Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
schreien.
Er zuckte zusammen, als er sah, wie der Japaner den Frauen ins Gesicht spuckte, erst Johanna, dann Miti, und sie mit der flachen Hand schlug. Die Frauen begannen zu wimmern. Auf einen Wink ihres Vorgesetzten zogen die Soldaten Miti und Johanna an den Armen aus dem Haus. Paikou bekam es mit der Angst zu tun und ging in Deckung. Er fühlte sich schlecht, weil er den Frauen nicht half. Die Männer schleiften die beiden die Verandastufen hinunter und verschwanden, gefolgt vom Offizier, mit ihren Gefangenen im Dunkel der Nacht.
Paikou horchte, ob es im Haus ruhig war, dann glitt er lautlos auf die Veranda und schnappte sich so viele Bilder aus der kleinen Truhe, wie er nur tragen konnte.
So leise, wie er gekommen war, glitt er in den Dschungel zurück. Als er weit genug vom Haus entfernt war, hielt er nochmals inne und lauschte. Er hörte das Knistern von Feuer. Kuradui brannte. Mitis Haus stand in Flammen! War es seine Schuld? Hatte er nicht genug aufgepasst und die bösen Geister versehentlich hierhergeführt? Dann dachte er an sein Dorf und erneut überkam ihn die Angst. Was, wenn diese gelben Teufel es auf die Tolai abgesehen hätten?
Martin und seine Leute hatten den Dschungel, der Deckung bot, fast erreicht, als das Feuer auf sie eröffnet wurde. Sofort warfen sie sich in den Schlamm und rollten zwischen dem Bambus ins Dickicht. Dann erwiderten sie das Feuer. Eine Granate explodierte hinter ihnen. Obwohl Martin seinen Jungs eingeschärft hatte, in einem solchen Fall am Boden zu bleiben, sprangen einige instinktiv auf, um sich in Sicherheit zu bringen. Maschinengewehrsalven verfolgten sie. Mehrere Aufschreie, dann wurde es totenstill. Martin hörte ein Stöhnen und lief gebückt darauf zu. Plötzlich knickte er selbst zur Seite weg. Seine Augen suchten die Stelle, wo es schmerzte, und als er sie gefunden hatte, drückte er die Faust in die Bauchwunde. Martin biss sich auf die Zähne, um nicht zu schreien. Er konnte nicht mehr tun, als zuzusehen, wie der Regen sein Blut die Böschung hinunterspülte.
Papua-Neuguinea, 2011
A ls Katja das Archiv von Vunapope verlassen hatte, ging sie gleich zum St. Mary’s Hospital hinüber, das direkt gegenüberlag.
Sie bemühte sich um Fassung, obwohl ihr Herz raste, als würde es ihr die Brust sprengen wollen. Freundlich grüßte sie zwei Nonnen, die die Blumenbeete bewässerten, ließ sich sogar auf einen kurzen Plausch übers Wetter ein. Sie zwang sich zu einem Lächeln, dabei presste sie mit verschränkten Armen die Tasche an sich. Die Schwestern beschwerten sich über die Trockenheit, sie hofften in den kommenden Tagen auf einen ordentlichen Regenguss.
Im Krankenhausflur grüßte Katja nur flüchtig und allgemein in die Runde, hastete stattdessen, da sie nun aus Reuters Blickfeld verschwunden war, weiter bis zur Station. Prompt lief sie in Joy hinein, die, einen Stapel Handtücher vor sich hertragend, nur im letzten Moment verhindern konnte, dass dieser zu Boden fiel.
»Passen Sie doch auf, Herrgott noch einmal!« Für eine katholische Krankenschwester fluchte Joy nicht schlecht und ziemlich häufig, das war Katja schon des Öfteren aufgefallen.
»Entschuldigung, tut mir leid. Ich war in Gedanken. Wissen Sie, wo ich den Chef finde?«
Joy raunte etwas Unverständliches, wies dann aber mit dem Kopf zu seinem Büro.
»Wenn ich Sie wäre, würde ich mich verdammt kurzfassen. Christoph steckt bis zum Hals in Berichten, die er bis morgen fertig haben muss.«
Joy schien ihren Sonderstatus als gute Freundin des Chefs auszukosten, wie sie ihre Beziehung zu Lambert umschrieb. Die beiden waren kein offizielles Paar. Warum das so war, verstand Katja nicht. Schließlich wusste jeder im Krankenhaus, dass sie miteinander schliefen. Aber das ging sie eh nichts an. Trotzdem wurmte es sie, dass Joy bei jeder Gelegenheit von Christoph sprach oder mit irgendwelchen Informationen prahlte, die – wie jeder wusste – nur von Lambert höchstpersönlich stammen konnten.
»Danke«, sagte Katja und ließ sie stehen.
Lambert bot ein Bild der Verzweiflung. Patientenakten türmten sich links und rechts von ihm, während er aus einem aufgeschlagenen Ordner Daten in eine Computermaske übertrug. Einzelne Schriftstücke flatterten zu Boden, als Katja die Glastür öffnete.
»Mist, verfluchter!«, zischte er zwischen den Zähnen und schickte sich an aufzustehen, um die versteuten Blätter aufzuheben.
»Sorry! Lassen Sie, ich mach das schon!«, rief sie und klaubte die Papiere
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