Die Verfuehrung Des Ritters
Truppen.
Sie packte ihn am Arm. Das Geflecht seines Kettenhemdes grub sich in ihre Hand.
»Was habt Ihr getan?«
»Henri wird vom Hochverrat Eures geliebten Mannes erfahren, Gwynnie. Den Prinz in seinem Keller verstecken?« Marcus schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Henri vergibt schon denen vieles, die nie auf seiner Seite standen. Aber Eurem Verlobten?
Dem Mann, der in der Schlacht seine rechte Hand war? Sein vertrauter Ratgeber, sein geschätzter Diplomat ? Sein erster Spion? Sein Freund?« Marcus schüttelte den Kopf. »Es schmerzt am meisten, wenn uns jene verraten, die uns am nächsten stehen. Eine entsetzliche Geschichte, wenn Ihr mich fragt.«
Sie schüttelte den Kopf. Ihre Haare flogen. »Nein, Marcus. Das wagt Ihr nicht.«
»Oder vielleicht sollte ich besser sagen, dass es am meisten schmerzt, wenn man bei lebendigem Leib entmannt und gevierteilt wird, ehe die Körperteile in alle Ecken des Reichs geschickt werden.«
Der einzige Grund, warum Gwyn nicht weinte, war der, dass sie am liebsten geschrien hätte. In ihr wütete ein unbändiger Zorn, der sich mit grenzenlosem Selbsthass und wahnsinniger Furcht vermischte.
Mit verschränkten Armen stand Griffyn neben ihr und starrte in die Ferne. Bei diesen Worten rührte er sich endlich und wandte Gwyn den Kopf zu, sah sie aber noch immer nicht an. »Das würde dir was ausmachen?«, fragte er.
»Natürlich!«, hauchte sie. Die Vorstellung, dass man Griffyn als Verräter hinrichtete, quälte sie.
Marcus klatschte gut gelaunt in die Hände. »Dann lasst uns verhandeln. Ich möchte das Geschäft abschließen. Ihr wollt also, dass Griffyn überlebt.«
»Und was wollt Ihr?«, fragte sie gequält.
»Euch.«
Gwyn öffnete den Mund. Endlich blickte Griffyn Marcus an, der zufrieden lächelte.
»Schön, dass ich endlieh Eure Aufmerksamkeit habe, Sauvage«, fuhr er fröhlich fort und sah Griffyn unverwandt an. »Vielleicht ist es Euch egal, ob Ihr lebt oder sterbt.
Ich weiß es nicht. Euer Vater war ein ungebärdiger und unberechenbarer Mann.
Vielleicht liegt es Euch auch im Blut. Aber auch wenn es Euch nicht kümmert, ob Ihr lebt oder tot seid, habe ich doch etwas, das Euch viel bedeutet.«
Griffyn schüttelte beinahe unmerklich den Kopf. »Ihr habt nichts, das ich will, fitzMiles.«
»Oh doch, das habe ich. In meinem Besitz befindet sich etwas, das nur für den Nachfolger von Everoot bestimmt ist. Den einen wahren Erben.«
Etwas blitzte in Griffyns Augen auf.
Marcus sprach leise weiter. »Ihr wisst, wovon ich spreche, nicht wahr? Dieser Gegenstand, nach dem Ihr gesucht habt, ja? Ich habe gehört, dass Ihr dem Schatz und Eurem Schicksal entsagt habt. Aber ich kenne Euch. Und ich weiß um dieses ...
Ding. Ihr habt danach gesucht, habe ich recht? Ich besitze es, und ich werde es Euch geben. Wenn Ihr mir Guinevere überlasst.«
Der Wind sehlug ihnen ins Gesicht und wehte Haare unter Helmen und Schmuckbändern hervor. Gwyns Rock drückte sich um ihre Beine, als wollte der Wind sie auffordern zu fliehen. Sie blieb stehen und blickte zu Griffyn auf. Seine Miene war ausdruckslos, aber in seinen Augen lag ein Ausdruck, den sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Seine Kiefermuskeln zuckten. Sie wirbelte zu Marcus herum.
»Was tut Ihr ihm an? Wovon redet Ihr? Was ist dieses ... dieses Ding?«
Marcus würdigte sie keines Blickes. »Sagt schon, Griffyn: Wie viel ist sie Euch wert?«
Erneut senkte sich Schweigen über sie. Es war, als müsste Griffyn einen inneren Kampf ausfechten, als nähme er kaum die Worte wahr, die gesagt wurden. Doch in dem Blick, mit dem er Marcus ansah, lag Mordlust.
Gwyns Augen füllten sich mit heißen Tränen. Noch vor einem Jahr hatte sie sich geschworen, sich eher zu töten als Marcus zu heiraten. Griffyn und sie hatten darüber gelacht. Aber jetzt drohte Griffyn der Tod, wenn sie sich nicht Marcus'
Willen beugte. Sie senkte den Kopf.
»Ich werde es tun.«
Sie sagte das so leise, dass zunächst keiner der Männer ihre Worte hörte. Für den Augenblick zählte sie nicht, auch wenn es bei diesem Handel um sie ging. Auch wenn sie es war, die diesen Wahnsinn ausgelöst hatte. Griffyns Gesicht war undurchdringlich und wie aus Granit gemeißelt. Aber als Gwyn wiederholte: »Ich werde Euch heiraten«, drehte er sich zu ihr um.
Auch Marcus wandte sich ihr zu. In seiner Miene las sie verschiedene Gefühle, aber alle ließen ihn lächeln. »Ich habe es schon einmal gesagt, Gwynnie, Ihr handelt oft unüberlegt, aber dumm seid ihr
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