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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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der Laut des Sterbens? Wollten sie Wasser, flehten sie um den Gnadenstoß, oder verhöhnten sie gar ihre Peiniger?
    Der zuständige Offizier ging von Bord und marschierte stramm in Richtung Ufer, wobei die Scheide seines Schwertes mit einem schleppenden Geräusch gegen die unebenen Planken stieß. Vier Soldaten mit Gewehren folgten ihm. Schweigend stolzierte er über den schwarzen Sand und machte vor den Wachen halt. Beide Seiten salutierten. Dann wandte er seinen harten Blick den Reihen auf beiden Seiten des Zauns zu. Die Uniform saß tadellos, die Lederstiefel glänzten im grellen Sonnenlicht. Er zupfte an den Spitzen seiner weißen Handschuhe herum, die er trotz der Hitze nicht abgelegt hatte, und warf einen verächtlichen Blick auf die schmutzstarrenden Wachen. Er verlagerte seinen Fokus auf die Gefangenen, denen der Schock der Erkenntnis ins Gesicht geschrieben stand, dass es da draußen etwas gab, was noch weitaus schrecklicher war als ihre tägliche Misere.
    Der Offizier begann, in schrillem Befehlshaberton zu sprechen, der unnötig war. Niemand auf diesem Streifen Sand hätte seine Autorität angezweifelt. Die japanischen Soldaten lauschten mit ernsten, unbewegten Gesichtern. Er sprach auf Englisch, und einer seiner Männer übersetzte mehr schlecht als recht das Gesagte auf Pidgin, damit die Eingeborenen zumindest etwas verstehen konnten. Er sprach von japanischer Gerechtigkeit.
    »Schaut euch diese Männer genau an, ihr Einheimischen von New Ireland und New Britain.« Er drehte sich kurz um und deutete auf die fürchterlich verbrannten Körper, die zwar aufgehört hatten zu zucken, aber noch lebten, wie die Bewegungen ihrer Münder verrieten. »Das sind Australier, eure früheren Herren, die euch zu Sklaven gemacht und geschlagen haben. Sie haben Radios versteckt und brachten Kampfflieger hierher, um japanische Soldaten und unschuldige Zivilisten zu töten. Nun könnt ihr mit eigenen Augen sehen, dass sie nicht länger eure Herren sind. Ihr seid nun Teil des japanischen Reiches, das Wohlstand und Frieden verspricht. Schluss mit der Unterdrückung!«
    Er gab dem Stabsoffizier, der für die Gefängniswärter verantwortlich war, irgendeinen Befehl. Der wiederum gab eine weitere Order an den Stabsunteroffizier, der sich einen seiner Leute schnappte und mit ihm eine der geschlossenen Hütten betrat. Nach einer Weile kam er wieder heraus, zwei taumelnde Burschen in japanischen Uniformen neben sich.
    Der Offizier verschränkte seine Arme hinter dem Rücken und wies mit dem Kinn auf die Sterbenden an den Masten.
    »Alle Dörfer eurer Küste werden diese Australier zu sehen bekommen. Aber ihr werdet auch die Unvoreingenommenheit der japanischen Justiz kennenlernen.« Sein rechter Arm schnellte nach vorne und richtete sich auf die Unglücklichen, die seine Soldaten gerade aus der Hütte gezerrt hatten. »Entgegen des ausdrücklichen Befehls seiner Majestät des Kaisers haben sich diese japanischen Soldaten mit einheimischen Frauen aus New Ireland eingelassen. Dafür müssen sie büßen, und ihr werdet sehen, dass die japanische Rechtsprechung für alle gilt, auch für unsere Soldaten.«
    Auf einen Wink des Offiziers hin wurden die beiden auf einen Grasflecken gezerrt, auf den jeder der Anwesenden gute Sicht hatte. Die Soldaten zwangen sie, niederzuknien, den Kopf vornübergebeugt. Der Offizier zog sein Schwert, und noch bevor die Menge vor Schreck den Atem anhalten konnte, trennte ein kräftiger Hieb den Kopf vom Rumpf. Einen Augenblick später lag der zweite Kopf im Gras. Die kopflosen Körper kippten seitwärts um, zuckten und färbten das Grün des Grases mit ihrem Blut. Die Papua-Frauen schrien und rannten mit erhobenen Händen zurück zu ihren Hütten. Ihren Männern entrang sich ein schmerzlicher Laut, wie von einem gequälten Tier. Eine australische Frau würgte, aber sie war dem Hungertod schon zu nahe, um etwas von sich zu geben. Johanna spürte einen scharfen Schmerz und ließ Phebes Hand los. Die brüchigen Fingernägel der alten Frau hatten blutende Stellen in ihrer Handfläche hinterlassen. Sie drehte sich zu Phebe, aus deren Gesicht alle Farbe gewichen war.
    »Lass uns zur Hütte gehen«, flüsterte sie der Freundin zu, »die Wachen sind zu beschäftigt, um sich um uns zu kümmern. Komm!« Sie zog Phebe mit sich.
    Mit ein paar scharfen Anweisungen war der Offizier zurück auf seinem Boot, die Leichen und ihre Köpfe wurden entsorgt, die Gefangenen zurück in ihre Hütten beordert. Der Anker wurde

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