Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
die Administrative manchmal selbst.
»Da sind Sie hier richtig. Kommen Sie, ich bringe Sie zu ihnen.«
»Ich glaube nicht, dass dies nötig ist. Wir kennen uns auf Gunantambu recht gut aus«, antwortete die gutaussehende Deutsche schnippisch.
Hunter hob verwundert die Brauen, hielt sich aber mit einem Kommentar zurück. »Ich muss Sie trotzdem begleiten. Dienstvorschrift. Bitte folgen Sie mir.« Sein Ton war freundlich, aber bestimmt.
Die Frauen wechselten einen Blick, rafften ihre Röcke und stiegen hinter ihm die Stufen hoch. Sie folgten Hunter durch die hohe Eingangstür, die in den Salon führte. Am großen Esstisch saß ein halbes Dutzend australischer Militärbeamter, die Hemdsärmel bis zu den Oberarmen aufgekrempelt, die Jacken hingen über den Stuhllehnen. Hunter führte die Damen zu Lieutenant Colonel Robbins, der im Aufstehen sein Hemd in Ordnung brachte und sich die Jacke überzog. Er ging allerdings nicht so weit, sie zuzuknöpfen. Der Colonel streckte die Hand aus, doch Johanna ergriff sie nicht.
»Colonel, wir sind empört und legen aufs entschiedenste Widerspruch ein!«
»Widerspruch? Wogegen?«
»Das fragen Sie noch?« Sie wies mit der Hand in den Raum. »Gunantambu. Was tun Sie hier? Sie haben kein Recht, sich die Villa anzueignen. Sie gehört der Hamburgischen Südsee-Aktiengesellschaft.« Sie drehte sich zu Phebe um. »Zeig ihm die Papiere, die Emma dir gegeben hat.« Phebe reichte ihr einen Satz Dokumente, die Johanna dem Colonel entgegenstreckte. Doch der legte nur den Kopf schief und steckte seine Hände in die Hosentaschen.
»Tut mir leid, da irren Sie sich. Die HASAG ist von der Australischen Enteignungsgesellschaft übernommen worden.«
»Ach, übernommen nennen Sie das? Ich nenne das Diebstahl.«
»Ganz so einfach ist diese Sache nun wirklich nicht.« Der Colonel ignorierte Johanna und wandte sich an Phebe, die noch immer schweigend neben ihnen stand.
»Frau Parkinson, ich hätte Sie ohnehin in den nächsten Tagen besucht, um mit Ihnen zu reden. Aber da Sie nun schon einmal hier sind …« Er nahm die Hände aus den Taschen, umrundete den Tisch und blieb unmittelbar vor Phebe stehen. Diese sah den Colonel aus angsterfüllten Augen an.
»Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Die HASAG ist enteignet, und deren Bücher beweisen eindeutig, dass auch Kuradui in ihrem Besitz war.«
Johanna fasste Phebe, die zu erschrocken war, um zu sprechen, am Arm und tat einen Schritt auf den Colonel zu.
»Und was soll das heißen?«
»Das heißt, dass Kuradui mit sofortiger Wirkung in den Besitz der australischen Armee übergegangen ist. Doch wir sind keine Unmenschen und gestatten Ihnen, weiterhin dort zu wohnen.«
»Das kann nicht sein!«, empörte sich Johanna. »Kuradui gehört Phebe! Sag es ihm, Phebe!«
»Ich habe nichts Schriftliches. Wir haben es unter uns vor langer Zeit so ausgemacht. Es wäre uns gar nicht in den Sinn gekommen, es schriftlich festzuhalten.«
»Dir vielleicht nicht, aber Emma war schließlich Geschäftsfrau. Sie hat bestimmt eine Schenkungsurkunde aufsetzen lassen.«
Phebe schüttelte den Kopf. »Das ist der Fa Samoa. Innerhalb der Familie gelten unsere eigenen Regeln.«
Der Colonel räusperte sich.
»Lassen Sie mich kurz unsere Haltung zu Fällen wie diesen erläutern. Sie sind ja nicht die Einzige mit einem derartigen Problem. Wie bereits gesagt: Sie können vorerst auf Kuradui wohnen bleiben, und wenn es sich tatsächlich so verhält, wie Sie sagen, und Ihre Schwester Ihnen die Farm geschenkt hat, sollten Sie unbedingt eine entsprechende Aussage machen, die Sie notariell beglaubigen lassen und hier einreichen. Wir sehen dann, was wir tun können. Die Chancen stehen nicht so schlecht. Ich denke, man wird Ihnen zumindest einen Teil der Farm zuerkennen.«
Phebe bemühte sich um Haltung und bedankte sich höflich.
»Wofür bedankst du dich denn? Dafür dass man dich beraubt?«, zischte Johanna.
Phebe zog sie zur Seite. »Du hast es doch gehört. Noch ist nicht alles verloren«, flüsterte sie ihr zu. »Sie hätten mich auch gleich vor die Tür setzen können.«
Johanna schaute sie an, als hätte sie es mit einer geistig Minderbemittelten zu tun. »Ich weiß, du bist eine gute Seele, aber manchmal gehst du mir mit deinem engelsgleichen Getue ordentlich auf die Nerven.«
Bill Hunter hatte die letzte Bemerkung mitgehört und grinste vor sich hin. Der Colonel bestand darauf, den Frauen eine Erfrischung servieren zu lassen, bevor sie sich auf den Heimweg machten.
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