Die Verfuehrung Des Ritters
ihrer Klugheit, mit ihrem Temperament und ihrem Humor übertraf sie bei Weitem das, was er sich je von einer Ehefrau versprochen hätte. Und sie unterschied sich so sehr von seiner Mutter, wie sich zwei Frauen nur unterscheiden konnten.
Nein, dachte er, sie ist anders als alle anderen Frauen, sie ist anders als jeder andere Mensch, den ich kenne.
Wenn sie ihn nur nicht verraten hätte ...
In der großen Halle herrschte ausgelassene Stimmung, wie Griffyn feststellte, und nur seine Verlobte beobachtete das alles mit sauertöpfischer Miene. Die Tische hatte man schon kurz nach dem dreistündigen Festmahl, mit dem die Verlobung und die Eroberung Everoots gefeiert worden war, zur Seite geräumt. Und jetzt wurde der Platz genutzt, um ausgelassen zu feiern.
Griffyn hatte Spielleute engagiert und Ringkämpfer kommen lassen, die von den fröhlichen und schon reichlich bezechten Gästen lautstark angefeuert wurden -
besser diese Schaukämpfe als echte Prügeleien. Lautes Rufen und Lachen hallte von den Dachsparren wider und stieg zu den Schieferplatten auf, aus denen die hohe Decke der Halle bestand. Griffyn lehnte sich zufrieden zurück.
An diesem Abend herrschte eine so überschäumende Stimmung, dass Griffyn überrascht war, dass Gwyn nicht jeden eigenhändig erwürgt hatte, der es in den letzten Stunden auch nur gewagt hatte, zu kichern. Soweit er wusste, hatte sie noch nie einen Menschen umgebracht. Noch nicht.
Auf einem Podium hatten die Musikanten Platz genommen, die den Gästen aufspielten. Die Melodien umflossen die Feiernden, und je weiter der Abend fortschritt, desto mehr von ihnen begannen zu der Musik zu tanzen.
Die Countess d'Everoot tanzte nicht. Sie saß stocksteif da, die Arme eng an die Seiten gedrückt. Die einzige Bewegung, die Griffyn bei ihr wahrnahm, war das Heben des Weinkelches, wenn jemand ihr zuprostete. Und selbst tat sie erst, nachdem er sie daraufhingewiesen hatte.
Er ließ den Blick durch die Halle schweifen. In einer Ecke saßen die Ritter der de l'Amis beisammen. Inmitten der ausgelassen feiernden Menschen wirkten sie eher bedrückt. Ein schlanker, aber kräftig gebauter junger Mann saß bei ihnen. Er hieß Jeravius, wenn Griffyn sich recht entsann. Er hatte den Mann bemerkt, als die Soldaten de l'Ami auf dem Burghof Aufstellung genommen hatten. Die Art, wie er mit der Hand über die alte Steinwand gefahren war, hatte Griffyns Aufmerksamkeit geweckt. Der junge Mann hatte die Steine berührt, wie man ein liebgewonnenes Haustier streicheln würde.
Heute Abend war Jeravius' Blick ständig auf Guinevere gerichtet. Er wandte kein Auge von ihr und lehnte sich vor und zurück, sobald sich jemand in den Weg stellte und ihm die Sicht versperrte.
Dass Guinevere so stocksteif dasaß, dass eine Eichenplanke neidisch auf sie geworden wäre, trug wenig dazu bei, den finsteren Ausdruck vom Gesicht des Ritters zu vertreiben. Und sein Unmut könnte zu einer Bedrohung für Griffyns Herrschaft über Everoot sein.
Griffyn stand auf und hoffte, dass niemand auf ihn achtete. Aber er hätte genauso gut eine Herde Schafe durch die Halle treiben können. Alle Köpfe fuhren zu ihm herum, die Musik verstummte, und auch zwei seiner Ritter, die sich im spielerischen Kampf miteinander maßen, blickten zu ihm hin, die Hände noch am Kragen des Gegners.
Mit einem Kopfnicken hieß Griffyn die Feiernden weiterzumachen. Die Tänzer wirbelten wieder herum, die Musikanten spielten wieder, Feuer flammten auf.
Griffyn verließ das Podium und ging zu Jeravius.
»Es ist ein schöner Abend«, bemerkte er, als er am Tisch der Ritter de l'Amis stehen blieb und den Blick durch die Halle schweifen ließ.
»Ja«, pflichtete Jeravius ihm vorsichtig bei. Er stand auf. »Mylord.«
»Lady Guinevere hat am heutigen Tag viel verloren«, sagte Griffyn. Sein Blick glitt über die Menge der Feiernden, ehe er den Ritter anblickte.
Jeravius erwiderte seinen Blick. »Sie ist eine gute Frau, Mylord. Sie verdient es, glücklich zu sein.«
»Und es steht in meiner Macht, dass sie es wird. Ich bin durchaus gewillt, sie glücklich zu machen.« Die Tanzenden schienen seine ganze Aufmerksamkeit zu fesseln, als er weitersprach. »Glaubt Ihr, ich werde mit großem Widerstand zu kämpfen haben?«
Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Jeravius langsam den Kopf schüttelte.
»Nicht von mir, Mylord.«
»Bien. Ich werde meinen Teil erfüllen und Ihr Euren.«
»Dessen könnt Ihr versichert sein, Mylord.«
Dennoch glaubte Griffyn, in der
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