Die Verfuehrung Des Ritters
sie.
Alle Menschen liebten sie. Es war so, wie sie es ihm prophezeit hatte.
jeravius wandte sich ihm wieder zu und bemühte sich, den neuen Burgherrn gleichmütig anzusehen. Griffyn nickte und entließ den jungen Ritter. Es würde ihm schon bald gelingen, jeravius und die anderen, den immer finster dreinschauenden Fulk eingeschlossen, an sich zu binden. Und wenn es sein musste, würde er dafür auch zu wirksameren Methoden greifen.
10. KAPITEL
Gwyn hatte die Begegnung der beiden Männer aus der Ferne beobachtet. Von Griffyns Auftauchen über die Unterhaltung, die sich entwickelte, bis hin zu Jervs Aufspringen und der brüderlichen Geste.
Schon wieder ein Kampf, den ich verloren habe, dachte sie bitter. Es herrschte auch nicht die steife, kühle Stimmung, die sie sich für dieses Fest erhofft hatte. Überall sah man nur fröhlich feiernde Menschen. Haushaltsmitglieder, Dorfbewohner, Ritter und Soldaten saßen mit Pagans Männern zusammen und unterhielten sich freundlich mit ihnen. Nein, nicht nur freundlich. Im Saal herrschte eine geradezu überschäumende Ausgelassenheit.
Hatten die Leute denn vergessen, dass sie noch vor Kurzem mit diesen Männern im Krieg gelegen hatten? Vermutlich war es so, denn sie plauderten angeregt mit Pagans Männern, teilten das Ale und das Lachen mit ihnen. Und wahrscheinlich auch ihre Geheimnisse. Gwyns Miene verfinsterte sich.
Pagan war in seine Unterhaltung mit Jerv vertieft. Aber sein Blick glitt dennoch ruhelos durch den Raum. Er trug eine schmal geschnittene Tunika, die seine breiten Schultern und den kräftigen, sehnigen Leib betonte. Die mit Edelsteinen besetzte Fibel an seiner Schulter versprühte einen grünen und roten Funkenregen, und Gwyns Blick wurde gegen ihren Willen auf seine muskulösen Schenkel gelenkt, die sich unter der engen Hose abzeichneten. Der Feuerschein beleuchtete seine hohen Wangenknochen und das breite Kinn. Aus der Entfernung war die Narbe nur eine schmale Linie, die über die edlen Züge seines Gesichts lief. Sein Körper war Zoll für Zoll der eines triumphierenden Kriegers.
Und das bedeutete, dass sie seine Beute war.
Sein undurchdringlicher grauer Blick ruhte auf ihr. Sie erschrak, denn selbst wenn er es nicht wollte, war dieser Mann die pure Verführung. Er strahlte eine körperliche Sinnlichkeit aus, der sie sich nicht entziehen konnte. Er raubte ihr den Atem.
Ihre Finger, die sich merkwürdig kalt anfühlten, glitten unwillkürlich zu ihrem Hals.
Ihre Welt würde sich in dieser Nacht für immer ändern. Durch ihn.
Durch seine Hände, seine Lippen, seinen Mund.
Gwyn riss sich gewaltsam von dieser gottlosen Aufzählung los, die sie in Gedanken aufstellte, und versuchte, die Angst niederzuzwingen.
Wenn sein selbstgefälliges Lächeln ihr etwas sagen wollte, dann vermutlich, dass er ihre Angst spürte. Sie hatte versagt.
Dieser Gedanke bedrückte Gwyn so sehr, dass sie den Kopf noch tiefer sinken ließ.
Als ein Lakai vorbeieilte, bedeutete sie ihm, ihr Wein nachzuschenken.
»Vorsicht, Weib. Mir wäre es lieber, wenn Ihr noch aufrecht stehen könnt.
Wenigstens noch eine Weile.«
Griffyn sprach dicht an ihrem Ohr. Sie warf ihm einen bösen Blick zu. Er stand neben ihrem Stuhl, sein Oberschenkel war nur wenige Zoll von ihrem Gesicht entfernt.
»Wie bitte?«
»Mir wäre es lieber, wenn Ihr noch aufrecht stehen könnt. Eine Zeitlang wenigstens noch.«
Er grinste von einem Ohr zum anderen. Ach, jetzt kam er sich schlau vor. Er hatte sein Zuhause zurückerobert, hatte sich eine Frau genommen und setzte alles daran, einen Keil zwischen sie und ihre Ritter zu treiben.
Ihr kamen die herzhaften Flüche ihres Vaters in den Sinn, die ihr in diesem Augenblick durchaus passend schienen. Dieser
Schuft stand so dicht neben ihr, dass sie seine Hose hätte flicken können. Als ob sie das je tun würde.
»Ihr müsst mit Euren Erfolgen ja mehr als zufrieden sein«, sagte sie bitter.
»Ich wäre es, wenn meine hübsche Verlobte mich anlächeln würde.« Ihre Mundwinkel rutschten nach unten. Griffyn seufzte. »Vermutlich bekommt Euch der Wein nicht.«
»Was mir nicht bekommt, ist, mich gesehlagen zu geben.«
»Nein, das auch nicht.« Er betrachtete sie nachdenklich. »Was kann ich tun, um es Euch leichter zu machen?«
Sie tat so, als müsse sie über eine Antwort nachdenken. »Verschwinden?«
Er lachte. Anscheinend wollte er ihr an diesem Abend ihre schlechte Laune durchgehen lassen. Was kostet es ihn denn schon, dachte sie wütend. Nur ein
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