Die verbotene Geschichte: Roman (German Edition)
Kapitulationsvertrag war seit einer Woche unterschrieben. Nun saßen die Australier auf dieser gottverlassenen Insel und wussten nicht recht, was sie mit sich anfangen sollten. Sicher, es gab administrative Aufgaben zu bewältigen. Die Abreise der deutschen Zivilbeamten musste beaufsichtigt und zum Teil organisiert werden. Andere Deutsche wollten bleiben, was ihnen in der Regel auch gestattet wurde, nachdem sie einen Neutralitätseid geleistet hatten. Hunter und seine Jungs sollten ein wachsames Auge auf diese Gruppe werfen, aber das war es im Grunde schon an Pflichten.
Bill Hunter saß an diesem drückend heißen Vormittag mit seinen Männern im Gras vor dem Hotel Bismarck. Eigentlich sollte er froh sein, dass die Begegnung mit den Deutschen so glimpflich ausgegangen war. Trotzdem dachte er an seine Farm in Queensland und wie gut sie ihn dort jetzt brauchen könnten, während er untätig hier herumsaß. Nach einer Weile stand er auf, klopfte sich das Gras von der Uniform und ging ins Hotel, in der Hoffnung, dort auf einen Verantwortlichen der Administration zu treffen, der ihm etwas zu tun geben würde. Entweder dies, oder er würde darum bitten, woandershin versetzt zu werden.
Er hatte Glück. Lieutenant O’Riley saß hinter dem Tresen der Rezeption und sortierte verschiedenfarbige Formulare in die Ablagen vor ihm. Er blickte kurz auf, als Hunter eintrat.
»Was kann ich für Sie tun, Sergeant?«
»Nicht dass Sie mich falsch verstehen. Ich will mich nicht beschweren oder so, aber meine Leute werden langsam unruhig. Sie lungern in der Stadt ’rum, und das ist nicht gut. Haben Sie denn gar keine Aufgabe für meine Truppe?«
Der Marschall klopfte einen Stapel Papiere in Form und sah Hunter über den Rand seiner Brille hinweg an.
»Hm«, brummte er. »Hätten wir vorher geahnt, wie leicht es uns die Deutschen machen würden, dann hätten wir dieses Problem jetzt nicht.« Er legte den Stapel ab und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger das Kinn. »Vielleicht hätte ich da was«, sagte er schließlich. »Die Disponenten und einige andere unserer Bürohengste haben sich gestern in Gunantambu eingerichtet, sie arbeiten und wohnen dort. Wunderschöne Villa. Diese schwerreiche Queen Emma hat sie bauen lassen. Die Disponenten fühlen sich da draußen allerdings nicht ganz sicher. Wie wäre es, wenn Sie mit Ihrer Truppe dort Posten beziehen? Von mir aus können Sie gleich aufbrechen.«
Ein dankbares Lächeln glitt über Bill Hunters Gesicht, und er legte zum Gruß zwei Finger an die Schläfe, bevor er sich zum Gehen wandte und das Hotel verließ, um seinen Männern die Nachricht zu überbringen.
Der neue Einsatz war zwar noch immer nicht das, was sich die Soldaten unter Krieg vorgestellt hatten, doch immerhin saßen sie jetzt im Schatten der luftigen Veranda und schauten aufs Meer hinaus. Das reinste Paradies, dachte Bill Hunter, rauchte eine Zigarette und ließ den Blick über die Bucht schweifen. Den typischen Army- Slouchhat hatten er und seine Leute abgenommen und auf den Knien abgelegt, die Uniform trugen sie aufgeknöpft. Hin und wieder überprüften die Soldaten einen der einheimischen Lieferanten, doch ansonsten gab es kaum Bewegung vor Emmas ehemaligem Anwesen. Hunter seufzte leise, streckte die langen Beine aus und wollte gerade nach seinem Buch greifen, als zwei Frauen ihre Kutsche in hohem Tempo in die Einfahrt lenkten. Kleine Kiesel schlugen geräuschvoll gegen die Metallbänder der Räder, dann brachte die jüngere von beiden das Gefährt zum Stillstand. Alle Blicke richteten sich auf die Frauen. Die jüngere, die die Zügel geführt hatte, sprang vom Kutschbock und war der älteren beim Aussteigen behilflich. Sie blickte zur Veranda hoch und beschirmte ihre Augen vor der gleißenden Sonne. Hunter war die Hälfte der breiten Treppe herabgestiegen und blieb stehen, als er angesprochen wurde.
»Johanna Kiehl mein Name«, sagte Johanna und wies dann mit einer Hand auf Phebe. »Und dies ist Phebe Parkinson, die Schwester der verstorbenen Emma Kolbe, die diese Villa hier erbaut hat.«
Hunter wusste natürlich, wer Queen Emma war und dass ihre Schwester noch auf der Gazelle-Halbinsel lebte. Er deutete eine Verbeugung an und stellte sich ebenfalls vor.
»Darf ich Sie nach Ihrem Anliegen fragen?«
»Wir müssen dringend mit einem Ihrer Abwickler reden«, sagte Johanna und wischte sich mit einem Tuch über das verschwitzte Gesicht.
Hunter konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Abwickler, so nannte er
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