Die Verfuehrung Des Ritters
muss.«
»Na ja, also, vielleicht auch nicht. Euer Vater wird sich da schon drum kümmern.«
Ihre Kehle schnürte sich zusammen. »Ich habe keinen Vater mehr. Ich habe mich und ein Dutzend Ritter, vielleicht noch mal so viele Dorfbewohner und ihre Kinder.
Und wenn ich Lord d'Endshire nicht aufhalten kann ...«
Clid grunzte. »Ihr meint Marcus fitzMiles?«
»... dann wird die Burg fallen, meine Männer werden sterben und ich werde verheiratet mit diesem ...« Sie verstummte und starrte in das Feuer. Sie blinzelte heftig.
Sie saßen lange Zeit stumm beisammen. Gwyn merkte, wie Clid die einzelnen Münzen stapelte, sie durch die Finger gleiten und leise klimpern ließ. Sie blickte zu ihm hinüber. Er beobachtete sie mit nachdenklicher Miene.
»Belagert, verbrannt und verheiratet«, murmelte er. »Was für ein Ort ist denn das, von dem Marcus fitzMiles glaubt, er war so viel Aufwand wert?«
»Jeder Ort, den er in die Finger bekommen kann, ist ihm das wert«, entgegnete sie und schluckte ein unangenehmes Gefühl herunter. Furcht.
Clids Blick veränderte sich nicht. Er wurde allenfalls etwas misstrauischer. »Warum sagt Ihr mir nicht Euern Namen, kleine Lady?«
Sie hob ihr Kinn.
»Mein Name geht nur mich etwas an, Herr. Und ich würde es gern dabei belassen.
Um die Wahrheit zu sagen: Es dient unser aller Sicherheit.«
Sie konnte sehen, wie ein leichtes Lächeln hinter seinem Bart aufblitzte. Es war kein angenehmes Lächeln. »Aber weil ich Euch nicht kenn", Mädel, kann ich Euch wohl kaum vertrauen, oder?«
Ein leises Lachen grollte und brummte im Raum. Die Männer wechselten Blicke. Ein kalter Schauder lief Gwyn den Rücken herunter, als Clid sich wieder an sie wandte.
»Das ist eine mächtig große Menge Geld, die Ihr da habt. Ziemlich viel für eine kleine einsame Lady, um es mit sich rumzutragen...«
»Ihr könnt alles haben.« Sie schob ihm die Münzen zu.
»... und da frage ich mich natürlich, ob Ihr nicht mehr wert seid als der kleine Haufen hier. Darum frag ich Euch noch einmal: Wie heißt Ihr, und wo ist diese Burg von Euch, die fitzMiles so gern haben will?«
Gwyns Gedanken rasten. Sie überlegte sich ein halbes Dutzend Antworten, sie wollte flehen, in Ohnmacht fallen oder ihm das Messer aus dem Gürtel ziehen und ihm die Kehle damit aufschlitzen, aber ehe er den Satz vollendet hatte, befand sie, es sei das Beste, wenn sie ihn anlog.
»Ich muss mal zum Abort.«
Zugegeben, das war eine schwache Gegenwehr, aber ihn schien das zu amüsieren, und das genügte für den Moment. Er brach in Gelächter aus. Essensbröckchen spritzten über den Tisch. Wie angenehm. Aber das Wichtigste war, dass er sie für eine Närrin hielt und sie eine Gelegenheit zur Flucht bekam. Eine kleine nur, aber immerhin.
»Geht schon.« Er wedelte mit der Hand. »Elfrida, geh mit ihr. Zeig ihr den Weg zum >Abort<.« Die Männer brachen wieder in schallendes Gelächter aus.
Gwyn lächelte, als hätte sie keine Ahnung, was die Männer so erheiterte.
Die breitschultrige Elfrida schlurfte voran und starrte Gwyn an, ehe sie die Tür aufstieß. Sie gingen ein paar Meter hinter die Hütten, und die Frau trottete neben ihr her. Gwyns Verstand raste. Elfrida war zwar so lahm wie ein Ochse im Joch, aber sie wich Gwyn nicht mehr als eine Handbreit von der Seite. So gelang ihr nie die Flucht. Der Wald lag etwa dreißig Schritte entfernt. Ein Bachlauf erstreckte sich am Rand der Lichtung. Vier Hütten standen stumm und dunkel rechts von ihnen, man hörte nur die Geräusche der Tiere im Innern. Gwyn erhaschte einen Blick auf den Ackergaul.
Sie blieben stehen, und die Frau zeigte ihr vage die Richtung und murmelte: »Da drüben. Da neben den Schösslingen. Immer der Nase nach. Ich bleib hier stehen«, grummelte Elfrida.
»Ja, ich glaube, ich kann es schon riechen.« Gwyn lächelte. »Aber gnädige Frau, es ist mir unangenehm, Euch darum zu fragen« Sie senkte die Stimme. »Ich benötige ...
Ich furchte, ich
habe soeben meinen ... Monatsfluss bekommen.«
Das Gesicht der Frau veränderte sich nur geringfügig. Ihre Augenbrauen schossen erst hoch, dann senkten sie sich wieder. »Ach so.« Sie drehte sich um und schrie: »Elfwing!« Sie rief den Namen einige Male, aber niemand kam.
Gwyn lächelte sie ermutigend an. »Ich kann so wirklich nicht zurück ins Haus gehen.«
Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, schob sie ihren Umhang beiseite und zeigte der Frau ihren Rock. In der Dunkelheit war es schwer, Farben zu erkennen, aber man
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