen weg. Dann öffnete er die Augen. Er hielt den Hocker unten an einem der Beine. An der abgerundeten Sitzfläche war … Blut.
Und auf dem Boden Roberta. Sie bewegte sich langsam, als sei sie betrunken. Sie blutete aus ihrer rechten Wange. Ihr Blick war glasig und unkonzentriert.
In der Hand hielt sie noch immer den Gürtel.
»Bö… se«, sagte sie. »Ich hol den … Kochlöffel …«
Dieses Mitleid erregende Ding war die Frau, die ihn so oft geschlagen hatte? Warum hatte er das nur zugelassen? Aus demselben Grund, aus dem er zugelassen hatte, dass die BoyCo sein Leben ruinierte: weil er ein Feigling gewesen war, weil er Angst gehabt hatte.
Aber Rex war nicht länger schwach.
»Du bist eine Tyrannin«, sagte er leise. »Ich hasse dich.«
Sie wölbte die Lippen vor und atmete mit einem leichten Zi schen aus, wie jemand, der versucht, sich eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht zu blasen. Einige Tropfen Blut spritzten von ihren Lippen. Sie versuchte sich aufzusetzen.
Sie kam nicht weit, denn schon hatte Rex einen Fuß auf ihre Brust gestellt und sie nach hinten gedrückt, sodass sie wieder auf dem Rücken landete. Er beugte sich vor und riss ihr den Gürtel aus der Hand.
Roberta blinzelte. Ihr glasiger Blick verschwand. Sie sah zu ihm hoch, die Augen voller Wut, griff nach seinem Bein und versuchte, es wegzuschieben.
Sein Bein rührte sich nicht von der Stelle. Wie hatte er sie früher nur für stark halten können? Ihre Hände und Arme waren so schwach, dass sie nicht das Geringste gegen ihn ausrichten konnten.
»Lass mich los!« Sie grub ihre Fingernägel in seine Wade.
Diesmal sah Rex den Schmerz kommen. Er ließ ihn zu und
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