Die verfuehrerischen Vier
verhielt mich kindisch, ich weiß. Ich hätte das, was mir da über die Leber lief, einfach abschütteln sollen, mich von einem der Freunde von Tyler zu einem Drink einladen lassen und Spaß haben sollen. Ich
schloss die Augen, holte tief Luft und ließ mich von der Musik durchströmen. Der Beat fuhr mir durch den Köper wie eine Massage aus Klängen.
Als ich die Augen wieder öffnete, saß Raul auf dem Liegestuhl neben mir. Mit gespreizten Beinen, dazwischen die gefalteten Hände. »Hi, Fiona.« Er lächelte.
Ich musste mich schrecklich beherrschen, um ihm nicht vor die Füße zu kotzen. Ich war so froh, ihn zu sehen, und gleichzeitig … total durch den Wind. Was wollte er? Warum war er hier auf der Party? Ich brachte kein Wort heraus.
»Stimmt was nicht?«, fragte er. Er trug khakifarbene Shorts, ein Hawaii-Hemd und eine Girlande um den Hals. Echt heiß. So verdammt heiß, dass er geradewegs wie aus den Seiten eines Abercrombie & Fitch-Katalogs aussah. Ich hasste ihn.
Ähm, ja, es stimmt tatsächlich was nicht, du Verräter.
»Wo sind deine Freunde?«, fragte ich. Ich meinte eigentlich deine Frau, aber egal. Herrgott, ich kannte ihn doch kaum und klang wie eine eifersüchtige Geliebte.
»Meine Cousins? Da drüben.« Er deutete auf die Tanzfläche.
Er hatte mich gesehen. Drüben auf der Insel. Ich war sicher. Zumindest glaubte ich, dass er mich gesehen hatte. Wusste er nicht, warum ich sauer war? »Hast du mir was zu sagen?«, fragte ich. Es klang ungehörig, aber echt, warum wollte er sich überhaupt mit mir unterhalten? Hatte er nicht so was wie einen herzförmigen Jacuzzi, in dem er jetzt blubbern sollte?
Raul setzte sich auf. »Tut mir leid … hab ich was gemacht, was dich verärgert hat? Dann geh ich.« Er stand auf, um zu gehen. Er schien enttäuscht zu sein.
»Warte«, platzte ich heraus.
Fragend hob er die Augenbrauen.
»Du hast mich nicht gesehen?«
»Dich gesehen?« Er legte den Kopf schief.
Was machte ich da? War es tatsächlich angebracht, ihn zur Rede zu stellen, wo wir uns doch kaum kannten? Aber ich hatte den Eindruck gehabt, dass wir beide etwas füreinander empfunden hatten. Ich dachte … »Schon ok«, sagte ich. »Bis dann.«
»Wo soll ich dich denn gesehen haben?«, fragte er. Er wollte es nun doch wissen.
Tja, jetzt war ich verwirrt. Es war doch Raul gewesen, den ich da im Smoking gesehen hatte? Wie er und das Mädchen getraut wurden? »Bei der Burg.«
Er schwieg und verdaute, was ich da gesagt hatte. Sah hinauf, als würden die Antworten dort am Himmel stehen. Dann lächelte er. Langsam. Immer breiter.
»Nett, dass du das so lustig findest«, sagte ich und stand auf, um zu gehen. Arschloch.
Er lachte jetzt so unbändig, dass er sich den Bauch hielt. »Warte, Fiona. Bleib da.«
Ich wollte nichts wie weg, aber ich war auch neugierig auf seine Erklärung.
»Weißt du noch, ich hab dir doch erzählt, dass ich Systemanalyse studiere?«
»Ja?«
»Aber auch, dass ich einen Nebenjob habe?«
Ja, und?
Als Reaktion verschränkte ich die Arme. Ich wusste nicht, auf was dieser Quatsch von wegen Studium und Nebenjob hinauslaufen sollte. Ich sah mich um und tat gelangweilt, da sah ich, wie die Blicke von Killian, Yoli und Alma zu uns herüberirrten. Sie starben … starben vor Neugier auf diesen Knüller.
Ich hob eine Hand hoch. »Du bist mir keinerlei Erklärung schuldig, Raul. Wie kennen uns kaum. Du warst einfach nett. Mein Fehler, dass ich angenommen habe, dass du mich magst.«
»Aber ich mag dich ja«, sagte er so überzeugend, wie man sich nur vorstellen kann.
So ein Schauspieler! Mein Gott! »Aber du bist doch verheiratet!«, rief ich lauter als die Musik. »Oder hast du geglaubt, ich würde das nicht rausfinden?«
Er wirkte verblüfft. Allerdings nicht so sehr, dass es ihm das Lachen verschlug. Er lachte so unbändig, dass ich ihm am liebsten eine reingehauen hätte.
Endlich hörte er auf und verschnaufte sich. »Das war’ne Foto-Session, Fiona.« Er bemühte sich sehr, einen erneuten Lachanfall zu unterdrücken. »Ein Fotoshooting.« Aber er konnte nicht an sich halten und brach erneut in schallendes Gelächter aus.
Ich hatte immer noch Lust, ihn umzubringen. »Ja, das hab ich gesehen, aber …«
»Das war doch nicht meine Hochzeit. Es war ein Fotoshooting. Das ist mein Nebenjob. Das bind ich nur nicht jedem auf die Nase.«
Halt mal …
»Das war gar nicht deine Frau?« Killian beobachtete uns wieder. Yoli versuchte, mir geheime Zeichen zu geben, aber ich stellte
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