Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
immer mehr. Warum glotzte diese Frau sie nur so an? Plötzlich machte die Alte kehrt und ging davon.
Katja sah Lambert entsetzt an.
»Sind Sie in Ordnung?«
Lambert nickte.
»Und Sie?«
»Ja. Wer war das? Was wollte die Frau?«
»Sie sagt, das war eine Warnung. Und zwar an Sie.«
»Eine Warnung an mich?« Katja schnürte es die Kehle zu. Erst die Schlange, dann der Angriff. Sie hatte Angst.
»Aber warum, was habe ich denn getan?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe, doch es hörte sich so an wie: Deine Familie ist böse. «
Brief des Polizeichefs von Rabaul, Paul Herbert Reicher,
an Emma Kolbe, aus dem Jahre 1910, teilweise unleserlich,
Phebe-Parkinson-Archiv, Archivnummer 043
Hochverehrte Frau Kolbe,
ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass eine junge Person, die sich in Ihrer Obhut befindet, uns Anlass zur Besorgnis gibt. (…)
Kapi Kula, ein sechsjähriger einheimischer Junge, wurde schwer verletzt aufgefunden, an Händen und Füßen gefesselt. Er blutete stark aus tiefen Schnittwunden im Bauch- und Brustbereich. In Anbetracht der Tatsache, dass das Opfer schon eine Weile so gelegen haben muss, grenzt es unserer Einschätzung nach an ein Wunder, dass der Junge diesen brutalen Angriff überhaupt überlebt hat. (…)
Er behauptet, er sei von einem älteren Jungen gefoltert worden, der ihm unter Androhung von Gewalt verboten habe, seine Identität zu offenbaren. Die einzige Information, die wir aus ihm herausgebracht haben, ist, dass der Täter aus einer einflussreichen Familie stammen muss. (…)
Zusammenfassend möchte ich Sie bitten, sämtliche Kinder in Ihrer Obhut angemessener Aufsicht zu unterstellen, damit gewährleistet ist, dass sich ähnliche Vorkommnisse in der Zukunft nicht wiederholen. (…)
Ich möchte Sie außerdem nachdrücklich darauf hinweisen, dass sich der vermeintliche Täter in großer Gefahr befindet. Ich gehe davon aus, dass Sie um das einheimische Gesetz der unmittelbaren Vergeltung wissen. Obwohl ich die betreffende Partei strikt angewiesen habe, jeglichen Gewaltakt zu unterlassen, sehe ich mich außerstande, zu garantieren, dass meiner Anweisung Folge geleistet wird.
Hochachtungsvoll
Paul Herbert Reicher
Polizeimeister des deutschen Schutzgebietes zu Neuguinea
Papua-Neuguinea, Juli 2010
N ach dem Überfall der drei jungen Raskols am Strand hatten Lambert und Katja den Angriff auf der Polizeistation gemeldet, was mehr Zeit in Anspruch nahm, als Katja gehofft hatte. Danach brachte Lambert sie auf ihre Bitte hin sofort zurück ins Resort. Sein Angebot, vorher ihr Knie im Krankenhaus ordentlich zu versorgen, hatte sie abgelehnt. Sie wollte endlich an einem Ort sein, über den sie Kontrolle hatte. In ihrem Bungalow konnte sie zumindest entscheiden, wen sie sehen wollte, und notfalls die Rezeption um Hilfe bitten, wenn ihr jemand in ihrer Nähe verdächtig erschien. Ihr war bewusst, dass sie sich auch dort nicht an einem sicheren Ort befand, aber sicherer als im Krankenhaus war es im Resort allemal.
Der Schock über den Vorfall saß ihr tief in den Knochen. Sie begriff noch immer nicht so recht, was ihr da gerade passiert war. Die Polizei war in dieser Hinsicht auch keine Hilfe gewesen. Deren Verbrecheralbum hatte nichts hergegeben. Sie wollte nur noch zurück nach Deutschland und hatte vor, sich gleich um einen vorzeitigen Rückflug zu kümmern.
Lambert trug ihren Rucksack, den rechten Arm hatte er um Katjas Hüfte gelegt, um sie auf dem Weg vom Auto zur Rezeption zu stützen. Das Knie war mittlerweile so angeschwollen, dass sie es nicht mehr belasten konnte. Takari stand hinter dem Tresen, von ihnen abgewandt, und legte gerade verärgert das Telefon auf seine Station zurück, als Katja ihn ansprach.
»Takari, ich müsste Sie um einen Gefallen bitten.« Er zuckte zusammen, als er Katjas Stimme hörte, und fasste sich theatralisch ans Herz.
» Jesus, Miss. Sie hätten mich fast zu Tode erschreckt.« Katja machte eine entschuldigende Geste in seine Richtung.
»Womit kann ich dienen?« Takari lehnte sich beflissen nach vorne. Sein Lächeln erstarb, als er sie genauer ansah. »Was ist denn mit Ihnen passiert?« Katja warf einen Blick auf Lambert und sah dann an ihnen beiden herunter. Lambert sah am übelsten aus. Die Verbrecher hatten ihm während des Kampfs das Hemd zerrissen. An der Seite schimmerten blaue Flecken durch, die von den Fußtritten der Angreifer stammten. Abgesehen von ihrer Tauchverletzung am Knie, war Katja mit einer
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