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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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eines hebräischen Originals, das unter Pontius Pilatus erstellt wurde. Sicher ist aber, dass das Original nicht in Hebräisch, sondern in Griechisch abgefasst war. Heute liegen neben zwei unterschiedlichen griechischen Fassungen lateinische, koptische, syrische, armenische und altslawische Übersetzungen aus dem Griechischen vor. Die Höllenfahrt Christi ist nur in einer griechischen Fassung und zwei lateinischen Übersetzungen überliefert
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    Nikodemusevangelium wurde diese Schrift genannt, weil Nikodemus der Verfasser des Werkes sein soll. Im späteren Vorwort gibt sich nämlich Ananias, ein zum Christentum konvertierter Leibgardist mit jüdischem Namen als Übersetzer der Schrift zu erkennen. Seiner Auskunft nach hat er im Jahr 425 n. Chr. die Erinnerungen des Nikodemus, die dieser im Jahr 28/29 (nach anderer Lesart und wahrscheinlicher 32/33) n. Chr. auf Hebräisch verfasst haben soll, ins Griechische übersetzt „damit sie allen bekannt werden, die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen“
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    Wer ist dieser Nikodemus? – Das Johannesevangelium, das als einzige neutestamentliche Schrift von ihm berichtet, sieht in ihm einen jüdischen Ratsherrn und zeichnet ihn als eine Gestalt, die Jesus durchaus kritisch, da verständnislos gegenübersteht(Joh 3,1. 10), ihm aber auch Sympathie entgegenzubringen scheint, wie sein Eintreten für Jesus im Synhedrium in Joh 7,50f vor allem aber seine Begräbnisgaben für Jesus (Joh 19,39) zeigen. Im Nikodemusevangelium dagegen wird aus der eher versteckten Sympathie für Jesus Jüngerschaft: Der einflussreiche jüdische Ratsherr ist Fürsprecher Jesu beim Prozess und stellt sich den Juden auch später in Sachen Jesus immer wieder kritisch entgegen. Wenn er auch mit seinem Versuch, die Kreuzigung Jesu zu verhindern, scheitert, so hat sein Wort doch Gewicht, und seine Person ist den Juden offensichtlich unantastbar. An einigen wichtigen Stellen des Evangeliums meldet er sich zu Wort und erreicht es mehrfach, den Geschehnissen eine entscheidende Wende zu geben (Kapitel 5,1–2; 12,1; 15,1. 5; 16,1 vgl. 9,1; 15,4) Nikodemus ist damit so etwas wie die geheime Hauptfigur, und nach dieser Hauptfigur ist das Evangelium auch benannt, ohne dass dies den historischen Abfassungsverhältnissen entsprechen würde
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    Von der Höllenfahrt Christi abgesehen, die als späte Ergänzung des Evangeliums in der vorliegenden Übersetzung nicht enthalten ist, gliedert sich das Nikodemusevangelium in drei Teile: Kapitel 1–9 bieten eine breite Schilderung des Prozesses Jesu vor Pilatus, in Kapitel 10 und 11 werden Kreuzigung und Begräbnis Jesu dargestellt, und der dritte Teil (Kapitel 12–16) widmet sich den Ereignissen nach der Auferstehung. Neben dem Prozess Jesu vor Pilatus, dessen Eigenart darin besteht, dass er zahlreiche Inhalte der kanonischen Evangelien aus der Zeit der Wirksamkeit Jesu einflechtet, ist vor allem der dritte Teil interessant. Hier werden nämlich die Geschehnisse nach der Auferstehung Jesu nicht, wie sonst üblich, aus der Perspektive der Jünger Jesu, sondern aus der des Synhedriums in Jerusalem dargestellt. Die Ratsversammlung der Juden sieht sich damit konfrontiert, dass Jesus von Josef aus Arimathäa begraben wird, dass die Wachen des Grabes Jesu von seiner Auferstehung berichten und dass Juden aus Galiläa Jesu Auferstehung und Himmelfahrt bezeugen. Der Hohe Rat versucht diesen Problemen zuerst mit Gewalt gegen Josef von Arimathäa, mit Schweigegeld für die Wachen und Redeverbot für diese und die galiläischen Juden beizukommen, wird aber durch die wunderbare Befreiung Josef aus dem Gefängnis schließlich zum Eingeständnis ihrer Schuld am Tod Jesu und zur Anerkennung der Auferstehungszeugen geführt
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    Die Pilatusakten als erster Teil des Nikodemusevangeliums zeigen eine starke Abhängigkeit von den kanonischen Evangelien. Der Stoff dieser Evangelien in Bezugauf den Prozess, Kreuzigung, Auferstehung Jesu sowie die Erscheinungen des Auferstandenen ist bis auf einzelne Episoden vollständig, teilweise auch im gleichen Wortlaut aufgenommen. Die Darstellung der Passion Jesu ist gekennzeichnet durch die vielfach geschickte Kombination der Evangelien und ihre stilistische Variation. So werden einerseits Geschichten unterschiedlicher Evangelien teilweise nur durch kleine Einfügungen miteinander verknüpft, andererseits Episoden, die von den Evangelien als Geschehnisse erzählt werden, zu Augenzeugenberichten umgewandelt. Über diese Verarbeitung des Stoffes der

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