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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sie sah aus wie das Exemplar, das sie in dem Kloster gesehen hatte, das die de l'Ami seit jeher förderten. Sie war damals noch ein Kind gewesen, und sie hatte die Mönche dazu bewegen können, ihr die Geschichten wenigstens zu erzählen. Die Mönche hatten es nicht gewagt, den Zorn ihres Vaters auf sich zu ziehen, indem sie ihr das Lesen beibrachten.
    Ihre Finger fuhren andächtig über die wundervoll zarten Linien der Buchstaben, die sich über die Seiten ergossen. Das Blau, das Rot und das Grün der Illustrationen strahlte so intensiv, als wären die Farben noch feucht. Gwyn berührte ein Bild, das den Rand einer Seite bedeckte: ein Mönch, der mit einer Feder einen Strich setzte, um ein fehlendes A in eines der Worte einzufügen. Welch eine Fertigkeit und welch ein Können. Gwyn lächelte und blätterte vorsichtig um.
    »Was denkt Ihr?«
    Sie hob abrupt den Kopf. Griffyn stand vor dem Kohlenbecken und wärmte sich die Hände. Sie hatte ihn nicht hereinkommen gehört. Er warf ihr einen knappen Blick zu, ehe er sich wieder den Flammen zuwandte. Das Buch in den Händen, erhob sie sich.
    »Ich denke, ich bin einfach überrascht«, gab sie zu.
    »Von Monmouth?«
    »Von Euch.« Sie wies auf das Regal.
    Er blickte über die Schulter und lächelte. »Und was haltet Ihr von Geoffrey Monmouth' Geschichte der Könige Britanniens?«
    Es war unmöglich, sein Lächeln nicht zu erwidern. »Ich muss zugeben, das weiß ich nicht. Aber ich habe gehört, es sei alles nur erfunden
    »Nun ja, aber er hat für uns Waliser ein gutes Werk vollbracht. Immerhin hat er König Arthur uns zugeschrieben.«
    Neugierig blickte sie ihn an. »Und von wessen Seite habt Ihr Euer walisisches Blut?
    Bestimmt nicht von Eurem Vater. Sauvage ist ein normannischer Name.«
    Er nickte. »Mein Vater war vieles. Es gefiel ihm, dass man ihn für einen Normannen hielt, und er hat seinen Titel und die Ländereien, die er hier in England besaß, auch nicht verschmäht. Es war meine Mutter. Sie war eine walisische Prinzessin.«
    Gwyn war beeindruckt. »Und was habt Ihr noch?«, fragte sie und wies zum Regal.
    »Die Kirchengeschichte von England und der Noriruindie, eine Arbeit von Vitali. Und Bebes Lehen der Äbte«, zählte er auf, während er sich die Hände über dem Kohlenbecken wärmte. »Dann ist da noch die Gesta Pontificorum Anglorum, die aus der Feder Malmesburys stammt, aber dabei handelt es sich mehr um eine informelle Chronik über das Leben der Bischöfe und nicht um einen vollständigen historischen Abriss. Aber es ist fundiert. Und nützlich.«
    Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Ja, er war ein Krieger -das wusste sie. Ein Verführer - dagegen konnte sie ankämpfen. Aber ein belesener Adeliger mit einer Bibliothek, die es mit der eines reichen Klosters aufnehmen konnte? Was konnte sie dem entgegensetzen? Sie setzte sich wieder aufs Bett.
    »Was haltet Ihr von den anderen Schriften, Guinevere?«, hakte er nach.
    »Ich kann nicht lesen.« Sie stieß die Worte hervor.
    »Das ist ein Zustand, den wir beheben werden, wenn Ihr wünscht.«
    »Papa hielt nicht viel vom Lesen«, teilte sie ihm mit und starrte auf ihre Fingernägel.
    »Aber Ihr schon.«
    »Das tue ich noch heute.«
    Griffyn beobachtete, wie sie ihre Fingerspitzen ausgiebig betrachtete. Ihre schmalen Schultern sackten nach vorne. Ihr
    Anblick erinnerte ihn wieder an jene Nacht vor einem Jahr, als sie durch den Wald geritten waren, einander geküsst hatten, und wie sie danach in sich zusammengesunken war. Wie eine Gliederpuppe, der man die Fäden durchschnitten hatte. Es war für ihn vollkommen unerwartet gekommen.
    Er legte den Schürhaken beiseite, ging zu Gwyn und nahm ihre Hand, um ihre abgesplitterten Fingernägel anzusehen. Ihre schmalen Hände waren von der Arbeit schwielig geworden. »Ihr habt hart gearbeitet.«
    »Das haben wir alle.« Sie versuchte, ihm die Hand zu entziehen, aber er hielt sie fest. »Es macht mir nichts aus. Einige meiner Aufgaben sind mir sehr lieb.«
    Er sah sie fragend an. »Ihr schrubbt gern die Fußböden in den Gemächern ?«
    Das brachte sie zum Lächeln. Nur ein kurzes Aufblitzen, aber immerhin ein Lächeln.
    Er wollte mehr davon. »Ich schrubbe keine Böden«, erklärte sie. »Es fällt Euch vielleicht schwer, das zu glauben, aber ich mag meine Arbeit.«
    »Ja, das fällt mir schwer. Die meisten hochgeborenen Damen wünschen, so wenig wie möglich zu tun.«
    Das Lächeln schwand. »Ich bin nicht wie die meisten Frauen«, flüsterte sie.
    Er spürte, wie

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