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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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sagte sie halblaut zu sich selbst und wandte sich zum Gehen.
    »Warten Sie«, hörte sie plötzlich Lambert hinter sich rufen, als sie schon aus der Tür war. Katja zögerte für einen Moment, ob sie umkehren oder einfach weitergehen sollte. Dann seufzte sie und drehte sich um.
    »Ja?«
    Lambert stand in grünem OP-Kittel und Haube im Türrahmen des Hinterzimmers. »Kommen Sie bitte!« Zögerlich folgte Katja der Aufforderung. »Nähen Sie diese Schnittwunde für mich? Nebenan wartet eine Hornhautverletzung.«
    Katja blickte durch die Tür auf den OP-Tisch, auf dem ein junger Mann lag, dessen rechter Oberschenkel aus einer tiefen Wunde blutete.
    »Joy geht Ihnen zur Hand.« Sie schaute Lambert ungläubig an. War seine Frage ernst gemeint?
    Doch Lambert ließ ihr gar keine Zeit für eine Antwort. Er band sich den Mundschutz um und verschwand im Nebenraum, aus dem ein leises Stöhnen drang. Die Krankenschwester warf einen Blick auf den Patienten. Dann drehte sie sich zu Katja um und rang sich zu einem dünnen Lächeln durch.
    »Hallo«, begrüßte sie Katja knapp und wies auf das Waschbecken in der Ecke. Ein weiterer Blick auf das Bein des Mannes überzeugte Katja von der Notwendigkeit, schnell zu handeln. Ohne länger zu überlegen, wusch sie sich die Hände und streifte Kittel und Latexhandschuhe über, die die Schwester für sie bereithielt.
    Eine halbe Stunde später zog Katja sich Haube und Mundschutz vom Kopf, warf die blutverschmierten Handschuhe in den dafür bereitstehenden Eimer, befreite sich vom Kittel und fuhr sich mit dem Unterarm über die feuchte Stirn. Joy schob den versorgten Patienten ins Krankenzimmer zurück. Lambert war nicht wieder aufgetaucht, und Katja linste in den Nebenraum, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte, doch der war mittlerweile verwaist.
    Sie ging zum Waschbecken zurück und drehte den Hahn auf, als sie eine Hand auf der Schulter spürte. Erschrocken fuhr sie herum.
    »Dr. Lambert, Sie haben mich fast zu Tode erschreckt.« Der Arzt lachte und klopfte ihr mit der Hand auf die Schulter.
    »Sollte man gar nicht meinen, dass eine erfahrene Ärztin wie Sie so schreckhaft sein kann.«
    Katja knabberte verlegen an ihrer Unterlippe. Lambert deutete mit dem Daumen Richtung Krankensaal.
    »Unser verletzter Krieger kann Ihnen jedenfalls dankbar sein. Hervorragende Arbeit!«
    Gegen ihren Willen lief Katja dunkelrot an. Verdammt, sie war doch nicht mehr im Praktikum!
    »Danke. Wie lief es mit der Hornhaut?«
    Lambert verschränkte seine Finger und ließ die Gelenke knacken. Katja zog wegen des Geräuschs eine Grimasse, und Lambert ließ die Hände sinken.
    »Sorry – eine dumme Angewohnheit. Die Verletzung ist zu schwer, da war nicht mehr viel zu machen. Nicht mit unseren Mitteln jedenfalls.«
    »Und was geschieht nun mit dem Patienten?«
    »Nichts. Ich hab dem Mann geraten, zu beten, und ihn nach Hause geschickt.«
    »Sie haben was getan?«, fragte Katja ungläubig. Ihr war natürlich bewusst, dass sie sich in einer kirchlich getragenen Klinik befand, aber als Arzt dem Patienten zu raten, sich besser an den lieben Gott zu wenden anstatt ärztlicher Hilfe zu vertrauen, das fiele ihr nicht einmal im Traum ein. Lambert musste ihren Gedankengang erraten haben.
    »Mehr als neunzig Prozent der einheimischen Bevölkerung sind Christen. Da hilft es eigentlich immer, wenn die Patienten das Gefühl haben, mit dem Beten selbst etwas bewirken zu können.«
    »Und das ist alles, was Sie für Ihren Patienten tun konnten?«, fragte Katja mit erhobenen Brauen.
    Lambert zuckte die Schultern.
    »Das ist alles.«
    »Könnten Sie ihn denn nicht in die Hauptstadt fliegen lassen? Dort wird es doch sicherlich eine Augenklinik geben.«
    Der Arzt wirkte ungeduldig, fuhr sich mit der Hand über den verschwitzten Nacken und sah sie ernst an.
    »Hören Sie. Vielleicht hatten Sie noch keine Zeit, um es zu bemerken, aber dies ist nicht Mitteleuropa. Hier ticken die Uhren anders.« Seine Stimme klang schneidend. »Von einem funktionierenden Gesundheitssystem kann in Papua-Neuguinea nicht mal im Ansatz die Rede sein, zumindest nicht auf dem Land. Sie müssen mir schon glauben, dass ich für die Leute hier alles tue, was in meiner Macht steht.«
    Katja schoss das Blut ins Gesicht. Die scharfe Zurechtweisung hatte sie peinlich berührt. Sie kam sich vor wie ein Schulmädchen, das einen einfachen Test verbockt hat. Gleichzeitig ärgerte sie sich, denn immerhin hatte sie Lambert gerade erst aus der Patsche geholfen. Unentgeltlich

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