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Die Verfuehrung Des Ritters

Die Verfuehrung Des Ritters

Titel: Die Verfuehrung Des Ritters Kostenlos Bücher Online Lesen
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mehr, nur diese eine Lebensaufgabe erfüllt zu haben.
    Nicht mehr, seit er die Worte kannte, die Ionnes de l'Amis auf seinem Sterbelager gesagt hatte. Es genügte ihm nicht mehr, seit er den Schlüssel in die Hände bekommen hatte, der ihn zum Schatz führen könnte.
    Gwyn veränderte sich. Im Laufe der Zeit spürte sie, wie tief in ihr eine Wandlung vor sich ging. Wie Eisschollen auf einem Fluss, die im Frühling allmählich tauten und auf einen Wasserfall zutrieben, verschmolz sie mit ihrem Leben mit Griffyn.
    Und hätte alles andere fast vergessen. Es gab Tage, an denen sie für Stunden nicht daran dachte, welchen Verrat sie an Griffyn beging, indem sie Prinz Eustace in der Burg versteckte. Und manchmal geschah es sogar, dass sie dessen Existenz vergaß.
    Bis zu dem Abend, an dem der Bote kam.
    Der Nachmittag hatte sich schon in lange Schatten gehüllt, als Gwyn die Treppe zum Wehrgang hinaufstieg und sich an die Zinnen stellte. Der Wind zerrte an ihrem Kleid, während sie lächelnd das geschäftige Treiben beobachtete, das überall herrschte.
    Obwohl es bald Zeit für das Nachtmahl war und die vom Tagewerk erschöpften Männer langsamer arbeiteten, war eine Zuversicht und Hoffnungsfreude zu spüren wie schon seit Jahren nicht mehr.
    Die Burg war zu neuem Leben erwacht.
    Der Baumeister war schon vor Tagen eingetroffen, und inzwischen war jeder Mann und jeder Knabe, der älter als zehn war, auf die Mauer oder in den Wald beordert worden. Riesige Bäume waren gefällt und Gerüste daraus errichtet worden, die sich jetzt neben den Mauern erhoben. Auf den Stiegen und Plattformen schufteten schwitzende Männer, die nur mit Bruche und Stiefeln bekleidet waren. Knappen schleppten schwere, mit Mörtel gefüllte Eimer herbei.
    Im Tal hallten die Rufe der Männer und das Hämmern wider. Ein Kran quietschte, als ein Steinblock nach oben gezogen wurde. Wagenräder ratterten über das Kopfsteinpflaster, Pferde wieherten, Kinder riefen durcheinander und lachten, flitzten zwischen den Streben des Baugerüsts herum und sammelten die Nägel ein, die den Männern heruntergefallen waren. Oder sie schleppten Wasser herbei, mit dem die Arbeiter sich erfrischten.
    Aber was Gwyn am tiefsten berührte, war das Lachen der Frauen, das auf die Burg zurückgekehrt war. Ihre toten Ehemänner und Väter waren nur noch ferne Geister, sobald einer von den Sauvage-Männern den Frauen und deren Kindern zulächelte.
    Gwyn verdoppelte die Ration für jeden Soldaten, der eine ihrer Frauen zum Lachen gebracht hatte.
    Und auch auf den Feldern war das Leben wieder erwacht. Griffyns Männer unterstützten ihre Leute, die sich um die Äcker kümmerten, und man konnte schon erste Ergebnisse sehen. Die meisten Felder waren jetzt ordentlich gepflügt, Kamm und Furche wechselten sich in schnurgeraden Linien ab. Zum ersten Mal seit zwei Jahren erlaubte Gwyn sich den Glauben an eine Zukunft.
    Griffyn machte auf sie einen glücklichen Eindruck. Er drehte sich jedes Mal zu ihr um, sobald sie auf dem Wehrgang auftauchte, und bedachte sie mit diesem kleinen Lächeln, das Grübchen in
    seine Wangen zauberte und in ihrem Bauch Schmetterlinge tanzen ließ. Natürlich gab es auch Tage, an denen er für Stunden verschwand und niemand wusste, wo er war. Aber sie war zu beschäftigt, sich darüber Gedanken zu machen, und überdies vertraute sie ihm. Wenn er mittags nicht zu ihr kam, konnte es durchaus passieren, dass sie ihn vom frühen Morgen bis zum Nachtmahl nicht sah. Zweimal war er zur Mittagsstunde zu ihr gekommen, um mit ihr zusammen zu sein - das erste Mal vor ihren Schlafgemächern und ein zweites Mal im Obstgarten. Beide Male hatte er sie so schnell zu einem berauschenden, überwältigenden Höhepunkt gebracht, dass ihr noch eine halbe Stunde danach ganz schwindelig gewesen war.
    Gwyns Aufgabe war es, die Kinder anzuleiten, sich um die zu kümmern, die sich verletzt hatten, mit Händlern zu feilschen und der Dienerschaft Befehle zu erteilen.
    Außerdem kümmerte sie sich um die Mahlzeiten und sorgte dafür, dass den Männern auf dem Baugerüst ständig frisches Wasser gebracht wurde. Und sie behielt in diesem Tumult die Ruhe. Sie lächelte viel.
    Als der Himmel sich an diesem Spätnachmittag dunkler färbte und langsam die Abenddämmerung heraufzog, wusste Gwyn, dass sie nur Griffyns wegen auf den Wehrgang hinaufgegangen war. Sie wollte ihm, der all diese Wunder vollbracht hatte, nahe sein.
    Die Luft war erstaunlich kühl, und die Männer, die zu zweit oder

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