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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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um seinen grünen Umhang flattern zu lassen. Schon lange waren seine Ohren daran gewöhnt, die normalen Stadtgeräusche auszublenden. Die einzigen Dinge, die er wirklich hörte – Dinge, auf die er ganz bewusst lauschte –, waren Schüsse, Schreie und manchmal ein gewisses Dröhnen.
    Unter ihm befand sich Rex Deprovdechuks Haus. Absperrband der Polizei versiegelte die Tür. Würde der Junge zurückkehren? Das war völlig offen, aber wo hätte er sonst nach ihm suchen sollen? Rex war genauso verschwunden wie Alex Panos.
    Alex’ Wohnung zu beobachten, hatte sich ausgezahlt. Alex war nach Hause gekommen. Das Ergebnis? Ein weiteres totes Mitglied von Maries Kindern. Auch Issac war auf dem Dach gestorben, aber so liefen die Dinge nun einmal.
    Irgendwann stirbt jeder.
    Unter dem schweren Umhang fühlte er das Summen seines Pagers. Das Haus. Er musste keinen Blick auf den Pager werfen, um das zu wissen.
    Rasch und fast automatisch tastete er sich ab: der Bogen eng anliegend auf seinem Rücken; der Köcher gesichert, alle zehn Pfeile an Ort und Stelle; die Pistole Marke Fabrique Nationale, Kaliber 5.7 Millimeter, sicher in ihrem Holster an seinem linken Oberschenkel; vier geladene Magazine zu je zwanzig Schuss in seinem Kreuz; das mit einer Silberschicht überzogene Ka-Bar-Kampfmesser in der Scheide an seinem rechten Oberschenkel; und die Mini-Granaten im Munitionsgürtel über seiner Brust – zwei mit Erschütterungszünder, zwei Thermitgranaten, zwei Schrapnellgranaten.
    Es war schon sehr lange her, seit er Besucher gehabt hatte. Er musste nach Hause, damit sie in den Genuss seiner Gastfreundschaft kamen.
    Bryan stand am unteren Ende der Kellertreppe. Er war nicht sicher, ob er sich bewegen konnte. Jedes Atom seines Körpers schrie, er sollte innehalten. Seine Träume, in denen er Menschen umgebracht und gegessen hatte, waren schlimm gewesen, vielleicht das Schlimmste, was er je erlebt hatte.
    Doch das waren nur Träume.
    Der Traum, über den Boden geschleift zu werden … in genau diesen Keller geschleift zu werden. Verletzt, verwundet, voller Angst, blutend – von einem Monster in diesen Keller geschleift.
    Ein Monster, das hier unten sein konnte. Lauernd.
    Nein, das Monster war weggegangen. Bryan hatte selbst gesehen, wie es weggegangen war.
    Aber wann würde es zurückkehren?
    Die Alarmanlage war hier unten nicht so laut. Der Strahl seiner Taschenlampe hüpfte durch die Dunkelheit und erleuchtete einen schimmernden Holzboden, ein Deckenfries und sogar einen offenen Kamin. Der längliche Raum wirkte wie ein Ballsaal aus vergangenen Tagen.
    Am anderen Ende des Saals entdeckte er eine Tür. Buchstaben, die in ein kleines Messingschild eingraviert waren, verkündeten: SPIELZIMMER .
    Bryan ging auf die Tür zu.
    Pookie musste sich beeilen, das wusste er, aber er konnte sich einfach nicht abwenden. Er brauchte ein paar Sekunden, um seine Umgebung in sich aufzunehmen. Alles, worauf das Licht seiner Taschenlampe fiel, roch nach Geld. Geld aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende. Das Innere des Hauses wirkte, als stammte es aus einem Film über die große Zeit der Holzfällerbarone, der Goldbarone, der Was-auch-immer-Barone. Damals hatten diese Männer solche Gebäude für ihre Frauen und Töchter errichtet. Sie wollten die Stadt beeindrucken oder auch einfach nur jedermann wissen lassen, wie reich sie waren. Pookie befand sich an einem Ort, der als das 19.-Jahrhundert-Äquivalent eines roten Sportwagens gelten konnte.
    Zu seiner Rechten erhob sich eine wuchtige Treppe. Zu seiner Linken schimmerte etwas durch einen breiten offenen Türbogen. Pookie ging hindurch. Im Zimmer befand sich ein offener Marmorkamin, der von zwei kniehohen Sphingen aus Messing bewacht wurde. Ein ersterbendes Kohlefeuer verbreitete ein schwaches, flackerndes Licht. Im Strahl seiner Taschenlampe erschien eine unendliche Fülle wertvoller Dinge: ein funkelnder Kristallleuchter; Wandverkleidungen aus poliertem Rotholz mit handgefertigten Leisten; Marmorböden mit eingelegten Granitpartien und dünnen Goldstreifen; schimmernde Zierteile aus Messing; Bilder in reich geschmückten Rahmen, die die Gesichter unheimlich aussehender wohlhabender Menschen zeigten.
    Draußen hörte Pookie das unverwechselbare Dröhnen einer sich nähernden Harley, ein immer deutlicherer Dopplereffekt, der jedoch nicht einfach abbrach, denn die Maschine blieb noch eine Weile im Leerlauf, bis der Motor schließlich stoppte. Pookie klemmte sich die Taschenlampe unter den

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