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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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antisemitisch zu interpretieren, sondern theologisch. Das Judentum ist Sinnbild für die Welt, die Jesus ablehnt.
    Der Aufbau des Evangeliums folgt nicht dem der Synoptiker. Der Weg Jesu führt nicht von Galiläa nach Jerusalem, wo sich seine Bestimmung erfüllt. Bereits zu Beginn hält sich Jesus zur Tempelreinigung in Jerusalem auf. Sein Aufenthaltsort wechselt ständig zwischen Galiläa und Jerusalem. Auch stirbt Jesus nicht, wie bei den Synoptikern, am Paschafest, sondern am Tag zuvor. Dieser Darstellung liegt eine bestimmte theologische Konzeption zugrunde. DasGottesreich wird in der Gegenwart Jesu realisiert, es liegt nicht mehr in der Zukunft. Wer Jesus erkennt, erkennt den Vater, daher auch die vielen Selbstaussagen Jesu, „Ich bin die Wahrheit, das Licht, das Brot des Lebens …“, die sich in keinem anderen kanonischen Evangelium finden. Das bei Markus aufgewiesene Messiasgeheimnis ist Johannes fremd. Jesus offenbart sich vom ersten Moment an, ohne von der Welt erkannt zu werden. Von Bedeutung bei Johannes ist der Prolog, der sich bei den Synoptikern nicht findet. In ihm wird das Wesentliche seines Evangeliums zusammengefasst. Dieser Christushymnus hat jedoch innerhalb des Christentums Vorläufer. Die Thematisierung der Schöpfung durch das Wort und die Stellung des Wortes als erstem Ausfluss aus dem Göttlichen lässt sich aber auch außerhalb des Christentums nachweisen. Innerhalb des Vedentums Indiens stellt dies eine vertraute Lehre dar. Aber auch dem chinesischen Taoismus ist sie zueigen. Damit soll jedoch nicht eine historische Einflussnahme behauptet werden. Es zeigt sich hierin eher eine universelle Konzeption.
    Auf den Prolog folgen drei Hauptteile. Der eine beinhaltet die Offenbarung Jesu in der Öffentlichkeit, der zweite seine Offenbarung vor den Jüngern und der dritte die Passions- und Auferstehungsgeschichte. Darauf folgt ein Epilog, d. h. ein Nachwort, an den ein Nachtrag angehängt ist. In diesem wird das Wirken des Auferstandenen geschildert. Für die Nachträglichkeit der Passage sprechen einige Gründe, so z. B. dass bereits Kapitel 20 über einen eigenständigen Schluss verfügt, Petrus in den ersten 20 Kapiteln nicht herausgehoben wird, im 21. Kapitel jedoch von Jesus in das Hirtenamt eingesetzt wird, ferner wird die Nachträglichkeit in diesem Kapitel selbst betont. Innerhalb des Johannesevangeliums vermutet man weitere spätere redaktionelle Bearbeitungen. Ein Hinweis darauf scheint die Unordnung in der Reihenfolge einiger Kapitel zu sein, insbesondere der Kapitel 5 und 6, die wahrscheinlich vertauscht sind. Vom Ablauf der Erzählung her müssten die Ereignisse von Kapitel 6 vor denen von 5 stattgefunden haben. Man vermutet, dass das Johannesevangelium auf lose Blätter geschrieben war, die in Unordnung gerieten und von einem späteren Redaktor wieder in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht wurden. Dabei unterlief ihm der Fehler, Kapitel 5 und 6 nicht wieder in die ursprüngliche Anordnung zu bringen. Eine andere These besagt, dass die Kapitelrichtig angeordnet waren, vom Bearbeiter aber umgestellt wurden. Auch Kapitel 15–17 stehen nicht am richtigen Ort, denn die Forderung Jesu in Kapitel 14 wird erst in 18 erfüllt. Für die Entstehung des Johannesevangeliums lassen sich drei Entwicklungsstadien annehmen. Die Vorlage der Quellen, auf die sich Johannes stützt, die Zusammenstellung und Ausarbeitung dieser durch Johannes sowie die spätere Bearbeitung durch einen oder mehrere Redakteure.
    Spricht man von den johanneischen Quellen, so stellt sich auch die Frage nach der Kenntnis der Synoptiker durch Johannes. Man geht davon aus, dass Johannes zumindest das Markusevangelium in einer Grundschrift kannte, vielleicht auch Lukas und Matthäus, ohne diese jedoch als direkte Quellen benutzt zu haben. Johannes schöpfte vermutlich aus einer großen mündlichen Tradition sowie einigen bereits schriftlich fixierten Quellen. Sicher ist, dass die johanneische Gemeinde in der Großkirche eine eigene Gruppe darstellte. Die Selbstaussagen Jesu, die immer mit „Ich bin“ beginnen, entstammen einer solchen Sammlung, auch der Passionsbericht des Johannes lag als eigene Tradition bereits vor. Umstritten ist die Existenz einer Zeichenquelle, in der die Wunder Jesu gesammelt worden sein sollen.
    Das Johannesevangelium war das Evangelium, gegen das sich am meisten Widerstand bezüglich seiner kanonischen Bedeutung regte. Ein wesentlicher Grund dafür lag in der Beliebtheit dieser Schrift bei den

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