Die Verdammten: Endzeit-Thriller (German Edition)
Luft.
Hinter sich sah er nichts als Dschungel.
»Ich schätze, wir haben ihr Revier verlassen.«
Sie blieben stehen.
Josephine schloss die Augen. Ihre Brust hob und senkte sich heftig und sie beugte sich vor und übergab sich.
Nick hob seine Hände in die Höhe. Als er seine zerschnittenen, blutenden Handflächen und Finger bemerkte, erschauderte er unwillkürlich. Winzige Glasscherben bohrten sich in seine Haut.
Als Josephine sich nicht länger übergeben musste, richtete sie sich auf, wischte den Mund ab und fragte: »Ich nehme nicht an, dass du die Wasserflasche noch hast, oder?«
Nick schüttelte den Kopf.
»Oh Gott, sieh dir deine Hände an«, sagte Josephine. »Die müssen dringend gewaschen und verbunden werden.«
»Wir müssen einen Fluss oder einen Bach finden. Verflucht, wir müssen rausfinden, wo wir überhaupt sind.«
Josephine sah sich um. »Wir haben uns verirrt. Mist! Jetzt finden wir nie zurück zum Highway.«
Die Traurigkeit, die sich auf Josephines Gesicht ausbreitete, wirkte ebenso düster wie die Wolken, die den Nachmittagshimmel verhüllten.
»Wir finden ihn schon«, versuchte Nick sie zu trösten. Er hoffte, dass seine Worte zuversichtlich klangen. Aber gemessen daran, wie er sich fühlte – erschöpft und mit schmerzhaft pochenden Händen –, hörte er sich vermutlich eher mürrisch an. Er drehte sich um. Der Dschungel sah überall gleich aus. Er entschied sich für eine Richtung. »Gehen wir da lang.«
»Warum?«
Nick zuckte mit den Schultern. »Warum nicht?«
Josephine seufzte.
Sie setzten sich in Bewegung.
Ben stand auf der Plattform hoch über der Kirche und begutachtete sein Werk.
Die meisten Farne und Büsche hatte er mitsamt Wurzeln herausgerissen und es war ihm gelungen, etwa die Hälfte der Baumfarne auszugraben. Alle Pflanzen lagen auf einem Haufen in einer Ecke des Kirchenschiffs. Die vertrockneten Farnwedel und Blätter konnte er als Anzündholz benutzen. Bei dem restlichen Grünzeug musste er noch ein wenig warten, bis es zum Verbrennen taugte.
Die Hälfte der Holzbänke hatte er zu Feuerholz zerkleinert. Den Rest behielt er für den Fall, dass er sie später noch für seinen Bau brauchte. Er konnte daraus beispielsweise dicke, tödliche Speere schnitzen oder die langen Sitzbänke zum Verbarrikadieren der Türen benutzen. Möglicherweise ließ sich aus ihnen sogar eine stabile Leiter bauen, um die Spitze des Turms besser zu erreichen. Es gab endlose Möglichkeiten. Sobald sich eine Notwendigkeit ergab, wollte er spontan über ihren Einsatzzweck entscheiden. Für den Moment hatte er sie alle auf eine Seite der Kirche geschafft.
»Was denkst du, Knirps?«, fragte Ben den Dingo.
Das Tier schaute von unten zu ihm herauf, winselte leise und blickte dann zur Vordertür.
Ben hatte den Dingo Knirps getauft, als sie gemeinsam zum Fluss marschiert waren, und den Dingo schien der Name nicht zu stören. Ben hatte noch nie zu den fantasievollsten Kindern gehört – er hatte schon immer lieber Sport getrieben und mit seinen Händen gearbeitet, als zu lesen oder sich mit irgendwelchem Kunstkram abzugeben –, und ihm war nichts Besseres eingefallen.
»Ich finde ja, dass es verdammt noch mal ziemlich gut aussieht«, verkündete Ben und nickte.
Ihm gefiel der saubere Wohnbereich, frei von Bäumen, Farnen und Kletterpflanzen. Es kam ihm fast so vor, als ob er wieder in einem richtigen Haus wohnte. Sicher, es gab keinen Fernseher, keinen Computer, keinen Blu-ray-Player und keine Wii. Aber das hier war sein Reich, großzügig und offen, und das gefiel ihm.
Und es war schön, sich aus der Dschungellandschaft zurückziehen zu können. Draußen hatte er einen riesigen Urwald, in dem er spielen und jagen konnte. Aber hier drin wirkte alles schlichter und weniger überfüllt, und er musste sich keine Sorgen machen, dass hinter dem nächsten Baumfarn ein Feind lauerte.
Verflucht, er musste sich keine Sorgen machen, dass überhaupt irgendjemand hier reinkam, Punkt. Er hatte sein Zuhause gut gesichert. Nachts konnte er sich entspannen, weil er wusste, dass das vordere Tor fest verschlossen war und es niemand schaffte, durch die Seiteneingänge einzudringen. Und falls doch, bekam Ben das definitiv mit und konnte den Eindringling im Kampf besiegen.
Außerdem hatte er Knirps, der für ihn Wache hielt.
Ben lachte.
Knirps schielte zu ihm herauf.
Er wusste, dass Knirps kein besonders guter Wachhund war: Er sah nicht sonderlich bösartig aus, und Ben glaubte zu wissen, dass Dingos
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