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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie sich schon darauf vor, ein Kapitalist zu werden?«
    »Ein ekelhafter Gnom!« knirschte Putkin später, als er es Andrej erzählte. »Seit gestern spreche ich mit Gott. Glotz nicht so dämlich, ja, ich habe es entdeckt. Ihm kann man alles sagen, ohne daß man in so degenerierte Menschengesichter blicken muß wie deins. Und was habe ich vorhin zu ihm gesagt? ›Gott, tu mir einen großen Gefallen: Laß Semjon Pawlowitsch, wenn er mit seiner Maruta herumreitet, aus dem Sattel fallen und das Genick brechen.‹«
    »Eine fromme Rede …«, sagte Andreas und grinste.
    »Nadeshna hat gesagt, ich sehe gut aus.« Putkin blickte über den Fluß. »Das ist ein guter Anfang. Laß erst einmal Frühling werden.«

XXX.
    Und der Frühling kam.
    Auch in Sibirien kann sich die Zeit nicht ausruhen, sie hat nur andere Größenordnungen. Da klammert sich der Winter in die Erde und in die Wälder und will das Land nicht loslassen, wenn woanders schon die Bäume blühen, die Menschen Blumen pflücken oder langgestreckt in der warmen Sonne liegen. Aber plötzlich ist es dann vorbei mit dem Frost, warme Winde streichen über die Taiga, der Schnee wird wieder feucht, unter der Eisdecke beginnt der Fluß zu rumoren und donnern die Wasser wie tausend Fäuste gegen eine Eisentür.
    Morotzkij, der alles besser wußte, sagte es schon eine Woche voraus. Er kam von einem seiner ausgedehnten Ritte auf Maruta zurück und rief schon von weitem: »Es gibt Frühling! In ein paar Tagen beginnt die Schmelze! Ich habe drei Bären gesehen. Und ein ganzer Schwarm Gänse strich zwei Werst flußabwärts über eine Bucht.«
    Man merkte es wirklich. Die Sonne war so warm, daß man draußen auf der Bank sitzen konnte, ohne sich völlig in die Pelze einmummen zu müssen. Vor allem Katja nahm jede Gelegenheit wahr, in der Sonne zu sitzen. Sie liebte es, sich dann weit zurückzulehnen, den Kopf gegen die Hüttenwand zu stützen und in dem herrlichen Licht zu baden. Ihr Leib wölbte sich hoch, und sie spürte die Bewegungen des Kindes, legte Andrejs Hände auf die harte Wölbung und sagte glücklich: »Wie es strampelt, Andrejuscha. Wie gesund es ist! Es will meinen Leib durchbrechen … die Ungeduld hat es von dir …«
    Am Fluß war ein wahres Monument aus Holz entstanden. Schütten, Rüttler, zwei Schaber, Wasserrinnen, Auffangbecken, alles aus Holz … Putkins Goldwaschanlage, ein Meisterwerk, ja fast ein Wunder, wenn man bedenkt, mit welch primitiven Mitteln er sie gebaut hatte.
    Auf dem Land stand das Flugzeug, durch Baumstämme in der Schwebe gehalten, wie aufgehängt … hier waren lange und breite Schwimmer aus gehobelten Brettern an das Gestänge befestigt worden, klobige Dinger, aber die Hauptsache war, daß sie das Flugzeug einmal über das Wasser gleiten ließen. Andreas war stolz auf diese Arbeit. Wenn der Wald vom Schnee befreit war und die Bäume wieder lebten, wollten Putkin und er die Stämme ›melken‹. Das war eine Redensart von Putkin. Er meinte damit, daß man sich Harz beschaffen wollte, um die Schwimmer abzudichten.
    Am weitesten war Morotzkij mit seiner Arbeit: Die Elchkuh Maruta gehorchte wie ein gutmütiges Reitpferd. Selbst als Nadeshna hinter Morotzkij aufsaß, trabte sie ohne Widerstreben herum und leckte beiden hinterher die Hand. Morotzkij überschlug sich vor Freude.
    »In drei Wochen sind wir soweit«, sagte er eines Tages zu Nadeshna, als sie bei einem Ausritt mit Maruta eine Rast einlegten. »Dann nehmen wir Abschied von dieser Hölle –«
    Nadeshna nickte, blickte in den schon frühlingsblauen Himmel und schwieg.
    Als der erste warme Wind kam, als die Temperatur über Nacht emporschnellte, der Schnee von den Zweigen geweht wurde und alles, das ganze Land mit Bäumen, Felsen und Erde zu fließen begann, sprengte auch der Fluß zum erstenmal seine Eisdecke und sprudelte das Wasser befreit aus den tiefen Rissen. Wie Kanonenschüsse krachte es zwischen den Ufern, die Schollen schoben sich übereinander, mit ungeheurer Gewalt preßte das Wasser seinen Panzer auf, hob die Eistrümmer hoch, schichtete sie wie glitzernde Stahlplatten und zerbrach sie dann mit Donnergetöse.
    Es war ein Schauspiel, das Andreas mit angehaltenem Atem beobachten konnte. Seine Ahnung damals bei der Suche nach einem sicheren Platz hatte sich bewahrheitet. Wo Putkin bauen wollte, zwischen den Felsen, war bereits alles überflutet. Dort staute sich das Wasser und hieb wie mit Faustschlägen das losgerissene Eis durch die enge Schlucht.
    »Noch eine Woche

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