Die verfuehrerischen Vier
Gelegenheit sein.«
»Gibt’s auch Tanzkurse?«, fragte sie.
»Warum? Willst du jetzt auf einmal Tänzerin werden?« Ich hätte fast gelacht, doch dann bemerkte ich, wie ernst sie aussah, als ob ich womöglich ihre neueste Illusion zerstört hätte. »Weiß ich nicht. Kannst dich ja mal erkundigen. Was willst du denn sonst machen?«
Alma schnaubte spöttisch und Killian kicherte mit. Ich hatte das Gefühl, aus einem privaten Geplänkel zwischen ihnen ausgeschlossen zu sein. Ich hatte immer den Verdacht, dass Killian und Alma Geheimnisse hatten, mit denen Yoli und ich ihrer Meinung nach nicht umgehen konnten.
»Was?«, fragte ich und zog die Augenbrauen hoch. »Willst du weiter die Entertainerin spielen? Tyler nachlaufen, wenn die Kreuzfahrt vorbei ist?«
»Hab ich nie gesagt«, feuerte Killian zurück und sah ein bisschen beleidigt aus. Aber schließlich hatte sie ja neulich diese Girlie-DVDs erwähnt, nicht ich. Wir schwiegen eine Minute. Killian machte Pliés und Arabesken. Alma sah mich teilnahmsvoll an.
»Wie auch immer«, fuhr ich fort, »ich hab nur gedacht, dass es was ganz Einmaliges sein könnte, weil du doch noch alle Möglichkeiten offen hast.« Wenn ich selbst schon nicht nach St. Thomas zurückkehren konnte für einen Kurs im Herbst, dann doch wenigstens eine von uns.
Killian kauerte sich theatralisch vor mich hin und gab mir einen Kuss auf die Wange. »Und ich danke dir für den Vorschlag.«
So weit, so gut. Wie blöd von mir, zu glauben, dass Killian überhaupt auf einer verschlafenen Insel leben wollte, um Delfine zu füttern, wo sie lieber in einer großen Stadt sein würde, um entdeckt zu werden. Oder sich zumindest flachlegen zu lassen. Ich würde nicht mehr darauf zurückkommen. Sollte sie doch machen, was sie wollte.
Es war spät, daher machte ich mich zu unserer Kabine auf. Ich war sauer, weil mir Raul in dem ganzen Schlamassel durch die Lappen gegangen war.
Nach einer Nacht, in der ich mich die ganze Zeit unruhig gewälzt hatte, schlug ich morgens die Augen auf. Yolis Bett war immer noch gemacht. Mir wurde flau, als mir die böse Lage bewusst wurde, in der wir uns befanden. Ich sprang aus dem Bett und zog mich an, obwohl es erst sieben Uhr war. Ich wollte bei Kil und Alma in der Kabine nachsehen und das Schiff noch ein paar Mal absuchen. Wenn das ohne Erfolg war, frühstücken gehen und warten, ob Yoli dort auftauchte.
Wenn nicht, mussten wir wohl etwas unternehmen - eine Vermisstenanzeige aufgeben oder so. Wie konnte das passiert sein? Gerade war sie noch da gewesen, und auf einmal … weg. Ihr Verschwinden erinnerte mich an Geschichten von Eltern, die im Fernsehen solche Schreckensberichte erzählten, wie Kinder innerhalb eines Wimpernschlags aus einem Einkaufszentrum verschwanden. Aber sie konnte ja an jedem beliebigen Ort auf dem Schiff versteckt sein, oder gar in der Stadt. Ich versuchte, eine Welle der Panik zu unterdrücken.
Ich schlüpfte in meine Sandalen und nahm den Kartenschlüssel für die Kabinentür. Sollte ich bei Santiago klopfen? Ich wollte die beiden nicht beunruhigen, solange es nicht unbedingt nötig war, und beschloss, bis nach dem Frühstück zu warten. Stattdessen klopfte ich bei Killian.
Nach einem kurzen Moment machte Alma einen Spalt auf und sah heraus.
»Was Neues?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Gut, dann such ich noch mal. Wir sehen uns beim Frühstück.«
Sie nickte.
Ich ging und machte einen raschen Rundgang über unser Deck. Vielleicht erwischte ich Yoli ja, wie sie, die Schuhe in den Händen wie nach einer Liebesnacht, aus einer Kabine kam. Nichts.
Auf den beiden nächsten Decks begegnete ich lauter Eltern mit verschlafenen Augen, die mit ihren Kindern zum ersten Frühstück unterwegs waren. Ich betrat eines der Außendecks. Die Aussicht verschlug mir den Atem. St. Thomas war in den frühen Morgenstunden sogar noch schöner. Stille hing über der Insel, während die Sommerhitze den leichten Dunst rasch auflöste.
Ich blickte über das Deck und sah ein Mädchen in pinkfarbenem Kleid auf einem der Liegestühle schlafen. Die vollbusige Psycho-Hexe? Ich lief los und blieb vor ihr stehen. Mit der Sandale trat ich ihr an den nackten Fuß, bis sie sich rührte. Ich hatte ein Bild vor mir, dass sie mich mit roten Vampiraugen anstarren würde, die blutigen Reißzähne warnend entblößt. Aber sie öffnete nur ganz normale, verschlafene Augen und sah mich an.
»Wo ist Yoli?«, wollte ich wissen.
»Wer?«, krächzte sie.
»Meine Freundin? Mit der
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