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Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Frevlerhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Dollhaus, die sich unter erneutem Einsatz ihrer Ellbogen einen Platz in der ersten Reihe verschaffte. Dicht neben ihr drängte Jutta nach vorn.
    Dann hob der Prediger beide Arme und bat um Ruhe. Ein Raunen ging durch die Menge, und das große Weib schüttelte die wirren Haare und schaute die Leute so grimmig an, dass tatsächlich Ruhe einkehrte.
    «Die Erde ist in Frevlerhand», begann der Prediger und machte nach diesen Worten eine Pause, damit seine Botschaft wirken konnte. «Ja, die Erde ist in Frevlerhand. Das, was Ihr alle Euern Alltag, Euer Leben nennt, das ist in Wahrheit die Hölle.» Wieder hielt er inne. Ein paar Mägde schauten sich an und begannen zu tuscheln, doch schon sprach er weiter: «Was sind die Kennzeichen der Hölle, frage ich Euch?» Er trat einen Schritt nach vorn, zeigte mit der Hand auf eines der Waschweiber. «Wie sieht die Hölle aus, was meinst du?»
    Das Weib wurde rot und senkte den Blick. Dann wisperte sie: «Heiß. In der Hölle ist es heiß.» Sie erschauerte, als liefe ihr gerade in diesem Augenblick ein Schauer über den Rücken.
    «Richtig», bekräftigte der Prediger. «In der Hölle ist es heiß. Und wie ist es derzeit hier auf Erden? In den letzten Wochen brannte die Sonne so unerträglich, dass die Ernte auf dem Halm vertrocknete. Niemand konnte des Nachts schlafen, Kinder weinten, die Tiere gingen ein, selbst der Schiffsverkehr, so hörte ich, kam mancherorts zum Erliegen. Eure Männer und Dienstherren begannen, Euch zu schlagen, verlangten, dass Ihr trotz der Hitze weiterarbeitet.»
    «Recht hat er», brüllte ein Fischweib. «Der meine, er hatte kaum etwas gefangen, aber er verlangte, dass ich so viel Geld heimbrächte, als wäre der Korb voll gewesen. Geprügelt hat er mich, weil es nicht reichte!»
    Eine Magd nickte. «Auch mein Herr hat eine Kanne nach mir geworfen.» Sie strich ihr Haar aus der Stirn. «Noch immer habe ich dort einen blauen Flecken. Der Herr hatte keinen Grund. Ihm war nur heiß, das Haar klebte ihm im Nacken, und sein Hemd war durchweicht. Aber an uns, die wir den ganzen Tag am heißen Herd stehen, denkt keiner. Nicht einmal von der Limonade, die wir selbst gemacht haben, dürfen wir kosten. Einen Schluck Brunnenwasser, versetzt mit ein paar Salzkrümeln und ein wenig Honig, das ist alles, was wir bekommen.»
    Sogar die Schultheißin meldete sich zu Wort. Mit vor Aufregung roten Wangen lispelte sie vornehm: «Oh, auch ich habe unter der Hitze gelitten. Keine Nacht fand ich Schlaf. Nur eine Minzkompresse konnte das größte Übel lindern. Wahrlich, dieser Sommer ist ein Höllensommer.»
    Der Prediger schritt die Reihen der Zuhörer ab, als wäre er ein General. Die Menge bildete von selbst Gassen, dort, wo er ging. «Seht Ihr», sprach er laut. «Ihr selbst sprecht von der Hölle. Doch wie sieht die Hölle noch aus? Was herrscht dort für ein Treiben?»
    Mutter Dollhaus drängelte sich vor. «Krankheit und Siechtum herrschen in der Hölle, das weiß jedes Kind.»
    Der Prediger nickte. «Krankheit und Siechtum. Da hat sie recht, die gute Frau. Wie war das im letzten Frühjahr hier in der Stadt? Lag da nicht jedermann mit laufender Nase und grässlichem Husten darnieder? Und wie sah es im Jahr davor aus und davor und davor? Seit ich denken kann, wird dieses Land von Krankheiten heimgesucht. Die Franzosenkrankheit geht um. Männer stecken Frauen an. Und Frauen ihre Kinder. Nie habe ich so viele Aussätzige gesehen wie in der letzten Zeit. In Italien herrschen derzeit die Pocken. Die Händler haben es erzählt. Aus Frankreich hört man, dass das Korn auf den Halmen ungenießbar wäre, denn das Mutterkorn habe sich darauf festgesetzt.» Er ließ seinen Blick ernst über die Menge schweifen, brachte mit einem Wimpernschlag eine kichernde Magd zum Schweigen. Dann fuhr er mit leiser, aber kräftiger Stimme fort: «In Nürnberg geht die Pest um. Schon über fünftausend Menschen sind gestorben. Zur Messe waren zahlreiche Nürnberger hier. Vielleicht haben sie die Pest mitgebracht? Vielleicht ist sie gerade jetzt mit einem Fuhrwerk auf dem Weg nach Frankfurt? Vielleicht liegen schon die Ersten fiebernd auf ihrem Lager und betasten ungläubig die schwarzen Beulen in den Achseln und den Leisten?»
    Schweigen lag über dem Platz. Einige schauten ungläubig, aber dann ging ein Wispern durch die Menge. Eine Frau tastete ängstlich nach ihren Achselhöhlen, die Fischweiber standen mit vor Entsetzen offenen Mündern. Ein paar der jungen Frauen zogen ängstliche

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