Die Verfuehrung Des Ritters
seinem Kinn. Es fühlte sich sinnlich an. Ihr Mieder hob und senkte sich, offenbarte ihre verlockenden Rundungen und die seidige Haut mit jedem unregelmäßigen Atemzug. Pagan atmete tief ein und ließ sie los.
Sie war von Kopf bis Fuß verdreckt, aber Griffyn kannte sich mit den Frauen genauso gut aus wie mit dem Krieg. Unter dem Dreck, der auf ihrem Gesieht klebte, verbarg sich die Schönheit einer Göttin. Und was er von ihrem Körper gesehen hatte, als er sie in seinen Umhang gewickelt hatte, war die Erfüllung dessen gewesen, was ihr Gesicht verheißen hatte: perfekte Formen und eine zarte, weiche Haut.
»Was war das?«, keuchte sie. Ihre Stimme klang rau von dem feurigen Getränk.
Er lachte leise. »Sagt Ihres mir.«
Sie schaute auf die Flasche, ehe sie mit den Schultern zuckte. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und verwandelte die ebenmäßigen Züge in ein atemberaubend schönes Antlitz. »Das war gut.«
Ein praktisch heimatloses, vor Schmutz starrendes, zerzaustes Mädchen, das war sie.
Aber sie war auch die humorvollste und verwirrendste Frau, der er seit langer Zeit begegnet war.
Und er lief Gefahr, sich in dem Gedanken zu verlieren, der Retter dieses gestrandeten Geschöpfs zu sein.
»Ich bin froh, dass es Euch geschmeckt hat«, sagte Griffyn. Als er sie wieder in den Sattel hob, bemühte er sich zu ignorieren, wie sie sich anfühlte (perfekt). Er stieg hinter ihr in den Sattel.
»Habt Ihr einen Auftrag zu erfüllen?« Seine Frage entsprang eher dem Wunsch, sich ihrer Wirkung auf ihn zu entziehen, als einem tatsächlichem Interesse. »Oder gab es einen anderen Grund, warum Ihr auf dem Weg zur Abtei wart?«
Sie lachte. »Es war ... ein Ausweg. Eine Flucht aus der Stadt... vor Marcus...« Sie verstummte.
»Einfach von allem fortgehen, nicht wahr?« Seine Stimme klang tief und tröstend »Ja«, erwiderte sie leise. »Hmmm.«
Sie schien sich beruhigt zu haben. Er spürte es nicht nur daran, wie sie sich gegen ihn lehnte, nein, sie weinte auch nicht mehr, und was sie sagte, klang durchaus vernünftig. Er spannte den Arm leicht an, um sie zu stützen.
Sie redete in einem fort. Ihre Stimme wurde zu einem beständigen Hintergrundgeräusch, und Griffyn war überrascht, dass es ihn nicht störte. Er löste die Brosche seines schweren Umhangs und legte ihn ihr um die Schultern, um die Blößen zu bedecken, die ihr zerrissenes Kleid enthüllte. Der Anblick hatte begonnen, seine Gedanken in eine Richtung zu lenken, die er nicht wollte. Dann öffnete er ihren zerrissenen, blutbefleckten Umhang und warf ihn fort.
»... und darum«, sagte sie und runzelte die Stirn, »ist es mir ein Rätsel, warum ich angesichts eines heraufziehenden Gewitters weinen musste. Ich weine doch auch jetzt nicht. Deshalb finde ich es wirklich höchst merkwürdig.«
»Vielleicht habt Ihr nicht wegen des Gewitters geweint.«
Sie sali ihn mit ihren unglaublich grünen Augen an, in denen dicke Tränen schwammen, die aber, wie sie es prophezeit hatte, nicht davon überflössen. Die Gefühle, die ihr ins Gesicht geschrieben standen, waren quälend genug. Es brauchte keine
Worte. Sie musste nicht aussprechen, was sie als Nächstes sagte, weil er es bereits wusste.
»Ich glaube, ich habe wegen etwas ganz anderem geweint.«
Du lieber Gott, er könnte sich in diesen Augen verlieren. Könnte sich in ihr verlieren.
Aber das durfte nicht geschehen.
Denk an deine Mission!, ermahnte Griffyn sich grimmig.
Und er dachte dabei nicht an seine Order, die Henri fitzEmpress betrafen. Es gab noch etwas, das seit siebzehn Jahren in ihm gärte: der Wunsch nach Vergeltung. Der Wunsch, die Familie de l'Ami zu zerstören.
7. KAPITEL
Sie standen am Rand einer kleinen Lichtung, um die sich der dunkle Wald mit seinen sich scharf abzeichnenden Bäumen und seinem dichten Unterholz schloss. In der Mitte der Lichtung drängten sich fünf oder sechs Hütten mit Wänden aus Lehmflechtwerk. Vor dem ungleichmäßigen Halbkreis der Katen hatten deren Bewohner ein großes Feuer entzündet.
Gwyn seufzte erleichtert und betrachtete das Feuer dann genauer. Für das Feuer war eine fast verschwenderische Menge an Holz und Torf zusammengetragen worden. Vage erinnerte Gwyn sich an etwas. Sie blickte Pagan an.
»Warum hat man dieses Feuer entzündet?«
»Heute ist der Abend vor Allerheiligen.«
Die einzige Nacht des Jahres, in der das Tor der Anderen Welt zu dieser offen stand.
In dieser Nacht herrschte die Magie, und Geister trieben ihr
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