Die Verfuehrung Des Ritters
erstaunt zu ihm herüber.
»Pagan? Geht es dir gut?«
Griffyn grinste und ging weiter.
»Du pfeifst«, erklärte Alex.
»Ich bin einfach froh, zu Hause zu sein. Und sie zum Eheweib zu nehmen, ist auch nicht so schlimm wie befürchtet.«
Das ist eine Untertreibung, dachte Alexander.
Gemeinsam gingen sie zum Stall, weil Griffyn sich mit einem Sattler treffen und sich dessen Waren ansehen wollte. Alex blickte zu den Fenstern des Wohnturms hinauf und meinte, etwas Schwarzes hinter einem Fenster aufblitzen zu sehen. Es war wirklich merkwürdig. Griffyn hatte gestern Abend eine Stunde lang nach Lady Guinevere gesucht, ehe sie endlich aufgetaucht war - verschwitzt und außer Atem.
Aber von allen, die
er gefragt hatte, war ihm bestätigt worden, dass sie die Burg nicht verlassen hatte.
Es hatte sie auch niemand zurückkommen sehen.
Im Stall war es so früh am Morgen noch recht kühl. Die Männer verbrachten eine Stunde mit dem Sattler und bewunderten seine kunstvollen Lederarbeiten.
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, schaute Alex noch kurz nach Gwyns Pferd.
Ihr Zelter war ein feuriger Fuchs, dessen Widerrist Alex bis an die Nase reichte. Die Hufe waren riesig - groß genug, um einen Kinderkopt darunter zu zerschmettern.
Dennoch schien es ein gutmütiges Pferd zu sein, das vorsichtig an seiner Hand schnüffelte, als Alex sie ihm hinhielt, und das ihm leise nachwieherte, als er ging. Es war wirklich ein Pferd, bei dem es jedem auffallen würde, wenn es fehlte.
Aber außer Alex hatte wohl niemand bemerkt, dass der Fuchs nicht im Stall gewesen war. Weder gestern Nachmittag kurz vor Griffyns Heimkehr noch am Vorabend, als Alex einen letzten Rundgang durch den Stall gemacht hatte.
Das Pferd hatte in der Nacht nicht in seinem Verschlag gestanden.
20. KAPITEL
Gwyn kniete im Küchengarten und half, die Kräuter winterfest zu machen. Sie versuchte, das Durcheinander zu vergessen, in das sie sich verstrickt hatte. Im Moment konnte sie nichts tun außer warten. Und hoffen.
Der Gedanke ließ sie fast auflachen. Worauf sollte sie denn hoffen? Dass König Stephen sich geschlagen gab? Oder dass Griffyns Lehnsherr getötet wurde? Jede dieser Möglichkeiten bedeutete für jemanden, den sie liebte, den Untergang.
Und wenn sie ehrlich war, dann gab es keine Garantie, dass Eustace überlebte. Er konnte jeden Augenblick sterben.
Bei diesem frevlerischen Gedanken hob Gwyn den Kopf. Es war eher ein frevlerisches Gefühl, denn der Gedanke beschrieb die Realität. Aber die Erleichterung, die sie bei diesem Gedanken empfunden hatte, war das Niederträchtige.
Ihr Blut hämmerte. Sie blickte zum Herbsthimmel auf, dessen strahlendes Blau von zarten weißen Schleiern gemildert wurde. Feuchte Erde haftete unter ihren Fingernägeln, und die klirrend kalte Luft biss mit jedem Atemzug in ihrer Nase.
Sie konnte jetzt nicht länger im Garten arbeiten, zu groß war ihre Unruhe. Ihr stand der Sinn nach einem Spaziergang über die Wehrgänge.
Sie stand auf, klopfte die Erde von ihrem Kleid und machte sich auf den Weg. Sie ging mit schnellen Schritten und hielt den Kopf gesenkt, als sie unvermittelt gegen etwas Hartes prallte.
»Hoppla!«, rief eine Stimme. Alex wich stolpernd ein paar Schritte zurück, griff sich an die Rippen und verzog das Gesicht.
»Sir Alex!«, rief sie überrascht und eilte zu ihm. »Geht es Euch gut?«
Nachdem er noch ein paar Schritte zurückgewichen war, streckte er eine Hand aus, als wollte er ihre Hilfe abwehren. »Alles in Ordnung, Mylady.«
Sie blieb stehen und strich ihren Rock glatt. »Ist das nicht ein schöner Abend?«
Während sie diese höfliche Nichtigkeit von sich gab, hielt sie den Blick abgewandt.
Sie wollte Alex nicht in die Augen sehen, solange sie beständig daran denken musste, dass sie ihm argwöhnte, dass er ihr argwöhnte.
»In der Tat«, erwiderte er tonlos.
»Ja, in der Tat.« Sie neigte den Kopf und eilte an ihm vorbei.
»Seid Ihr in letzter Zeit ausgeritten?«
Langsam drehte sie sich um. »Nein.«
»Hm. Ich habe mich bloß gefragt, ob Euer Pferd deshalb lahmt.«
»Nein«, sagte sie bedächtig. »Warum fragt Ihr?«
Alex zuckte mit den Schultern. »Ich hätte es mir auch nicht gedacht. Ich habe nur gesehen, dass Euer Zelter nicht im Stall stand. Das war alles.«
Kaltes Entsetzen packte sie. »Ich reite gern aus, Sir. Habt Ihr irgendein Problem damit?«
Er schüttelte den Kopf und ließ sie nicht aus den Augen. »Nein.«
»Dann verstehe ich nicht, warum Ihr besorgt seid.«
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