Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
und auf eigenes Risiko. Wie konnte er sich da erlauben, sie wie eine Idiotin hinzustellen? Sie wollte schon scharf antworten, rief sich aber zur Vernunft. Schließlich war Lambert nicht der erste Kollege, mit dem sie im Lauf ihrer Karriere aneinandergeriet, und er würde ganz sicher nicht der letzte sein. Der Klinikbetrieb – das war noch immer ein Sammelbecken für Machos aller Art. Was sollte sie sich da unnötig über einen mehr aufregen, zumal sie ja gar keine Kollegen waren? Für die Dauer ihres Urlaubs würde sie diesem unangenehmen Zeitgenossen Lambert samt seiner zickigen Krankenschwester einfach aus dem Weg gehen.
»Ich habe nicht im Geringsten an Ihrem Einsatz gezweifelt«, sagte sie endlich und bemühte sich um einen nüchternen Tonfall. Wenn dennoch ein Hauch von Überheblichkeit in ihren Worten mitschwang, sollte ihr das recht sein. Sie wechselte das Thema: »Können Sie mir sagen, wie ich am besten zurück ins Resort komme?«
»Wie? Wollen Sie etwa schon gehen?« Lambert klang erstaunt.
»Ja, wenn Sie nichts dagegen haben.« Sie glaubte nicht, dass Lambert ihren ironischen Unterton herausgehört hatte.
»Ah, der Jetlag! Wie Sie wollen. Sie können unseren Fahrer nehmen, wenn er gerade Zeit hat.«
»Gibt es denn keine andere Möglichkeit? Einen Bus oder ein Taxi?«
»Die öffentlichen Verkehrsmittel würde ich einer Fremden nicht empfehlen. Das gilt auch für die Taxis. Unzuverlässig und mitunter gefährlich. Gehen Sie bis zum Ausgang, der Fahrer sieht Sie dann schon.« Lambert winkte einen Jungen heran, der sich als Besucher vor einem der Krankenbetten zu langweilen schien, drückte ihm eine Münze in die Hand und sagte etwas auf Tok Pisin zu ihm. Der Junge nickte eifrig, sprang auf und rannte davon.
»Das Stationstelefon ist kaputt«, erklärte Lambert. »Der Junge gibt am Empfang Bescheid.«
»Danke.« Katja drehte sich um und trat aus der Tür. Er rief ihr noch ein »Bis morgen!« hinterher. Sie stutzte kurz. Aus irgendeinem Grund nahm Lambert an, sie würde demnächst in der Klinik anfangen. Sollte sie dieses Missverständnis nicht schleunigst ausräumen? Andererseits: Mochte dieser selbstgefällige Kerl doch denken, was er wollte!
Als sie im Bungalow Beach Resort nach ihrem Zimmerschlüssel fragte, gab ihr der Angestellte stattdessen einen Briefumschlag.
»Nachricht vom Pfarrer. Der hat Sie heute ganz schön sitzenlassen, was?« Katja zog die Stirn in Falten und schaute den Rezeptionisten fragend von der Seite an. Woher wusste er von ihrer geplatzten Verabredung, und was kümmerte es ihn überhaupt? Der junge Kerl mit dem wüst vom Kopf abstehenden Haar schien ihren Unmut zu bemerken, denn er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
»Sorry. Das geht mich natürlich überhaupt nichts an«, sagte er in einwandfreiem Englisch.
»Ganz meine Meinung. Wie kommen Sie denn an diese Information?«
»Wie erkläre ich Ihnen das jetzt am besten?« Er kratzte sich noch immer am Kopf. »Wissen Sie, in Kokopo kennt man sich nun mal, und gestern, nachdem Sie in Ihrem Bungalow verschwunden waren, habe ich noch mit dem Pfarrer geplaudert. Über dieses und jenes, Small Talk eben. Dabei hat er mir von seinen Plänen für heute erzählt, und als er dann am Morgen nicht aufgetaucht ist und später diese Nachricht hat abgeben lassen, da hab ich eins und eins zusammengezählt. Das ist alles. War echt dumm, meine Bemerkung von eben. Verzeihen Sie mir?« Er blickte kurz nach links und rechts, schob dann den Oberkörper über den Tresen. »Sie wollen sich doch nicht etwa beim Boss über mich beschweren, oder? Könnte mich um den Job bringen.«
Katja, die gerade dabei war, die Nachricht von Pfarrer Reuter zu lesen, sah vom Brief auf und schaute den jungen Mann, der einfach nicht still sein wollte, etwas genauer an. Ein Schild auf seiner hellblauen Uniformjacke, auf der als Firmenlogo der Umriss eines seltsamen Vogels aufgestickt war, wies ihn als Junior Manager aus. Er hieß Takari und sah sie aus großen Augen an, als hinge sein Leben von ihrer Antwort ab. Sein dunkles Haar, das in den Spitzen blondiert zu sein schien, wippte im Takt seines nervös wackelnden Fußes. Katja steckte die Entschuldigungsnotiz von Reuter in ihre Hosentasche. Eine Auseinandersetzung mit dem Hauspersonal hatte ihr heute gerade noch gefehlt. Sie seufzte laut.
»Nein, ich werde mich nicht über Sie beschweren. Anscheinend werden Sie mich ja morgen zum Friedhof bringen. Ist das richtig, was Reuter da schreibt?« Takari strahlte sie an
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