Die verfuehrerischen Vier
irgendwann haarklein erklären musste.
Wir gingen durch Charlotte Amalie, das ich ja dank der gestrigen aufregenden Ereignisse bereits kannte. Ich wies die anderen auf alles hin, was ich schon gesehen hatte, auch auf die Risse in der Mauer des Cafés, in dem ich gewesen war, als das Beben einsetzte.
Irgendwann sagte Alma: »Und wie steht es mit den Niederschlägen hier in St. Thomas, Reiseleiterin Fiona?« Killian und Yoli lachten, und ich hätte ihr am liebsten eine gescheuert. Na gut, vielleicht redete ich tatsächlich zu viel, aber sie waren gestern doch nur um die Insel herumgefahren. Ich war schließlich schon in der Stadt gewesen.
Ich konnte sehen, dass Killian vor Neugierde fast aus allen Nähten platzte. »Yoli, kannst du uns wenigstens erzählen, was dieses blöde Weib zu dir gesagt hat?«, fragte sie mitten in einem Laden voller Meeresmuscheln. Ich sah mir gerade einen Bilderrahmen aus kleinen Muscheln an. Ehe ich ihn wieder
weglegte, warf ich noch einen Blick auf das Schwarzweiß-Foto darin. Ich wollte sehen, ob das männliche Model, das ein Mädchen im weißen Kleid in den Armen hielt, vielleicht Raul war. Nein, war er nicht.
Yoli tunkte die Hand in einen Eimer voller kleiner polierter Steinchen, nahm eine Handvoll heraus und ließ sie wieder zurückrieseln. »Welches Weib? Giselle?«
»Giselle?« Die Latina-Barbie hatte einen Namen?
Yoli zuckte die Schultern. »Um ehrlich zu sein, ist sie gar nicht so schlimm. Sie wollte nur wissen, wo sie mit Tyler steht. Ob er mit jemandem zusammen ist. Ich hab gesagt, das wüsste ich nicht.«
Pah, das wusste ja sogar ich.
»Das hätte sie mich auch fragen können, statt so ein handgreifliches Geschiss zu machen.« Killian stützte sich auf einen Ladentisch und berührte ein Glockenspiel aus Muscheln, das über ihr hing. Es bimmelte.
»Also hör mal, du hast vor ihrer Nase deine Titten entblößt, um ihn von ihr abzulenken«, versuchte ich das zu erklären und nahm einen anderen Rahmen, der ganz mit aufgeklebtem Sand bedeckt war.
Killians Ton wurde trotzig. »Das wusste sie aber nicht. Es hätte doch sein können, dass ich nicht mal wusste, wer er ist.«
Alma schnaubte. »Echt, Kil.« Sie nahm zwei Muschelschalen auf und hielt sie sich wie einen Nixenbikini vor die Brust. »Du bist doch vor ihm auf und ab stolziert, bevor du das gemacht hast. Du merkst gar nicht, wie sehr du andere Mädchen einschüchtern kannst.«
Yoli lachte, als sie Alma sah. Ich musste ein Kichern unterdrücken. Ich wollte nämlich wirklich, dass Killian Alma zuhörte und sie ernst nahm, so ernst, wie man jemand nehmen kann, der sich mit einem Muschelbikini präsentiert. Killian
sah sie an und klimperte ganz langsam mit den Wimpern. »Mhm-hmm«, summte sie und richtete den Blick auf Yoli. »Hab ich auch schon gehört.«
»Yoli ist eben einfach …« Alma suchte nach einem Wort. Bestimmt würde sie Yoli eine reinwürgen. »Netter.«
Sonst nichts?
Yoli nahm einen Stein auf und lächelte vor sich hin. Killian machte ein naserümpfendes Geräusch, als wisse sie nicht, was sie von dieser Bemerkung halten solle.
Alma legte die Muschelhälften wieder hin. »Zehn Leute können auf dieselbe Person auf zehn verschiedene Arten reagieren, je nach Chemie und Kräftespiel.«
Das stimmte allerdings. Aber meine Vermutung war, dass die Latina-Barbie - ich meine, Giselle - Yoli nicht als ernsthafte Konkurrenz sah, was ich allerdings nicht sagen wollte. Es wäre interessant, zu erleben, wie Yoli auf der Uni sein würde. Würde sie weiter versuchen, sich so durchzusetzen, wie sie es diese Woche tat, oder würde sie sich wieder von Mädchen wie Kil ausbremsen lassen? Ich konnte ihr keinen Vorwurf machen, es versucht zu haben.
Wir verließen den Laden, als eine Verkäuferin auf uns zusteuerte. Es war inzwischen schon elf Uhr und die Sonne brannte gnadenlos auf uns herunter. Daheim machte ich mich immer lustig über kleine alte Damen, die in der Stadt herumliefen und sich einen Sonnenschirm über den Kopf hielten, als ob es mitten an einem heißen, sonnendurchfluteten Tag plötzlich zu regnen anfangen könnte. Aber hier hätte ich wer weiß was bezahlt für so ein Ding, das die Sonne ein bisschen abhielt.
Wir fanden einen versteckten Innenhof. Vier Bänke waren im Kreis aufgestellt. Im Zentrum stand ein riesiger Baum, der gut Schatten spendete und außerdem ein Schild für einen Bewohner der Stadt, der dafür verantwortlich war, dass dies
Fleckchen nicht von Bauentwicklern angerührt werden konnte. Um
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