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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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Traumerinnerungen erfüllten sein Denken, Visionen gewannen Konturen und zeigten, wie Oscar ins Gesicht geschlagen und zu Boden geschleudert wurde; wie jemand auf seine Brust trat, seinen Arm packte und so lange daran riss, bis ein gedämpftes Knirschen zu hören war und sich der Arm aus dem Gelenk löste.
    Rex spürte, wie sich sein Penis in seiner Hose ein wenig versteifte.
    Mein Traum … Ich habe das getan. Ich habe dafür gesorgt , dass er stirbt.
    Überall in seinem Körper spürte Rex seinen Puls hämmern. Sein Gesicht fühlte sich heiß an. Er packte die Öffnung der Zeitungsbox und zog. Das Schloss rasselte nur ein wenig. Er kramte in seinen Taschen, doch er hatte kein Kleingeld. Er hatte überhaupt kein Geld. Fast panisch hielt sein Blick nach einem der scheinbar allgegenwärtigen Penner Ausschau. Er musste nicht lange suchen. Ein alter Mann mit schmutzigem Bart und noch schmutzigeren Kleidern kniete vor den Zementstufen, die in den Pourtsmouth Square Park führten. Mit gesenktem Kopf hielt er die zu einer Schale geformten Hände auf Brusthöhe vor sich und wartete auf Menschen, die vorübergingen.
    Rex sprintete zu ihm.
    »Gib mir dein Kleingeld«, sagte Rex. »Sofort.«
    Der Penner ignorierte ihn.
    »Ich habe gesagt, gib mir dein Kleingeld!« Rex holte mit dem rechten Bein aus und trat zu. Sein Turnschuh krachte gegen die Rippen des Penners. Der alte Mann schrie auf. Was für ein Weichei. Rex hatte gar nicht besonders hart zugetreten.
    Der Penner fiel auf die Seite, sein Gesicht war schmerzverzerrt. »Ohmeingott, ohmeingott, du hast mir die Rippen gebrochen.«
    Rex beugte sich vor, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von der Nase des Penners entfernt war und er den Atem des Mannes riechen konnte, der nach Alkohol und Verfall stank.
    »Gib’s mir. Sofort, du Arschloch. Oder ich schlitze dich auf.«
    Der Penner kauerte sich zusammen und versuchte, die Arme zu heben, um sich zu schützen, doch wieder zog sich sein Gesicht zusammen, und seine Hände zuckten zur Seite – dorthin, wohin Rex ihn getreten hatte.
    »Bitte, Boss, tu mir nicht weh!«
    Rex fühlte sich wie berauscht. Dieser Mann, dieser Erwachsene , hatte entsetzliche Angst. Rex’ Penis wurde immer härter und begann zu pochen.
    »Hey!«
    Die Stimme kam von der Straße hinter ihm. Rex sah auf. Etwa einen Block entfernt an der Washington Street stand ein großer Mann, dessen mächtiger Bauch sein weißes Unterhemd dehnte. Er hatte einen dichten, schwarzen Bart, der ihm bis auf die Brust hing. Er trug eine grüne John-Deere-Baseballkappe und sah Rex an.
    Sah Rex so merkwürdig an.
    »Hey«, wiederholte der Mann. »Das kannst du nicht machen, wenn Leute zusehen.«
    Rex erstarrte. Noch mehr Visionen. Flackernde Traumbilder, die in ihm nachhallten wie ein geisterhaftes Echo. Er hatte diesen Mann schon einmal gesehen.
    Er hatte diesen Mann in seinem Traum gesehen.
    Rex’ Wut verschwand. Verdammt, was ging hier eigentlich vor? Wie konnte er einen Menschen sehen, der in seinem Traum gewesen war?
    Plötzlich empfand er ein seltsames Gefühl in seiner Brust. Wärme und ein Summen. Es fühlte sich so gut an. Der Mann sah aus wie ein Kinderschänder aus dem Fernsehen, doch das Gefühl in Rex’ Brust zeigte ihm, dass er diesem Fremden vertrauen konnte.
    Der Mann streckte die Hand aus. »Ich werde dir helfen. Komm mit.«
    Rex starrte ihn an. Schließlich schüttelte er den Kopf. Der Mann kam aus derselben Richtung wie Rex. Hatte der Fremde ihn etwa verfolgt?
    Rex wandte sich ab, um wegzurennen. Er blieb nur noch einen kurzen Augenblick stehen, um sein rechtes Bein zu heben und noch einmal nach dem Penner zu treten. Diesmal mitten ins Gesicht. Der Kopf des Penners wurde nach hinten gerissen. Zitternde Hände hoben sich, um einen Mund zu bedecken, aus dem bereits das Blut strömte.
    Blut. Ich habe ihn bluten lassen …
    Rex hakte die Daumen in die Gurte seines Rucksacks ein und sprintete die Washington Street hinab. Er sah ein chinesisches Restaurant, rannte hinein und stürmte an jedem vorbei, der ihm in den Weg trat. Er schlidderte zwischen den Tischen hindurch, entdeckte die Hintertür und stürmte in die Küche. Menschen schrien ihn auf Chinesisch an, eher überrascht als wütend. Nur wenige Augenblicke später fand er eine Tür, die auf die Gasse hinter dem Gebäude führte.
    Er rannte weg vom Restaurant, weg von dem Penner, weg von dem Bärtigen. Die Gefühle, die seinen pochenden Körper und sein pochendes Gehirn erfüllten, waren auf

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