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Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)

Titel: Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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Augen eine Leinwand nach der anderen. Schließlich legte sie die Bilder auf den Boden. Katja war aufgeregt. Die Leinwände wirkten älter, waren teilweise porös, einige zeigten Spuren von Schimmel. Waren das Bilder von Johanna?
    Die ersten drei Gemälde stellten Alltagsszenen aus einem einheimischen Dorf dar. Eine Gruppe von knienden Frauen beim Kochen, Männer, die in ihren Booten aufs Meer zum Fischen hinausfuhren, spielende Kinder. Katja bemerkte, dass die Künstlerin Talent gehabt hatte, insbesondere für Lichtstimmungen. Das goldene Glühen am Himmel kurz vor Sonnenuntergang, die farbigen Schatten der Mittagshitze, die Vielfalt von Grüntönen im gleißenden Sonnenlicht. Katja war keine Kunstexpertin, doch sie meinte zu erkennen, dass Johanna keine ausgebildete Malerin gewesen war. Die Perspektive stimmte nicht ganz, und auch die Proportionen erschienen ihr nicht immer richtig. Katja erinnerte sich an einen Eintrag aus dem Tagebuch, in dem Johanna beschrieb, wie ihr eine Gruppe von Frauen begegnet war, die ihre Kinder auf traditionelle Art in ihren Bilums trugen – und genau so eine Szene fand sich auch auf einer der Leinwände.
    Gemeinsam mit Namata entrollte Katja nun das größte Bild. Sie bat Takari, das obere Ende vorsichtig festzuhalten, während die Frauen das untere hielten. Dieses Bild war ganz anders als die friedvollen Szenen aus dem alltäglichen Leben der Eingeborenen, die sie sich gerade angesehen hatten. Es zeigte einen großgewachsenen Mann, sein Gesicht war vor Hass entstellt, sein Mund zum übergroßen Maul verzerrt, mit Reißzähnen wie von einem Raubtier. In seiner rechten Hand hielt er eine Figur: einen jadegrünen Vogelmann. Katja blieb für einen Moment die Luft weg.
    »Oh, mein Gott!«, rief Takari. »Wer ist das? Der Teufel?« Er wechselte einen Blick mit Namata, die gleichmütig die Schultern hob. Katjas Herz pochte. War das auf diesem Bild wirklich der Vogelmann ihres Großvaters? War dies hier der Grund, weshalb man sie auf der Insel gemieden hatte? War die hässliche Fratze die Verkörperung des Fluchs, der angeblich auf den von Beringsens lastete? Sie konnte sich nicht von dem Motiv lösen, bis Takari sie auf die Schrift auf der Rückseite aufmerksam machte. Vorsichtig drehten sie das Bild um. Nachdem sie die hastig hingekritzelten Worte gelesen hatten, sahen Takari und Katja einander mit fragendem Blick an.
    Wie viel Hass kann ein Mensch in sich tragen? Das Böse kommt aus Papua, und es nahm mir Bill. Emma ist in ihrem Grab sicher, wir sind es nicht. Keiner ist es. Gott steh uns bei!

Meldung im Berliner Abendblatt vom
13. September 1914, Phebe₋Parkinson₋Archiv, Archivnummer 083
Deutsch-Neuguinea von Australien eingenommen

(Herbertshöhe – Neuguinea) Nachdem die australische Flotte bereits am 12. August vergeblich versucht hatte, die deutsche Funkstation in Rabaul zu erstürmen, erfolgte nun ein neuer Angriff. Die Station konnte zunächst durch die kleine Polizeitruppe und die von den Deutschen gebildete Wehrabteilung (50 Mann) verteidigt werden. Am 11. September 1914 musste der Ort Bitapaka bei Herbertshöhe allerdings aufgegeben und der Funkturm vernichtet werden. Rabaul, der Gouvernementssitz von Neuguinea, wurde von den Australiern eingenommen, nachdem es zuvor zu Gefechten mit der Polizeitruppe kam, bei denen die Australier Verluste zu beklagen hatten. Der deutschen Polizeitruppe von wenigen hundert Einheimischen und einigen Deutschen standen mehr als 3000 Australier gegenüber, die unter dem Schutz ihrer Kriegsschiffe gelandet waren.

Deutsch-Neuguinea, 1914
    S ergeant Bill Hunter ging es nicht anders als jedem seiner Männer. Nachdem die Marineboote sie vor Rabaul samt Pferden ausgespuckt hatten, kämpften sie drei Tage lang gegen die zahlenmäßig unterlegenen Deutschen und ihre melanesischen Helfer. Es wurde wild durch die Gegend geschossen. Die Digger wussten noch nicht einmal, wie eine deutsche Uniform aussah, und erkannten manchmal nicht, wer Freund und wer Feind war. Die von den Deutschen angeheuerten Einheimischen starben wie die Fliegen, weil sie für den Kampf nicht ausgebildet waren. Nach drei Tagen war alles vorbei. Die Deutschen hatten sich ergeben, ihre Funkstation war von den Australiern eingenommen.
    Bill war zwar davon ausgegangen, dass es früher oder später so kommen würde, aber so bald? Kapitulation nach drei Tagen? Er schüttelte noch eine ganze Weile ungläubig den Kopf, nachdem ihn die gute Nachricht erreicht hatte.

    Der

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