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Die Verdammten der Taiga

Die Verdammten der Taiga

Titel: Die Verdammten der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aus dem Westen ins Bett! Aber die Susskaja tut's! Zum Teufel, Andrej, was ist das für eine Frau?«
    »Ein Wunder, Igor, ein reines Wunder! Und eben nichts als nur eine Frau.«
    »Ich hätte es ahnen müssen. Habe ich Sie nicht lange genug beobachtet? Es ist fürchterlich mit Ihnen. Die Weiber verlieren bei Ihnen den Verstand, als liefen Sie dauernd mit offener Hose herum. Andrej – hätten Sie Nadeshna, das Betschwesterchen, genommen – meinen Segen dazu. Ich hätte neben Ihnen gestanden und Halleluja gesungen. Aber Katja Alexandrowna? Daran zerbrechen Sie, mein Bester! Die bringt einen Felsen zum Schmelzen, wenn sie die Beine um ihn legt. Denken Sie an meine Worte, Andrej. Vor uns liegt die Hölle. Da braucht man nicht noch einen Brand von innen –«
    Mit der Nachtruhe war es vorbei. Benerian mußte beruhigt werden. Seine Aufwärtsentwicklung zum Kriegsflieger, die sich keiner erklären konnte, weil niemand wußte, daß sein Vater ein damals bekannter Jagdflieger gewesen war, der Hauptmann Wladlen Kyrillowitsch Benerian, der dann über Berlin abgeschossen wurde, war nicht mehr mit einigen Pillen zu stoppen, sondern verlangte nach einer massiven Betäubung.
    »Womit?« sagte die Susskaja und wühlte in ihrem kleinen Arztkoffer. »Ich habe nichts …«
    »Was haben Sie überhaupt da drin?« schrie Putkin. »Potenzpillen?«
    »Ein Blutdruckmeßgerät, ein Stethoskop, eine Wickeltasche mit einem allgemein-chirurgischen Besteck, einige Medikamente gegen Grippe, Fieber und Darmverstimmung …«
    »Wie schön!« krähte Putkin und schlug sich auf die Schenkel. »Scheißen ist also erlaubt …«
    Er war eben ein grober Mensch, was soll man dagegen tun? Die Susskaja beachtete ihn nicht weiter, beugte sich wieder über Benerian und sprach auf ihn ein.
    Morotzkij war durch Putkins Gebrüll ebenfalls erwacht und saß lang und dürr neben Nadeshna. Sie hatte die Hände zwischen ihre Schenkel geklemmt. Ihre schönen, schmalen, blaßroten Lippen zuckten wie im Krampf.
    »Beim Morgengrauen geht's weiter –«, sagte Putkin. »Und wenn wir auf unsere Zungen treten … wir müssen aus dem Wald heraus, bevor es Winter wird.«
    »Das ist doch eine dämliche Illusion«, sagte Morotzkij ruhig.
    »Wir müssen Menschen erreichen, wollte ich damit sagen!« rief Putkin. »Menschen! Haben Sie schon mal in der Taiga überwintert, Semjon Pawlowitsch?«
    »Nein.«
    »Aber ich. Nicht allein, natürlich nicht … mit einer Gruppe von Geologen und anderen Ingenieuren. Wir waren neunundvierzig Mann. Kerle wie Bäume, sage ich. Und trotzdem … nach vier Monaten Gefangenschaft im Schnee waren wir soweit, uns gegenseitig mit den bloßen Händen umzubringen. Dieses Land ist herrlich, Freunde, es gibt kein schöneres Land auf der Welt als Sibirien … aber es frißt den Menschen auf.« Putkin beugte sich vor, blies kräftig in die glimmende Asche, bis sich ein kleines Flämmchen zeigte, und legte dann Holz nach. Es prasselte sofort auf, so trocken war es. »Angenommen, wir treffen auf Menschen –«, sagte er. Seine Stimme war verändert, weicher. Sie merkten es alle und sahen ihn verblüfft an. »Angenommen, wir überwintern bei ihnen … wollen wir wieder zurück in das, was man Zivilisation nennt?«
    »Natürlich«, sagte Morotzkij. »Ich habe einen Forschungsauftrag.«
    »Die Verhaltensweise der Nagetiere. Semjon Pawlowitsch, wie kann ein Professor so blöd sein? Wir alle hier –«, Putkin machte eine weite Armbewegung –, »haben jenseits dieses Waldes nur Dreck zu erwarten. Sie, Morotzkij, haben einen ungesühnten Mord gestanden. Sie, Nadeshna, sind eine Aspirantin fürs Straflager mit Ihren Bibeln und Priestern! Andrej, Ihnen kreide ich an, daß Sie am Olenek Fotos von Militäranlagen gemacht haben. Oha! Ich weiß alles! Und Sie, Jekaterina Alexandrowna, was Sie betrifft, da ist noch Dunkel um Ihre Person, aber in der schwärzesten Nacht kann man Licht machen. Freunde, was wollen wir noch draußen?«
    »Nur wir fünf kennen uns jetzt«, sagte Morotzkij. »Und wir werden auseinandergehen und uns nie wiedertreffen …«
    »Irrtum! Ich werde jeden von Ihnen melden …«
    »Man sollte Sie doch töten, Putkin«, sagte Andreas ruhig. »Nicht meinetwegen – ich habe mich in Ihrem Land anständig benommen. Aber die anderen …«
    »Ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker –«
    »Sie sind ein Idiot, Igor!« sagte die Susskaja. »Was wollen Sie eigentlich? Mit Ihrem fürchterlichen Karren nach Süden ziehen oder uns zwingen, in der Taiga zu

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