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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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gnostisch beeinflussten Texte spielen diese Textformen eine große Rolle. Unter Spruchsammlungen versteht man die Zusammenstellung verschiedener Jesus-Worte, die zum Teil nach Themen, zum Teil lose angeordnet wurden. Es wurde bereits erwähnt, dass diese Sammlungen auch auf das Entstehen der synoptischen Evangelien ihren Einfluss hatten. Doch scheint es, dass verschiedene dieser Zusammenstellungen von Jesus-Worten im Umlauf waren, was bedeutet, dass die Verfasser der Apokryphen nicht zwangsläufig auf dieselben zurückgriffen wie Matthäus und Lukas. Wesentlich für diese Gattung ist das Fehlen erzählerischer Elemente. Die als Dialoge überlieferten Schriften beinhalten Gespräche zwischen Jesus und einem seiner Schüler. Sie stellen aber keine Dialoge im eigentlichen Sinne dar, d. h. es findet kein wirkliches Zwiegespräch statt, sondern der Jünger ist mehr ein Stichwortgeber für Jesus, der monologartig seine Schüler belehrt. Obwohl diese Texte nicht zur literarischen Gattung Evangelium gehören, wollen sie von ihrem Selbstverständnis her Evangelium, d. h. Heilsbotschaft, sein. Die literarische Textform von Briefen, Apostelgeschichten und Apokalypsen unterscheidet sich zum Teil in der Gestaltung von denen, die kanonisiert wurden, zum Teil ist sie diesen ähnlich. Es ist daher schwierig, apokryphe Texte im Vergleich zu den kanonisierten genau in die gleichen Gattungen einzuteilen. Wenn in diesem Buch Texte präsentiert werden, die nicht den Titel Evangelium tragen oder sich der Form nach nicht als Evangelien darstellen, so hängt dies damit zusammen, dass Evangelium nicht als gattungsgeschichtlicher Begriff verwendet wird, sondern seinem ursprünglichen Sinn nach als Heilsbotschaft. So können apokryphe Briefe Spruchsammlungen und Dialoge in sich vereinen, die nur durch die Briefform gerahmt werden, ein Beispiel dafür ist der Jakobus-Brief, auch Apokryphon Jacobi genannt. Die als Apokalypse (Offenbarung) bezeichneten Schriften müssen nicht unbedingt der Gattung Apokalypse angehören,wie dies bei der kanonischen Johannesapokalypse der Fall ist. Die apokryphe 1. Jakobusapokalypse fällt eher unter die Form des Dialoges. Auch das später als Protevangelium des Jakobus bezeichnete Kindheitsevangelium trägt in der wichtigsten überlieferten griechischen Fassung den Titel „Genesis Mariae. Apokalypsis Jacobi“. Wie hieraus deutlich wird, offenbart der Name eines apokryphen Werkes nicht immer seine Textart. Bei vielen Apokryphen handelt es sich um Mischformen, d. h. in ihnen sind die verschiedensten literarischen Gattungen vermischt. Gemeinsam ist ihnen mit den kanonisierten Schriften, dass sie sowohl Heilsbotschaft als auch Offenbarung Jesu Christi sein wollen. Man sollte sich daher bei der Einordnung apokrypher Schriften in die verschiedenen literarischen Gattungen nicht auf deren Titel verlassen.
D IE Q UELLEN APOKRYPHEN S CHRIFTGUTES
    Wie bereits angesprochen, bescherte der Fund von Nag Hammadi der Forscherwelt einen unsagbar wertvollen Schatz an apokryphen Schriften, der eine neue Sichtweise auf die damit verbundene Geistesströmung freigab. Die Texte von Nag Hammadi stellten aber nicht die einzigen Überlieferungen dieses Schrifttums dar. Bereits Jahrzehnte zuvor wurden in Ägypten und in anderen Ländern immer wieder Texte gefunden, die man den Apokryphen zurechnete, deren Einordnung aber aufgrund der oftmals nur kleinen Fragmentteile sehr schwer fiel. Ein Beispiel dafür ist der Papyrus Oxyrhynchos. Wie so oft wurde diese Entdeckung nach ihrem Fundort Oxyrhynchos in Mittelägypten benannt. 1905 fanden zwei Forscher ein winziges Pergamentstück aus dem 4. oder 5. Jahrhundert, das als Amulett diente. Man müßte daher eigentlich vom Pergamentum Oxyrhynchos sprechen. Auf ihm sind der Rest einer Rede Jesu, der Gang zum Tempelvorplatz und die Auseinandersetzung Jesu mit einem Oberpriester wegen Nichteinhaltung der rituellen Reinigung durch Jesus und seine Jünger aufgezeichnet. Jesus attackiert die Heuchelei der Pharisäer, die sich zwar äußerlich reinigen, aber nicht wirklich ihr Innerstes.
    Ebenfalls einen wichtigen Fund apokrypher Schriften stellten einige Texte dar, die Überreste eines Papyrus-Buches waren, welches der deutsche Koptologe Dr.Carl Reinhardt 1896 in Kairo im Antiquitätenhandel erworben hatte. Über dessen ursprünglichen Fundort war jedoch nichts mehr in Erfahrung zu bringen. Allerdings gab der Ledereinband etwas Aufschluss über seinen Besitzer, der als Abt Zacharias bezeichnet wurde. Das

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