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Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich

Titel: Die Verbrechen von Frankfurt. Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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stumm.
    Gustelies schnaubte. «Wir gehen jetzt», verkündete sie zur großen Erleichterung des Wärters. «Und Ihr denkt weiter nach. Meldet Euch, sobald Euch noch etwas einfällt.»
    «Was hast du jetzt vor?», fragte Heinz Blettner. Seine Stimme klang wie die eines sehr müden Kindes.
    «Was schon? Zum Tor gehe ich. Zum Stadttor gleich hinter dem Verlies. Und du solltest jemanden zu den anderen Stadttoren schicken. Und vergiss auch die heimlichen Törchen nicht. Irgendwo muss sie doch sein!»
    Gustelies stürmte davon, Jutta Hinterer folgte ihr auf dem Fuße.
    Bruder Göck, der bis dahin geschwiegen hatte, legte Blettner eine Hand auf die Schulter. «Ich nehme mir die heimlichen Törchen vor. Kümmert Ihr Euch um die offiziellen.»
    Blettner starrte den Antoniter an. «Woher kennt Ihr denn die heimlichen Törchen?»
    Bruder Göck verzog verächtlich den Mund. «Jeder Mönch in dieser Stadt kennt sie wie den eigenen Klostergarten. Wir sind nämlich auch nur Menschen.»
    Bevor Heinz Blettner den Mund wieder zuklappen konnte, war der Antoniter schon verschwunden.
     
    Die Geldwechslerin Jutta Hinterer lief die ganze Nacht hinter ihrer Freundin Gustelies her. Sie ahnte bereits, was geschehen würde: Niemand hatte Hella allein oder mit einem Fremden durch ein Stadttor gehen sehen.
    In ihr breitete sich dagegen eine dunkle Ahnung aus. Es war kein Verdacht, sondern nur eine Ahnung, ein leises Rumoren in ihrem Kopf, das nicht aufhören wollte.
    Ich muss zu Minerva, dachte sie. Gleich, wenn die Sonne aufgegangen ist, muss ich zu Minerva.
    Unterdessen redete Gustelies ununterbrochen, als wolle sie damit die Stimmen in ihrem Kopf übertönen. «Wenn mir dieses Kind nach Hause kommt», schalt sie und meinte mit «Kind» natürlich ihre Tochter, «dann kann sie etwas erleben. Den Gürtel werde ich holen und ihr den Arsch versohlen, dass sie drei Tage nicht darauf sitzen kann.»
    «Hella ist schwanger», warf Jutta ein.
    «Du hast recht. Das heißt, ich werde die Schläge verdoppeln, sodass sie eine Woche nicht sitzen kann. Ich werde ihr in allen Einzelheiten ausmalen, wie schlecht die Welt ist, was ihr alles hätte passieren können, wie sehr sie uns geängstigt hat.» Sie blieb stehen, schlug die Hände vor das Gesicht. «O Gott», jammerte sie. «Ich möchte sie doch nur wiederhaben. Herr im Himmel, nimm mir alles, was ich habe, nur gib mir mein Kind zurück. Wenn du unbedingt Blut sehen willst, o Herr, dann nimm mich, nimm mein Leben, aber verschone mir die Hella.»
    «Rede nicht so!», bestimmte Jutta, obwohl auch ihr die Tränen in den Augen standen. «Von deiner Jammerei kommt sie auch nicht zurück. Lass uns weiter nach ihr suchen.»
    Gustelies nickte beklommen. «Ja, aber wo? Wir waren doch schon überall.»
    Jutta nickte. «Du hast recht. Mitten in der Nacht können wir wenig ausrichten. Ich bringe dich nach Hause. Du musst dich hinlegen und ausruhen, damit du morgen in aller Frische weitersuchen kannst.»
    Kraftlos nickte Gustelies.
    Es war weit nach Mitternacht, als Gustelies den Becher mit heißer Milch schlürfte, in den Jutta unbemerkt eine Unmenge an Baldriantropfen gegeben hatte. Von draußen hörte man die Stimme des Nachtwächters. Sofort sprang Gustelies auf. «Vielleicht weiß er etwas! Vielleicht hat er etwas gesehen oder gehört. Er war schließlich die ganze Nacht in der Stadt unterwegs.»
    Sie stürmte hinaus, und Jutta folgte ihr auf dem Fuße.
    Der Nachtwächter wich bis in eine Hausnische zurück, als er die beiden Frauen mit wehenden Röcken über den totenstillen Liebfrauenberg stürzen sah.
    «Ach, Ihr seid es, Pfarrersgehilfin. Und natürlich Ihr, Geldwechslerin. Was treibt Ihr Euch bei Nacht hier draußen herum?»
    Er schien allerbester Laune zu sein. Gustelies kniff die Augen zusammen. «Habt Ihr getrunken, Nachtwächter?»
    Der Mann schlug schuldbewusst die Augen nieder. «Es ist ein weiter Weg durch die Nacht. Das macht die Kehle trocken. Hin und wieder ein Schlückchen in einer Schänke wird man einem schwerarbeitenden Manne doch nicht abschlagen können.»
    Gustelies schnappte nach Luft. «Ihr habt im Gasthaus gesessen und die armen Frankfurter ihrem Schicksal überlassen?»
    Der Nachtwächter winkte ab. «Die guten Menschen schlafen längst, wie sich das gehört.»
    «Habt Ihr meine Tochter gesehen?»
    «Das Richtersweib?» Er kicherte. «Die liegt unter der Decke ihres Mannes, Ihr müsst nur richtig nachschauen.»
    Gustelies packte den Mann beim Kragen und schüttelte ihn. «Ich mache

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