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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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danken für deine Umsicht. Aber vielleicht ist es besser, wenn du nicht weiter darüber sprichst. Verstehst du? Was keiner weiß, das macht keinen heiß.»
    «Ihr meint, weil er ein Zigeuner war?»
    Gustelies nickte. «Die braven Christen würden nicht wollen, dass die Gebeine ihrer Lieben neben einem Zigeuner ruhen. Und die Kunde von der Pest würde die Stadt noch mehr in Aufruhr versetzen.»
    Der Totengräber versuchte ein leises Lächeln, doch die Angst saß ihm noch immer im Nacken. «Ihr werdet mich also nicht verraten?»
    «Nein, das werde ich nicht. Aber wie verfahren wir mit der anderen Leiche?»
    «Ihr meint das Mädchen, das Ihr gestern gesehen zu haben glaubt?»
    «Was heißt hier ‹gesehen zu haben glaubt›? Ich habe sie gesehen. Mit meinen eigenen Augen. Adele, die Tochter vom Henn Goldschlag. So wahr ich hier vor dir stehe, so wahr habe ich sie in der Grube gesehen.»
    Vor Verlegenheit kratzte sich der Totengräber wieder am Kopf. «Ihr müsst nicht denken, ich schlafe den ganzen lieben langen Tag», sagte er. «Jeden Abend gehe ich durch alle Grabreihen. Ich muss nachsehen, dass sich die Bettler nicht auf dem Gottesacker herumtreiben. Und ich muss dafür sorgen, dass die Grablichter brennen, die wilden Katzen nicht in den Grüften ihre Kinder kriegen und all solche Dinge. Und natürlich bin ich auch an der Mauer der Honoratioren entlanggegangen. Aber, gute Frau, ich schwöre bei Gott, eine offene Grube habe ich nicht gesehen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 9
    D er Weg vom Friedhof zurück in die Stadt kam Gustelies heute noch länger vor als sonst. Einmal sah sie ein Eichhörnchen, das an einem Baum hochkletterte und lauthals keckerte. Sie blieb stehen und kniff kurz die Augen zusammen. Als sie sie wieder öffnete, war das Eichhörnchen weg. Werde ich langsam verrückt?, fragte sie sich. Bin ich vielleicht kurz davor, blind zu werden? Sehe ich Dinge, die andere Leute nicht sehen? Hat der Schultheiß recht? Sie sah sich nach links und rechts um und bemerkte in der Ferne Mutter Dollhaus. Die winkte und rief ihr einen Gruß zu. Dann kam sie, so schnell die alten Füße sie trugen, herbeigelaufen.
    «Ach, Gustelies. Ich habe gestern Abend getan, was ich tun musste: zehn Ave-Maria, zehn Vaterunser und eine kalte Waschung.» Sie kicherte. «Jetzt bin ich bereit, dem Prediger erneut zuzuhören. Ich kann es kaum erwarten, dass es zu Angelus läutet.» Mutter Dollhaus hob noch einmal die Hand und schlurfte weiter. Gustelies blickte ihr hinterher. Sie hatte die alte Frau schon von weitem erkannt. Also müsste doch mit ihren Augen alles in Ordnung sein. Gustelies seufzte. Ich werde mich beobachten, beschloss sie und ging weiter.
    Sie kam gerade rechtzeitig auf dem Römer an, als ihre Freundin Jutta Hinterer die Geldwechslerbude aufsperrte.
    «Na, Gustelies. Wie geht es dir? Haben wir nicht ein prächtiges Wetterchen?» Jutta sah zum Himmel hinauf, der blau wie ein Marientuch über der Stadt hing. Sie rieb sich die Hände. «Den Sommer liebe ich am meisten», erklärte sie. «Es ist wunderschön, die schweren Winterkleider nicht tragen zu müssen und trotzdem nicht zu frieren.»
    «Ja, da hast du wohl recht.» Ungeduldig wedelte Gustelies mit der Hand. «Sag, findest du, dass ich mich in letzter Zeit verändert habe?»
    Jutta spitzte ein wenig den Mund und stieß dann langsam die Luft aus. «Wir verändern uns doch alle immerzu irgendwie», sagte sie.
    «Das ist keine Antwort.»
    Jutta seufzte noch einmal und legte Gustelies einen Arm um die Schultern. «Hör zu. Du bist meine beste Freundin. Und ich mache mir Sorgen um dich. Du lachst so selten, bist oft mürrisch. Kann ich dir irgendwie helfen?»
    Gustelies durchfuhr es kalt. Sie wusste, dass die Freundin recht hatte, aber das war es jetzt nicht, was sie wissen wollte. «Findest du mich sonst irgendwie anders? Neige ich zu unüberlegtem Handeln? Nehme ich alles zu schwer und sehe am Ende die Dinge nicht mehr, wie sie wirklich sind?»
    Jutta schwieg, drückte die Freundin nur eng an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann erst sagte sie langsam, dabei auf jedes Wort achtend: «Nein, du bist so normal, wie es jemand in deinem Zustand nur sein kann.»
    «Was meinst du mit Zustand?» Gustelies beäugte die Geldwechslerin misstrauisch. So ernst hatte sie ihre Freundin selten sprechen hören.
    «Na ja, ich bin ein bisschen verlegen.»
    «Raus mit der Sprache!», verlangte Gustelies.
    «Du bist in den Jahren, in denen die Frau keine Mondblutung mehr

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