Die Verborgenen
es Rich vorkam, als stünde er in einem tiefen Wald. Manchmal war es schwierig, sich in Erinnerung zu rufen, dass der Golden Gate Park nichts weiter war als ein breiter grüner Streifen inmitten einer Großstadt, denn von hier aus konnte man kein einziges Gebäude und nur wenige Lichter sehen; die Geräusche der Zivilisation waren hier kaum mehr als ein gedämpftes Summen.
»Tut mir leid«, sagte Zou. »Der Hand-Werker hat schon wieder zugeschlagen. Es ist ziemlich schlimm.«
Amy Zou, der Fels in der Brandung, ließ sich von einem dritten Tatort des Hand-Werkers so sehr erschüttern? Rich konnte sich kaum vorstellen, wie gewaltig das Blutbad sein musste, damit so etwas geschah. »So schlimm?«
»Ja«, sagte sie. »Ist Doktor Metz noch da?«
»Ja. Er ist fast fertig. Robertson hat sich allerdings nicht dazu herabgelassen, hier aufzutauchen.«
»Ich habe Sean gebeten, hierherzukommen«, sagte sie. »Und ich brauche dich und Metz ebenfalls. Fort Mason Tunnel. Komm so schnell du kannst.«
Wieder räusperte sich Amy. Es hörte sich an, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Soweit Rich wusste, hatte Amy nicht mehr geweint, seit sie vor fast drei Jahrzehnten die beiden halb aufgegessenen Kinder im Golden Gate Park gefunden hatten. Aber diese ganze Scheiße … das alles war einfach zu viel. Rich schloss die Augen und sah, was er seit einiger Zeit immer wieder sah, wenn er das tat: Vor seinem geistigen Auge bohrte sich ein Beil durch Bobby Pigeons Schulter und seine Rippen; das Gesicht seines jungen Partners drückte nichts als Angst aus.
»Chief, ich glaube, diesmal muss ich passen. Ich packe das nicht mehr.«
Sie schwieg. Er kam sich wie ein Stück Scheiße vor. Sie hatte sich immer auf ihn verlassen. Und das immer zu Recht. Aber jetzt war er ausgebrannt. Er konnte sich einfach nicht noch eine verstümmelte Leiche ansehen.
»Rich, ich brauche dich hier.«
Er sah zu Boden und schüttelte den Kopf. Sie musste jemand anderen finden. »Ich kann nicht, Amy. Ich kann nicht.«
Sie hustete. Und sie weinte tatsächlich .
»Nur noch dieses eine Mal, Rich. Ich verspreche es. Bitte. Tu mir diesen letzten Gefallen.«
Üblicherweise gab Amy Zou Anweisungen, und die Leute befolgten sie. Sie bat nur selten um etwas. Sie musste ebenso fertig sein wie er.
»Okay«, sagte er. »Wir sind unterwegs.«
Er beendete die Verbindung.
Doktor Metz kam unter der Plane hervor. Er nickte Rich zu.
»Wir sind hier fertig«, sagte Metz. »Das Übliche. Ich schaffe die beiden in die Gerichtsmedizin und mache mich an die Arbeit.«
»Die Pläne haben sich geändert«, sagte Rich. »Wir fahren zum Mason Tunnel.«
Wie man sich eine Kugel einfängt
» L assen Sie mich gehen«, sagte Aggie.
»Zum letzten Mal, halten Sie endlich die Schnauze.« Bryan schob Aggie aus der Klinik und über den Parkplatz. »Ich versuche, dafür zu sorgen, dass Sie am Leben bleiben.«
»Aber ich brauche dieses Baby.«
Weil Aggie Bryan in eine andere Richtung zerren wollte, quetschte Bryan den Ellbogen des Mannes, wenn auch nur ein klein wenig.
Aggies Augen wurden immer größer. Er sah aus, als wäre ihm gerade etwas klar geworden über Bryan, etwas Beängstigendes und Entsetzliches.
»Bringen Sie mich nicht wieder zurück«, sagte Aggie. »Ich schwöre bei Gott, dass ich alles schaffen werde.«
Bryan wollte dem Mann eine Million Fragen stellen, doch er hatte keine Zeit. »Wo auch immer dieses Zurück liegen mag, ich bringe Sie nicht dorthin. Aber Sie können darauf wetten, dass wir uns später darüber unterhalten werden. Und jetzt halten Sie die Klappe und gehen Sie weiter.«
Bryan sah den schwarzen Dodge Magnum der Jessups am Rand des Parkplatzes stehen. Adam und Alder warteten daneben. Sie schienen aufgeregt zu sein. Adam erkannte Bryan und winkte ihn rasch zu sich.
Während Bryan den Parkplatz überquerte, zog er sein Handy aus der Tasche und gab Robins Nummer ein. Es war genau zwei Uhr nachts. Er erwartete, dass es ein paarmal klingeln würde, doch sie meldete sich sofort.
»Hallo, mein Hübscher.«
»Warum bist du noch wach?«
»Chief Zou hat angerufen«, sagte sie. »Sie braucht mich. Ich soll Doktor Metz an einem Tatort helfen.«
Bryan blieb stehen. Sein fester Griff um Aggies Ellbogen sorgte dafür, dass auch Aggie nicht mehr weiterging. »Fort Mason Tunnel?«
»Hmm«, sagte sie. »Ich bringe Emma gerade zu Max rüber, dann fahre ich los.«
Adam konnte sich nicht länger gedulden. Er rannte los.
»Bleib dran, Robin«, sagte Bryan. Er
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