Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
sind ja kreidebleich.«
»Ich musste mich übergeben. Das ist alles. Es geht mir schon besser.«
»Sind Sie etwa vertiginös?«
Sie hob die Schultern. Sie hatte es zwar schon immer mit Höhenangst zu tun gehabt, der Blick in den Vulkankegel heute Vormittag hatte ihr dies auch wieder bestätigt, aber sie hatte nicht erwartet, dass ihr derlei beim Schnorcheln passieren könnte.
»Hören Sie, es tut mir leid. Ich hätte Sie besser auf den Drop-off vorbereiten müssen.« Lambert wirkte jetzt regelrecht zerknirscht.
»Schon gut. Es geht ja wieder.«
Lambert atmete sichtlich erleichtert auf. Er schüttelte noch immer den Kopf. »Das hätte auch anders ausgehen können. Ich hab fürs Erste genug. Kommen Sie, raus aus dem Wasser! Ich hab noch ein paar Dosen gekühltes Bier im Wagen. Klingt das verlockend?«
Katja wischte sich unwillkürlich mit dem Handrücken über die salzigen Lippen. »Klingt richtig gut.«
Zurück am Strand, besah Katja ihr Knie. Die Verletzung musste wohl von den Korallen herrühren. Lambert kniete sich vor sie hin.
»Das sieht nicht gut aus. Die Korallen haben ziemlich tief ins Fleisch geschnitten. Das kann eine böse Entzündung geben. Am besten, Sie schauen morgen in der Klinik vorbei.«
Katja verzog das Gesicht. Ihr Knie sah tatsächlich übel aus.
»Die Verletzung erklärt wahrscheinlich auch das Auftauchen der Haie«, erklärte Lambert jetzt.
»Dieser Schatten draußen am Riff, das war tatsächlich ein Hai?«
»Einer? Das waren drei, wenn nicht sogar vier. Tigerhaie. Echt aggressive Burschen. Ich will Sie ja nicht noch im Nachhinein verschrecken, aber das war wirklich haarig. Hab ich so noch nie erlebt.«
»Alles eine Frage der Risikoabwägung, richtig?« Katja konnte sich die Bemerkung einfach nicht verkneifen. Und noch während sie sprach, wurde ihr bewusst, dass sie bereits Lamberts sarkastischen Ton angenommen hatte. Dieser musste lächeln.
»Ganz richtig.«
Lambert ging zum Wagen und kehrte mit zwei Dosen Bier und einer Erste-Hilfe-Box zurück.
»Hier. Zuerst die Flüssigkeit.« Er reichte ihr das Bier und kniete sich wieder vor sie hin. Nachdem er die Wunde behandelt hatte, setzte er sich neben ihr in den Sand.
»Danke«, sagte Katja und knackte mit dem Zeigefinger den Aluring nach oben. Kalter Schaum zischte durch die Öffnung. Sie trank einen großen Schluck und behielt die Dose in der Hand.
»Haben Sie jetzt die Nase voll von Papuas Unterwasserwelt?«, fragte Lambert.
»Ganz im Gegenteil. Was ich gesehen habe, war absolut faszinierend.« Katja sah aufs Meer hinaus. Die Dunstschleier hatten sich verzogen. Die Männer in ihren Kanus hatten inzwischen auf der kleineren Insel angelegt und betrachteten den Fang des Fischers.
»Sag ich doch, dass es sich lohnt.« Lambert schaute auf die Uhr. »Wir sollten zurückfahren.«
Lambert half Katja gerade auf, da sahen sie von weitem drei junge Männer, die sich ihnen rasch näherten.
»Stellen Sie sich hinter mich! Sofort!«, befahl Lambert. Erschrocken gehorchte sie. Die Männer schienen es eilig zu haben, die Entfernung schrumpfte zusehends. Katja erkannte, dass es sich um Halbstarke handelte. Sie ähnelten einander. Alle drei waren schlank und trugen alte Jeans und löchrige T-Shirts; ihr drahtiges Haar war raspelkurz. Sie redeten miteinander, doch als sie bei Lambert und ihr angekommen waren, verstummten sie und blieben stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Sofort dachte Katja an Raskols, die gefürchteten Banden, vor denen ihr Vater sie gewarnt hatte und denen ein Menschenleben angeblich nichts bedeutete. Sie blieb ganz dicht hinter Lambert, ihr Puls begann zu rasen.
Lambert sprach die jungen Männer in ihrer Sprache an, und Katja sah sich durch den aggressiven Ton ihrer Antwort darin bestätigt, dass die Lage gefährlich war. Lambert drückte ihr hinter seinem Rücken die Plastikkapsel mit dem Autoschlüssel in die Hand, die er vor einer Weile vom Hals genommen hatte.
»Gehen Sie langsam zum Wagen, und schließen Sie sich ein!«, zischte er ihr zu.
»Und Sie?«, flüsterte sie mit unsicherer Stimme. Alles in ihr sträubte sich dagegen, die Deckung hinter seinem breiten Rücken aufzugeben.
»Ich komm schon zurecht. Hauen Sie schon ab!« Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu. Katja atmete tief ein und nahm all ihren Mut zusammen. Das Herz hämmerte jetzt so hart gegen ihre Brust, dass es schmerzte. Was blieb ihr anderes übrig, als auf Lambert zu vertrauen? Sie nahm all ihren Mut zusammen, drehte sich um und
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