Die Verfluchten
kam nicht nur einer Beleidigung nahe, es war eine - ganz unverhohlen. Abu Dun reagierte auch prompt mit einem wütenden
Knurren, das den Händler aber nicht im Geringsten zu beeindrucken
schien. Er trat nur einen halben Schritt zurück, und Andrej konnte
hören, wie sich die Schritte hinter der Bühne weiter entfernten. Etwas an der Stimmung hatte sich geändert. Niemand lachte mehr, und
nicht wenige aus der Menge, in der sie standen, versuchten sich unauffällig aus ihrer Nähe zurückzuziehen.
»Das reicht«, sagte er, nicht halb so kühl und überzeugend, wie es
ihm lieb gewesen wäre, trotzdem aber entschlossen genug. Abrupt
wandte er sich zu Abu Dun um. »Wir sind nicht hierher gekommen,
um uns beleidigen zu lassen.«
Abu Dun wirkte erstaunt, schien aber zu begreifen, worauf Andrej
hinauswollte.
»Lass uns einen anderen Händler suchen, der weiß, wie man mit
Kunden spricht. Und der anständige Ware hat.«
Abu Duns Gesicht spiegelte seine Verblüffung wider, aber schließlich hob er die Schultern und drehte sich um, und auch Andrej, den
es seine gesamte Beherrschung kostete, nicht noch einmal zu Meruhe
hinaufzusehen, machte auf dem Absatz kehrt und ging. Die Unruhe
hinter ihnen nahm noch zu, und für einen Moment hörte Andrej
schwere Schritte, die sich rasch in ihre Richtung bewegten, dann aber
wieder abbrachen.
»Was sollte das?«, beschwerte sich Abu Dun. »Wieso hast du…?«
»Wir haben schon mehr als genug Aufsehen erregt«, unterbrach ihn
Andrej. »Was hättest du gemacht, wäre er auf dein Angebot eingegangen? Wir haben das Geld nicht.«
Abu Dun schwieg einen Moment. »Aber wie konnte der Kerl das
wissen?«, murmelte er dann.
»Ich weiß es nicht«, log Andrej. »Aber ganz offensichtlich hat er es
gewusst.«
»Und was hast du jetzt vor?«, fragte Abu Dun. »Zuerst einmal von
hier verschwinden, bevor noch mehr Leute anfangen, sich zu fragen,
wer wir eigentlich sind.« Andrej hob die Schultern. »Ich werde Mustafa Bo fragen, ob er mir das Geld leiht.«
»Dreihundert Dinar?« Abu Dun keuchte. »Ja, sicher, er wird es dir
schenken, weil du ihm so sehr ans Herz gewachsen bist! Du bist verrückt!«
»Ich werde ihn fragen«, beharrte Andrej. »Und dann kommen wir
zurück.«
»Und wenn er es dir nicht gibt?«, wollte Abu Dun wissen. Andrej
hob noch einmal die Schultern. »Kommen wir auch zurück.«
Abu Dun machte ein Gesicht, als zweifele er ernsthaft an seinem
Verstand, zuckte dann ebenfalls nur mit den Schultern und ging weiter. Andrej folgte ihm, warf aber nun doch einen raschen Blick über
die Schulter zurück zu dem Stand, an dem er Meruhe zurückgelassen
hatte. Sie war nicht mehr da, und auch von dem Sklavenhändler war
nichts mehr zu sehen. Die Menge, die davor gestanden hatte, begann
sich aufzulösen, obwohl etliche noch immer beieinander standen und
redeten, wobei vielleicht mehr in seine und Abu Duns Richtung sahen, als ihm lieb war. Er sah jetzt auch die Männer, deren Schritte er
gerade gehört hatte; kräftige, bewaffnete Burschen, wie sie vermutlich jeder Händler hier in seinen Diensten hatte, um nötigenfalls mit
schlagkräftigen Argumenten für Ruhe zu sorgen, sollte er sich auf
andere Weise nicht mit seinen Kunden einigen. Es waren drei oder
vier, nichts, worüber er sich Sorgen machen müsste - und mindestens
zwei von ihnen starrten ganz offen zu ihm hin; ein weiterer wandte
sich genau in diesem Moment um und ging mit schnellen Schritten
davon. Andrej hatte das Gefühl, dass es besser war, nicht abzuwarten, bis er herausfand, wohin.
Mit wenigen schnellen Schritten holte er Abu Dun ein. Der Nubier
war offensichtlich wieder mit den Dämonen seiner Vergangenheit
beschäftigt, denn er blickte nun erneut zu dem Stand hin, auf dem
seine Landsleute zum Verkauf angeboten wurden. Offensichtlich
hatte der Händler mehr Glück gehabt als der, mit dem sie gerade gefeilscht hatten, denn genau in diesem Moment wechselte ein Beutel
Münzen seinen Besitzer, und einer der schwarzen Sklaven wurde von
den anderen kräftigen Burschen losgekettet und weggeführt. Abu
Duns Gesicht verfinsterte sich noch weiter.
»Benimm dich nicht so auffällig«, raunte Andrej ihm zu. »Wir werden sowieso schon angestarrt.«
Abu Dun schenkte ihm einen kurzen, fast mitleidigen Blick und
starrte dann wieder stur in die vorherige Richtung, aber Andrej hatte
seine Worte durchaus ernst gemeint. Es war zu spät, um etwas daran
zu ändern, aber ihm war klar, dass sie sich so auffällig benommen
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