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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hopp-hopp-hopp … wie bei einem Dreisprung in der Leichtathletik. Hast du schon einmal Dreisprung gemacht?«
    »Nein.« Andreas schätzte die Entfernungen. Es mußte gelingen.
    »Natürlich nicht. Woher auch die Zeit nehmen? Sport wurde nur im Bett betrieben – ich weiß, so einer bist du. Brustkraulen und Auf-und-Nieder. Verdammt, stoß dich jetzt ab!«
    Andreas sprang. Er schnellte auf die treibende Scholle, machte einen Schritt vorwärts, stieß sich wieder von dem glatten Eis ab, warf die Arme und seinen Oberkörper nach vorn und kugelte am anderen Ufer der Stromrinne über eine höckrige Eisscholle. Von der Hütte begleitete ihn ein neuer Aufschrei der Susskaja.
    Putkin sprang hinterher. Unter ihm wackelte die treibende Scholle, Wasser überflutete sie, als sie etwas kippte, aber dieser massige Mensch war nicht zu erschüttern. Er schaffte es glatter als Andreas, stand auf dem festeren Eis und bückte sich, um Andreas hochzuziehen.
    »Idioten!« schallte es vom anderen Ufer. »Idioten!« Katja Alexandrowna stand am Fluß und schüttelte die Fäuste.
    »Alles in Ordnung?« fragte Putkin und hielt Andreas fest.
    »Alles, Igor Fillipowitsch.«
    »Jetzt ist es nur noch ein Spaziergang …«
    Sie tauchten in dem vom Schnee befreiten Wald unter und überquerten das noch halbgefrorene, aber schon schwammige Moor, erreichten die Lichtung und sahen General Serikow noch immer an dem dicken Stamm stehen. Seine grüßende Hand war etwas heruntergesunken und schwebte halbhoch an der Schulter, als wolle er gerade den Gruß absetzen.
    »Er weicht schon auf«, sagte Putkin ungerührt, während Andreas mit Schaudern auf den Toten starrte. Serikow hatte die Augen halb geöffnet, sein starrer glasiger Blick schien Andreas festzunageln. Vom Frost konserviert, sah Serikow auch jetzt nach Monaten noch stolz und geradezu vornehm aus. Ein schöner Mann … Andreas hatte es in den dramatischen Stunden seines Todes gar nicht bemerkt.
    Putkin untersuchte den Toten und nickte zufrieden. »Er steht noch gut!« sagte er. »Ich habe ihm einen schönen Eisklumpen an die Stiefel gepappt.«
    Er warf Andreas die Schaufel zu und zeigte auf den Rand des Moores. »Mach ein Grab, Andrej. Du wirst nicht tief kommen, aber wir müssen ihn so weglegen, daß er bedeckt wird. Später wird ihn dann der Sumpf langsam einsaugen. Kann er ein sichereres Grab haben, he?«
    Er begann, Serikow aus dem Eisklumpen loszuhacken, schwang die Axt und ließ das Eis klirren und spritzen. Dann, als Serikow von seinem kalten Sockel befreit war, legte er ihn sich über die Schulter wie einen kurzen Baumstamm und marschierte hinüber zu Andreas. Dabei pfiff er ein Liedchen, das sich so anhörte, als stamme es aus einem Militärgesangbuch.
    Das Grab war tatsächlich flach. Der Frost klammerte sich noch in die Erde, das Tauwetter hatte nur eine dünne Oberschicht erfaßt. Putkin lehnte Serikow gegen eine schlanke Birke, die bereits – welch ein Wunder der Natur! – überhaucht war von einem zarten, kaum wahrnehmbaren Grün. Dieser Wille zum Leben, dieses Erwachen der erstarrten Taiga, war unheimlich und ergreifend zugleich. Aber es war auch beruhigend: Seht, das Leben geht weiter. Man muß nur lernen, alles zu ertragen. Ein wahrhaft russischer Spruch.
    Putkin half mit der Axt, bis das Grab so tief war, daß man Serikow hineinlegen konnte. Sie betteten ihn auf den Rücken, und es wäre auch ganz gut gegangen, mit zehn Zentimeter Erde über ihm, wenn nicht die grüßende Hand im Wege gestanden hätte.
    »Das kann man nicht«, sagte Putkin nachdenklich. »Wir können die Hand nicht herausgucken lassen.«
    Er holte ein paar trockene Äste aus dem Unterholz, entfachte ein Feuerchen und schob es so nahe an den lang ausgestreckten Serikow heran, daß ihn die Hitze voll traf. Schon nach einer Viertelstunde sank der Arm herunter, die Hand fiel auf die Brust. Putkin zertrat das Feuer und spuckte in seine breiten Pranken.
    »Ruhen Sie wohl, Waska Janisowitsch Serikow, General der Roten Armee!« sagte er mit militärischer Strenge. Dann stand er stramm, legte die Schaufel wie ein präsentiertes Gewehr an die Brust und blickte in das bleiche, schöne Antlitz des Toten. »Ich verstehe Katja Alexandrowna nicht«, sagte er dabei ernst. »Sie paßt viel besser zu Serikow als zu dir, Andrej. Nichts gegen dich, aber er da und sie sind eine Welt. Verstehst du das? Und trotzdem läuft sie ihm davon! Man wird die Weiber nie verstehen –«
    Um eine Ausrede für ihren Ausflug in den

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