Die Verfuehrung Des Ritters
nur gedämpft zu Griffyn und Alex herauf und vermischten sich mit dem Flüstern des Nieselregens. Die müden Wachsoldaten in ihren feuchten Kettenhemden hoben grüßend die Hand und verschwanden im Innern der Burg.
Sobald sie allein waren, ergriff Griffyn das Wort. »Ich habe mich ein wenig umgeschaut.«
Alex blickte ihn nicht an. Wie Griffyn ließ er den Blick über die Festungsanlagen schweifen. »Und was hast du gefunden?«
»Nichts. Aber dann habe ich mir überlegt, dass es vielleicht Schlösser gibt, die ich mit meinem Schlüssel nicht öffnen kann. Das könnte doch sein, oder? Ich habe diesen rätselhaften Schlüssel... «
Aus dem Augenwinkel sah er, dass Alex nickte. »Es gibt drei Schlüssel, und jeder passt in den nächsten. Du besitzt den Eisenschlüssel, er ist der äußere von den dreien.«
»Und welche sind die inneren?«
»Erst kommt ein Silberschlüssel, und in der Mitte befindet sich ein kleiner vergoldeter.«
Griffyn wandte sich dem Freund langsam zu. »Warum hast du mir noch nie davon erzählt?«
Alex blickte ihn erstaunt an. »Ich wusste nicht, dass es dich interessiert. Du hast mir einmal fast den Kopf abgerissen, als ich dir den Vorschlag gemacht habe, dich mit deinem Erbe und deiner Aufgabe auseinandersetzen.« Er zögerte. »Warum hast du mich nicht geholt, damit ich dir bei der Suche helfe?«
Griffyn zuckte mit den Schultern. »Ich wollte lieber allein sein.«
»Ich verstehe. Warum interessiert dich die Angelegenheit plötzlich?«
Wieder ein Schulterzucken. »Lady Gwyn hat von einem Traum erzählt. Etwas, das ihr Vater gesagt hat.«
»Du vertraust Ionnes de l'Ami, aber nicht deinem eigenen Vater?«
Griffyn lehnte sich gegen eine Zinne. »Ich vertraue niemanden außer dir, Alex. Und ganz gewiss nicht den beiden Männern, die von diesem Erbe zerstört wurden.«
Alex schwieg eine Weile. »Habgier treibt manchen Mann zum Äußersten, Griffyn«, sagte er schließlich. »Aber das gilt auch für anderes.«
Griffyn schaute über das Tal. Der Regen schimmerte auf den roten und goldenen Blättern der majestätischen Eiche, die genau in der Mitte des Tales stand. Er erinnerte sich daran, dass dieser Baum einst das Zentrum eines jeden Ereignisses gewesen war, das im Jahreslauf auf Everoot stattgefunden hatte. Unter dem weiten Blätterdach wurden Gerichtstage abgehalten, fanden Jahrmärkte und das Fest am Tag der Sommersonnenwende
statt. Feuer brannten immer zu den alten heidnischen Feiertagen, die sein Vater nie verboten hatte. In der Ferne sah er Männer, die auf dem Weg zur Feldarbeit waren.
Sie gingen schwer und schleppend. Der schwache Salzgeruch des Meeres vermischte sich mit dem nach süßem Heu, feuchten Steinen und Leder.
Er legte die Hände auf die raue Steinmauer. Eine Frau kann für einen Mann die treibende Kraft sein, dachte er. Oder eine Familie.
»Stephen wird schon bald einen Vertrag mit Henri schließen«, sagte er stattdessen.
Alex schwieg und dachte über die Bemerkung nach. »Ich glaube, heute früh ist ein Bote eingetroffen. Stephen wird sich also ergeben.«
»Es wird nur noch wenige Wochen dauern.«
»Bien. Der Krieg wird bald zu Ende sein.«
Griffyn rieb sich das stoppelige Kinn. Das letzte Mal hatte er sich vor dem Fest rasiert. »Zumindest gilt das für den Großteil Englands. Ich muss es Guinevere noch sagen.«
Als Alex lachte, sah Griffyn ihn an.
»Du musst mich nicht schonen, was Guinevere betrifft. Ich weiß, du magst sie nicht.«
»So ist es nicht, Pagan. Soweit ich sehe, ist sie eine tapfere und starke Frau, die als Lady und Burgherrin gleichermaßen vorbildlich ist. Es ist also nicht so, dass ich sie nicht mag. Ich vertraue ihr nur nicht.«
Griffyn dachte darüber nach. Dann zeigte er auf die Straße. »Aubrey wird mit seinen Steinmetzen kommen, spätestens Sonntag sind sie hier.«
Alex lächelte. »Spätestens zum Weihnachtsfest sind die Mauern instand gesetzt...«
»Und bis Ostern die Burg«, vollendete Griffyn den Satz. Er blickte über Alex'
Schulter. Guinevere kam durch den Regen auf
sie zu. Sie lächelte ihn an. Die Anspannung, die ihn seit dem Aufwachen erfasst hatte, schwand ein wenig. Er fühlte sich zufrieden, nicht mehr von wilder Wut getrieben.
»Und das besser, als selbst mein Vater es vermocht hat«, bekräftigte er.
Als Guinevere aufwachte und sich aufsetzte, zog sie die Felle an die Brust. Die Kammer war verlassen. Im Kohlenbecken glomm ein Feuer. Es war angenehm kühl.
Und es war auch schon recht spät, wie ihr ein Blick
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