Die Verführung der Arabella Fermor: Roman (German Edition)
beiseite. »Bei irgendeiner Gelegenheit habe ich mal gehört, Tommy Hawkins habe dir seine Ehrerbietung gezeigt, Teresa? Aber du hast ihm natürlich die Tür gewiesen …« Arabella hatte gar nicht die Absicht, ihre Cousine zu hänseln, sie war einfach nur in den neckischen Plauderton zurückgefallen, wie er in den mondänen Kreisen im Schwange war. Zu ihrer Überraschung griff Teresa diesen Stil sehr rasch auf.
»Charles Stafford soll mal gesagt haben, er werde sich erschießen, wenn du ihn nicht heiratest, Bell«, konterte sie. »Das ist doch mal eine Prachtfeder an deinem Hut. Es heißt, er sei seine fünftausend im Jahr wert.«
»Dann, fürchte ich, müssen wir uns drauf gefasst machen, jeden Moment die Nachricht von Charles Staffords Tod zu erhalten.« Beide Mädchen lachten. Sie begannen, sich zu amüsieren.
»Oh!«, rief Arabella. »Da ist ja der süße Apfelhändler! Wollen wir ein bisschen Lakritze bei ihm kaufen?«
Sie blickten sich um an dem übervollen Marktstand mit seinen Kisten und Körben voller Pippinäpfel, Parmänen, Zitronen und Granatäpfeln. Sie waren sich durchaus bewusst, welch hübschen Anblick sie boten, wie sie so die Früchte bewunderten und über die Scherze des Apfelhändlers lachten. Arabella kaufte für einen Penny kandierten Ingwer, den sie nie essen würde, sehr wohl wissend, wie reizend sie wirkte, als sie da in ihrem silbernen Täschchen nach der Münze herumsuchte. Mit Vergnügen bemerkte sie, dass zwei fesch gekleidete Herren sie aus der Tarnung der Arkade heraus beobachteten.
Sie suchte immer noch nach dem Penny, als einer der Herren herantrat. Er reichte dem Verkäufer eine Münze, nahm die Tüte mit dem Ingwer und überreichte sie Arabella. Erstaunt blickte sie auf, wohl bemerkend, dass er teure Handschuhe trug und dass sein Mantelkragen mit kostbarem Pelz besetzt war. Als sie ihm dankte, machte er eine abwehrende Kopfbewegung, sagte aber nichts. Interessierter, als sie beabsichtigt hatte, wandte Arabella ihren Blick seinem Begleiter zu.
Als ihrer beide Augen sich begegneten, erzitterte sie unter einer Woge unfreiwilliger Erregung. Sie kannte ihn! Er war ein hochgewachsener Mann mit hoher Stirn, wohlgeformter Nase und ebensolchem Mund. Er trug keine Perücke, und seine dunklen Locken waren im Nacken mit einem schwarzen Band zusammengebunden. Sein Gesichtsausdruck war ruhig und kontrolliert – offensichtlich ein Mann, der es gewohnt war, angeschaut zu werden -, aber als er sie anlächelte, da war es das offene Lächeln eines Jungen.
»Robert!«, rief sie aus. »Sie sind es doch, oder?«
Der Herr fuhr leicht zusammen, aber als er weiter in den Innenhof trat, erhellte ein erkennendes Lächeln sein Gesicht. »Wie geht es Ihnen, Miss Fermor?«, sagte er. »Sie sind sehr schön geworden.«
»Oh, ich vergesse, dass wir nicht mehr als Robert und Bell miteinander bekannt sind«, antwortete sie und gab sich gelassen. »Wie geht es Ihnen, Mylord?«
»Viel besser, wenn Sie mich Robert nennen«, meinte Lord Petre.
Arabella legte eine Hand an den Hals. »Es war wohl im Kinderzimmer, wo wir uns das letzte Mal gesehen haben?«, meinte sie.
Er trat einen weiteren Schritt vor und sagte: »Kinderzimmer? Wohl kaum! Ich war ein großer Mann von achtzehn, kam von der Schule in der unerschütterlichen Gewissheit, dass die Welt mich nichts mehr lehren könne. Erinnern Sie sich nicht an meine Prahlerei mit meinem Schwert und meiner Schnupftabaksdose?«
Arabella sah ihn spöttisch an. »Diese Objekte scheinen Sie ja immerhin behalten zu haben«, sagte sie.
»Lassen Sie mich nicht erröten über das, was ich geworden bin«, protestierte er, und Arabella dachte, wie gut er doch aussah mit seinem Schwert, das in der Wintersonne glitzerte. »Als ich Sie damals kannte, waren Sie die munterste Nymphe auf dem Dorfanger, der Schwarm aller kegelnden Bauernburschen. Und doch sind Sie jetzt eine große Dame. Ich nehme an, sonst hat sich wenig verändert seit jener Zeit?«
Arabella runzelte leicht die Stirn. »Sie haben recht, ich habe mich sehr wenig verändert«, erwiderte sie.
»Ich bin größtenteils auf dem Lande gewesen, seit mein Vater gestorben ist«, sagte er nachdenklich, als überlege er, weshalb sie sich nicht schon eher begegnet waren.
Teresa stand verlegen dabei, während Lord Petre und Arabella miteinander sprachen, wurde immer weiter zurückgedrängt, bis ihr Reifrock gegen den Stand des Apfelhändlers stieß. Sie kam sich läppisch vor, wäre gerne gegangen, und versuchte
Weitere Kostenlose Bücher